Guten Tag
Im Rahmen eines Tandemprojekts werden Geflüchtete von freiwilligen Personen aus der Zivilgesellschaft niederschwellig im Alltag begleitet (z.B. Deutsch praktizieren, Begleiten zu Behördengängen, Erklären von Korrespondenz, Unterstützen bei Job- oder Wohnungssuche). Ein Schweizer Mann, Koch von Beruf, möchte sich gerne als Freiwilliger in diesem Projekt engagieren. Er ist psychisch angeschlagen und aktuell zu 100% krankgeschrieben. Sein Psychiater würde dieses freiwillige Engagement aber unterstützen, hat ihm sogar dazu geraten.
Die Frage: Riskiert der Mann grundsätzlich versicherungstechnische oder arbeitsrechtliche Probleme, wenn er sich während seiner Krankschreibung freiwillig engagiert, auch wenn sich die freiwillige Aktivität inhaltlich explizit von seiner beruflichen Aktivität abgrenzt? Wäre es anders, wenn er nur teilweise krank geschrieben wäre (z.B. 50%)? Und könnte dies z.B. bei einem Unfall während des freiwilligen Engagements andere versicherungsrechtliche Folgen nach sich ziehen?
Falls die Frage sinnvollerweise im Arbeitsrecht behandelt werden müsste, kann ich diese gerne auch dort nochmals stellen.
Herzlichen Dank im Voraus für Ihre Rückmeldung und freundliche Grüsse
Raphael Strauss, KKF
Frage beantwortet am
Daniel Schilliger
Expert*in Sozialversicherungsrecht
Guten Tag Herr Strauss
Es ist sicher gut die Frage auch im Arbeitsrechtsforum zu stellen.
Aus meiner Sicht entscheidend ist die Transparenz gegenüber Arbeitgeber und Versicherungen.
Theoretisch schliesst sich das Engagement und die volle AUF nicht aus. Je nach Umfang lässt aber das Engagement auf Ressourcen schliessen, die die volle AUF in Frage stellen. An diesen Ressourcen würde auch die IV z.B. mit einer Integrationsmassnahme anknüpfen wollen und sie sind insbesondere im Rahmen der Invaliditätsbemessung relevant.
Das Engagement kann aber auch als ersten Schritt hin zu einer gewissen Struktur und zum Aufbau einer gewissen Leistungsfähigkeit gedeutet und entsprechend von den erwähnten Parteien unterstützt werden. Im Vorderrund steht aber die berufliche Eingliederung, auch deshalb wäre es gut, das mit der IV ab zu sprechen. Es sollte nicht so sein, dass durch das Engagement die Kraft zu einer gezielten beruflichen Eingliederung fehlt.
Versicherungstechnisch kommt es darauf an, ob er noch über den Arbeitgeber unfallversichert ist oder nicht. Die Unfallversicherung endet mit dem 31. Tag nach dem Tag, an dem der Anspruch auf mindestens den halben Lohn aufhört. Man muss also schauen, ob der Klient mindestens noch den halben Lohn als Einkommen hat. Wenn er nur Krankentaggelder bezieht, müssten sie betraglich mindestens den halben Monatslohn ausmachen. Im Zweifel kann er bei der Unfallversicherung nachfragen.
freundlicher Gruss
Daniel Schilliger