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Finanzierung von ambulanten Massnahmen

Veröffentlicht:
28.04.2020
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Kindes- und Erwachsenenschutz

Sehr geehrte Damen und Herren

Unsere Frage bezieht sich auf die Finanzierung von ambulanten Massnahmen, welche von der KESB angeordnet wurden. 

Es handelt sich um eine alleinerziehende Mutter mit 3 Kindern. Ein Kind ist noch nicht im schulpflichtigen Alter und wird anderweitig betreut. Bei den anderen beiden Kindern wurde gemäss Kesb entschieden, dass (neben anderen Massnahmen) die schulergänzende Betreuung aufrechterhalten werden muss.

Folgender Text kann dem Entscheid der KESB (bei 2 Kindern) entnommen werden:

Der Beistandsperson werden folgende Aufgaben übertragen:

j) die Weiterführung der schulergänzenden Betreuung (SEB) sicherzustellen und zu überwachen,

k) in Zusammenarbeit mit den Eltern die Finanzierung der SEB sicherzustellen und entsprechende Ansprüche geltend zu machen,

Da die Familie die Kosten für die SEB nicht bezahlen können, haben sie sich für wirtschaftliche Sozialhilfe angemeldet. Es handelt sich dabei um Kosten von ca. CHF 4'600.00 pro Jahr (gemäss Rechnungen vom 2019).

Nun unsere Fragen:

1)     Wer ist für die Finanzierung der SEB zuständig, wenn diese von der KESB angeordnet wurde und die Eltern diese nicht aus eigenen Mitteln finanzieren können? (Kanton/Gemeinde?)

2)     Wenn die Gemeinde zuständig ist: Läuft die Finanzierung über die wirtschaftliche Sozialhilfe?

3)     Wenn die Finanzierung nicht über die wirtschaftliche Sozialhilfe läuft, muss die Gemeinde ein separates Budget/Konto haben, um KESB-Massnahmen zu finanzieren?

Besten Dank für Ihre Rückmeldung.
Freundliche Grüsse,
Tamara Cortés 

Frage beantwortet am

Karin Anderer

Expert*in Kindes- und Erwachsenenschutz

Sehr geehrte Frau Cortés

Die KESB hat angeordnet, dass die „Weiterführung der schulergänzenden Betreuung (SEB) durch den Beistand sicherzustellen und zu überwachen ist“. Ich gehe davon aus, dass die KESB der Mutter gestützt auf Art. 307 Abs. 3 ZGB eine Weisung erteilt hat, die Kinder weiterhin in die schulergänzende Betreuung (SEB) zu schicken. Damit legt die KESB die Notwendigkeit der schulergänzenden Betreuung für die beiden Kinder fest. Dieser Entscheid ist für das Sozialhilfeorgan verbindlich (vgl. BGer 8C_25/2018 vom 19. Juni 2018 und BGE 135 V 134).

§ 2 der Verordnung über die Kosten von Kindesschutzmassnahmen des Kantons Zug vom 19. Oktober 1999 (Stand 1. Januar 2013), BGS 213.51 regelt Folgendes:

„Die Kosten von Kindesschutzmassnahmen gemäss Art. 307 ff. ZGB, welche nicht bei den unterhaltspflichtigen Eltern erhoben werden können, gehen zulasten der Gemeinde, in welcher das Kind seinen zivilrechtlichen Wohnsitz hat, soweit es sich dabei nicht um Unterstützungskosten oder Kosten für den Aufenthalt in einer sozialen Einrichtung handelt, welche gemäss den Bestimmungen des Gesetzes über die Sozialhilfe im Kanton Zug (Sozialhilfegesetz) oder des Gesetzes über soziale Einrichtungen (SEG) zu tragen sind.“

