Guten Tag
Die Luzerner Psychiatrie hat drei stationäre Standorte, in St. Urban, Luzern und neu seit 1.1.2017 gehört auch die Psychiatrie in Sarnen als Klinik Sarnen zur Luzerner Psychiatrie. Eine Patientin wurde per FU in die Klinik Luzern eingewiesen (Bettenkapazität). Nun ist die Verlegung in die Klinik Sarnen erfolgt.
Frage: Gelten die stationären Standorte der Luzerner Psychiatrie im Rahmen der FU als eine Einrichtung oder muss bei der Verlegung von einer Klinik Luzern in die Klink Sarnen erneut eine entsprechende FU angeordnet werden?
Besten Dank für Ihre Antwort.
Frage beantwortet am
Karin Anderer
Expert*in Kindes- und Erwachsenenschutz
Sehr geehrte Frau Largier
Art. 426 ZGB legt fest, dass eine Person, die an einer psychischen Störung oder an geistiger Behinderung leidet oder schwer verwahrlost ist, in einer geeigneten Einrichtung untergebracht werden darf, wenn die nötige Behandlung oder Betreuung nicht anders erfolgen kann.
Ein Unterbringungsentscheid beinhaltet nicht nur die Freiheitsentziehung, sondern bezieht sich auch auf das Behandlungs- und Betreuungskonzept einer "konkreten Einrichtung". Die "konkrete Einrichtung" muss aufgrund ihres Behandlungs- und Betreuungskonzeptes geeignet sein, der betroffenen Person die nötige Fürsorge zu erbringen. Deshalb ist eine Verlegung in eine "andere Einrichtung" vom ursprünglichen Unterbringungsentscheid nicht mehr gedeckt (Gassmann/Bridler, in: FHB Kindes- und Erwachsenenschutz, N 9.92 f.; BSK ZGB-I Geiser/Etzensberger, Art. 426 N 54).
Die Luzerner Psychiatrie ist für die Grundversorgung von Einwohnerinnen und Einwohner im Kanton Luzern, und seit dem 1. Januar 2017 auch für die Grundversorgung in den Kantonen Obwalden und Nidwalden zuständig.
Es stellt sich nun die Frage, ob eine Verlegung in der Luzerner Psychiatrie eine Verlegung in eine "andere Einrichtung" darstellt. Der Begriff „Einrichtung“ wird im Gesetz für den vorliegenden Kontext nicht näher definiert.
Besteht eine Einrichtung aus mehreren Häusern auf einem grösseren Areal oder in einer Ortschaft, die unter einheitlicher ärztlicher Leitung stehen, braucht es m.E. für eine Verlegung von einem Haus zum anderen keinen neuen Unterbringungsentscheid.
Ab einer gewissen geografischen Distanz dürfte hingegen nicht mehr von "einer Einrichtung" auszugehen sein. So dürfte auch der Ort, wo jemand untergebracht wird, beim Unterbringungsentscheid eine massgebliche Rolle spielen. Für Betroffene dürfte es zudem von Bedeutung sein, ob die fürsorgerische Unterbringung in Luzern, St. Urban oder Sarnen vollzogen wird.
Deshalb komme ich zum Schluss, dass die Luzerner Psychiatrie nicht als eine "konkrete Einrichtung", sondern als drei verschiedene Einrichtungen zu verstehen ist. Demzufolge benötigt es nach meiner Auffassung für die Verlegung einen neuen Unterbringungsentscheid.
Einige Kantone kennen Regelungen, welche für eine Verlegung in eine andere Einrichtung kein neues Einweisungsverfahren erfordern (z.B. ZH und GL).
Im Kanton Luzern regelt § 13 Abs. 1 des Patientenreglements für die Luzerner Psychiatrie vom 18.01.2008, SRL 822b, dass der Entscheid über die Verlegung auf eine andere Abteilung oder an einen anderen Klinikstandort sowie über die Entlassung beim zuständigen Arzt oder bei der zuständigen Ärztin liegt, sofern nicht ausdrücklich etwas anderes vorgeschrieben ist. Er oder sie nimmt dabei Rücksprache mit dem Behandlungsteam (vgl. die weitere Übersicht der kantonalen Regelungen in ESR Komm-Rosch, Art. 426 S. 327 ff.).
Somit kann der zuständige Arzt oder die zuständige Ärztin über die Verlegung entscheiden und es benötigt kein neues Einweisungsverfahren. Ob das Patientenreglement der Luzerner Psychiatrie allerdings infolge des Zusammenschlusses der Psychiatrieregionen für die Kantone Nidwalden und Obwalden gilt oder noch übernommen werden müsste, müsste noch eingehend geprüft werden.
Ich hoffe, die Angaben sind Ihnen trotzdem nützlich und ich grüsse sie freundlich.
Luzern, 20.3.2017
Karin Anderer
Frage beantwortet am
Karin Anderer
Expert*in Kindes- und Erwachsenenschutz
Grüezi Frau Largier,
ich habe soeben die Antwort nochmals überarbeitet und aktualisiert, da ich etwas übersehen hatte.
Freundliche Grüsse
Karin Anderer