Grüezi mitenand
Ausgangslage: Der Behinderte Y ist seit einem Jahr volljährig und lebt in einem Behindertenheim. Als Minderjähriger wurde er zu Hause durch die Mutter betreut, der Pflegeaufwand war sehr gross. Die Mutter hatte einen Intensivpflegezuschlag erhalten. Nach wie vor wird Y jedes Wochenende von der Mutter nach Hause geholt und betreut. Y erhält eine IV Rente (1567), HE (470) und EL. Für die Abwesenheitstage im Heim werden CHF 20 / Tag vergütet. Die Mutter hat die Betreuungstage an den Wochenenden sowie die Fahrtkosten (zu Hause - Heim, retour à 0.70) aufgelistet und an die Ausgleichkasse eingereicht. Diese hat den Antrag auf Vergütung abgelehnt. Hat die Mutter Anspruch auf Leistungen aus der EL oder IV? Wenn ja, welche und in welcher Höhe?
Vielen Dank für eine Antwort.
R.S., Pfäffikon SZ
Frage beantwortet am
Peter Mösch Payot
Expert*in Sozialversicherungsrecht
Sehr geehrte R.S.
Es stellt sich hier die Frage, ob für den volljährigen Behinderten im Heim für Betreuungstage ausserhalb (jedes Wochenende) und für die Transportkosten Ansprüche zustehen.
Es ist zu beachten, dass hier gemäss ihren Angaben bereits eine Hilflosenentschädigung gewährt wird, welche aus pauschale Abgeltung für den Betroffenen gilt hinsichtlich der Hilflosigkeit bei der Alltagsbewältigung und dem entsprechenden Bedarf an Betreuung.
Nach ihren Angaben wird dabei in casu seitens der IV offensichtlich von einer schweren Hilflosigkeit ausgegangen: In einem solchen Fall wird auch bei Personen, die in einem Heim wohnen (mehr als 15 Tage pro Monat) CHF 470 pro Monat gewährt (vgl. Art. 42ter Abs. 2 IVG), also einen Viertel des Ansatzes, wenn die Person zu Hause leben würde.
- Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass Versicherte, welche unter oder bis zu 15 Nächten im Monat im Heim verbringen, Anspruch auf volle HE haben, hier also CHF 1880/Monate (siehe BGE 132 V 321).
Zu prüfen wäre hier mit Blick auf die tieferen Ansätze für die HE eventuell, ob es sich beim Setting in der Institution tatsächlich um ein Heim handelt (vgl. zur Definition Art. 35ter IVV und die Ausführungen hierzu in der KSIH (Kreisschreiben Invalidität und Hilflosigkeit, Stand 1.1.2018 ), Rz. 8005ff.
Ändert sich der für den Ansatz der Hilflosenentschädigung massgebende Aufenthaltsort, etwa weil neu die Person weniger als 15 Nächte pro Monat im Heim verbringt, so wird der neue Ansatz gemäss der Wegleitung ab dem Folgemonat berücksichtigt (Art. 82 Abs. 2 IVV). Vgl. dazu KSIH (Kreisschreiben Invalidität und Hilflosigkeit, Stand 1.1.2018 ), Rz. 8003.1. - Ein Assistenzbeitrag kommt hier schon deswegen nicht in Frage, weil die Person dafür primär zu Hause leben müsste (Art. 42quater Abs. 1 lit. b IVG). Ebenso sind Assistenzleistungen ausgeschlossen von in gerader Linie Verwandten wie im vorliegenden Fall (vgl. Art. 42quinquies IVG).
- Mit Blick auf die EL stellt sich die Frage, ob die besonderen Transport- und Betreuungskosten als Krankheits- und Behinderungskosten besonders zu entgelten sind. Art. 14 ELG nennt generell unter anderem als Kosten, welche insoweit vergütet werden können Hilfe, Pflege und Betreuung zu Hause (Art. 14 Abs. 1 lit. b ELG), und auch Transportkosten (Art. 14 Abs. 1 lit. e ELG). Dabei kommt es den Kantonen zu, das Nähere insoweit zu regeln:
Im Kanton SZ ist dies erfolgt im kantonalen Gesetz über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (SRSZ 362.200) und in der ergänzenden kantonalen Vollzugsverordnung zum Gesetz über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen-
und Invalidenversicherung (SRSZ 362.211).
Generell gilt gemäss § 9 Abs. 1 Vollzugsverordnungm dass dabei grundsätzlich andere Leistungen von den zu übernehmenden Krankheits- und Behinderungskosten in Abzug gebracht werden dürfen. Das gilt aber NICHT für die Hilflosenentschädigung. - Für die Kosten für Pflege und Betreuung durch Familienangehörige als Behinderungskosten bei der EL gilt Folgendes:
§ 16 der Vollzugverordnung besagt
1 Die Kosten für die notwendige Pflege und Betreuung durch Familienangehörige, die nicht von einer bewilligten Spitexorganisation oder Pflegefachperson erbracht werden kann, werden nur vergütet, wenn die betreffenden Familienangehörigen:
a) nicht in der Berechnung der Ergänzungsleistung eingeschlossen sind; b) durch die Pflege und Betreuung eine länger dauernde, wesentliche Erwerbseinbusse erleiden; und c) keine Altersrente gemäss AHVG beziehen.
2 Die Kosten werden höchstens im Umfang des Erwerbsausfalls vergütet, der dem von der Fachperson festgelegten zeitlichen Pflegeaufwand entspricht.
3 Die Beiträge des Arbeitgebers an die obligatorischen Sozialversicherungen werden im Rahmen des Höchstbetrages vergütet.
Mit Blick auf diese Norm ist es also notwendig, um hier einen Anspruch zu erhalten, dass für den Antrag nicht nur die notwendige und die tatsächlich aufgebrachte Pflege und Betreuung ausgewiesen wird, sondern auch der entsprechende länger dauernde und wesentliche Erwerbsausfall belegt werden kann.
Vor diesem Hintergrund ist dann zu prüfen, ob die von Ihnen erwähnten vergüteten CHF 20/Tag für die Abwesenheiten im Heim (ich nehme an, diese werden als Krankheits- und Behinderungskosten vergüte) korrekt sind oder eher zu tief angesetzt sind. - Bezüglich der Transportkosten ist im Kanton Schwyz § 21 der Vollzugsverordnung zu beachten:
§ 21 Transportkosten
1 Ausgewiesene Transportkosten werden vergütet, soweit sie in der Schweiz durch einen Notfalltransport oder durch eine notwendige Verlegung entstanden sind.
2 Vergütet werden auch ausgewiesene Kosten für Transporte zum nächstgelegenen medizinischen Behandlungsort. Vergütet werden die Kosten, die den Preisen der öffentlichen Transportmittel für Fahrten auf dem direkten Weg entsprechen.
Ist die versicherte Person wegen ihrer Behinderung auf die Benützung eines anderen Transportmittels angewiesen, so werden diese Kosten vergütet.
3 Transportkosten zu den Tagesstrukturen sind den medizinischen Behandlungsorten gleichgestellt.
Insoweit können also die Transporte ins Wochenende, bzw. zum Zweck des Familienbesuchs nicht über die EL-Krankheits- und Behinderungskosten besonders gedeckt werden. Eventuell ist insoweit mit der Institution zu schauen, ob und inwieweit solche Fahrten im Arrangement der Institution enthalten sind. Wenn nicht so wären die Kosten selber zu tragen, oder es können eventuell einschlägige Stiftungen um Unterstützung angegangen werden.
Ich hoffe, das dient Ihnen.
Prof. Peter Mösch Payot