Über diese Bestimmung musste ich etwas grübeln und fand keine Materialien. Im Kanton Zug waren Bestrebungen im Gange, die Finanzierung von ambulanten Kindesschutzmassnahmen neu zu regeln. In diesen Quellen fand ich Folgendes zur aktuellen Gesetzeslage: Das unterstützungspflichtige Gemeinwesen hat für die Kosten von ambulanten Kindesschutzmassnahmen aufzukommen, sofern hierfür die Eltern wirtschaftlich nicht in der Lage sind (Vgl. Projekt «ZFA-Reform 2018» Interner Schlussbericht, Ziffer 5.3.9., abrufbar auf <https://kr-geschaefte.zug.ch/gast/geschaefte/1952?searchterm=ZFA%20reform#dok_8013> und Vorlage Nr. 2404.2, Laufnummer 14911, Motion der SP-Fraktion betreffend Neuregelung der finanziellen Belastung bei Entscheiden der Kindes- und Er-wachsenenschutzbehörde, abrufbar auf <https://kr-geschaefte.zug.ch/gast/geschaefte/1392?searchterm=2404.2#dok_4963>; soviel ich in der Kürze feststellen konnte, sind die Bestrebungen im Sand verlaufen).

Die schulergänzenden Betreuung (SEB) wird im Kanton Zug durch die Schulgemeinden geregelt (vgl. zum Ganzen <https://www.zg.ch/behoerden/direktion-des-innern/kantonales-sozialamt/generationen-und-gesellschaft/kind-jugend-familie/familien-und-schulergaenzende-kinderbetreuung>). So haben z.B. die Schulen Baar etliche Angebote: eine Übersicht finden Sie auf <http://www.schulen-baar.ch/de/dienste/?dienst_id=831>. Dem Merkblatt „Schulergänzende Betreuung 2019/20“ der Gemeinde Baar sind die Kosten zu entnehmen (abrufbar auf <http://www.schulen-baar.ch/dl.php/de/5ce682c337a89/Merkblatt_SEB_2019-20.pdf>). Es werden einkommensabhängige Elternbeiträge nach einem einheitlichen Tarifmodell erhoben und ein Minimalbeitrag ist in jedem Fall geschuldet und von den Eltern zu bezahlen.

Kann die Mutter diese Minimalbeiträge nicht bezahlen, so fallen sie gemäss § 2 der Verordnung über die Kosten von Kindesschutzmassnahmen des Kantons Zug als Unterstützungskosten nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Sozialhilfe im Kanton Zug (Sozialhilfegesetz) dem Unterstützungswohnsitz der Kinder an.

Unterhaltspflichtig ist auch der Vater der Kinder. Kommt das Gemeinwesen für den Kindesunterhalt auf, so subrogiert es gemäss Art. 289 Abs. 2 ZGB in diesem Umfang in den Unterhaltsanspruch. Es hat somit zu prüfen, ob für die Erhöhung der Unterhaltsbeiträge die Voraussetzungen vorliegen (Art. 286 Abs. 2 und 3 ZGB) und es kann eine solche Erhöhung mit dem Vater vereinbaren oder klageweise geltend machen (vgl. auch SKOS RL F.3.3).

Zusammenfassung

1.            Wer ist für die Finanzierung der SEB zuständig, wenn diese von der KESB angeordnet wurde und die Eltern diese nicht aus eigenen Mitteln finanzieren können? (Kanton/Gemeinde?)

Das unterstützungspflichtige Gemeinwesen der Kinder gemäss § 2 der Verordnung über die Kosten von Kindesschutzmassnahmen des Kantons Zug vom 19. Oktober 1999.

2.            Wenn die Gemeinde zuständig ist: Läuft die Finanzierung über die wirtschaftliche Sozialhilfe?

Ja, gemäss § 2 der Verordnung über die Kosten von Kindesschutzmassnahmen des Kantons Zug vom 19. Oktober 1999.

3.            Wenn die Finanzierung nicht über die wirtschaftliche Sozialhilfe läuft, muss die Gemeinde ein separates Budget/Konto haben, um KESB-Massnahmen zu finanzieren?

Die Finanzierung läuft über die Sozialhilfe.

4. Sie können auch das kantonale Sozialamt konsultieren, um alle Zweifel auszuräumen.

 

Ich hoffe, die Angaben sind nützlich und ich grüsse Sie freundlich.

 

Luzern, 3.5.2020

Karin Anderer