Guten Tag
Meine Klienitn ist Arbeitsunfähig aufgrund von Krankheit, das Arbeitsverhältnis wurde fristgerecht aufgelöst, sie bezieht aktuell Krankentaggeld. Sie plante nun einen Ferienaufenthalt, den sie mit ihrem zuständigen Arzt besprochen hat. Für ihren Heilungsprozess wurde dies als unterstützend eingeschätzt und ein entsprechendes Zeugnis wurde ausgestellt. Der Ferienaufenthalt fand in der Schweiz statt. Die Versicherung wurde im voraus nicht über die Ferien informiert. Nun weigert sich die Krankentaggeldversicherung die 15 Ferientage zu vergüten. Ist dies zulässig?
Ich danke ihnen herzlich für ihre Ausführungen.
Freundliche Grüsse
E. Ineichen
Frage beantwortet am
Kurt Pärli
Expert*in Arbeitsrecht
Guten Tag
gerne beantworte ich Ihre Frage wie folgt:
Ist eine Arbeitnehmerin arbeitsunfähig, so schuldet ihr der Arbeitgeber nach Art. 324a OR den Lohn wobei in vielen Fällen - so auch vorliegend - die Arbeitgeberin eine Kollektivkrankentaggeldversicherung abgeschlossen hat, die während der im Versicherungsvertrag vorgesehenen Dauer die vertraglich vorgesehenen Leistungen erbringt.
Grundvoraussetzung des Bezugs auf Leistungen der Krankentaggeldversicherung ist das Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeit. Diese liegt vor, wenn es einem versicherten Arbeitnehmer bzw. einer versicherten Arbeitnehmerin aus medizinischer Sicht nicht zumutbar, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Wenn nun eine Arbeitnehmerin arbeitsunfähig ist, kann sich die Frage stellen, ob eine Ferienfähigkeit vorliegt. Ferien haben den Zweck der Erholung von der Arbeit (nicht von der Krankheit). Ferientage sind dann keine Krankheitstage, wenn aus medizinischer Sicht Ferienfähigkeit vorliegt.
Ist dies der Fall, dann kann die ARbeitnehmerin Ferien beziehen, sie ist m.a.W. nicht verpflichtet, ihre Arbeitsleitung der Arbeitgeberin zur Verfügung zu stellen. Liegt aber eine Ferienfähigkeit vor, dass fehlt es an der Grundvoraussetzung des Taggeldbezuges, nämlich der gesundheitlich bedingten Arbeitsunfähigkeit.
Nun ist es denkbar, dass eine Arbeitnehmerin während der Krankschreibung zur Erholung (von der Krankheit) einen Krankenurlaub bezieht. Die Taggeldversicherung (oder der Arbeitgeber) ist dann zur Leistung von Taggeldern (oder Lohn) verpflichtet, wenn aus medizinischen Gründen der eigentliche Zweck der Ferien (Erholung von der Arbeit) aus medizinischen Gründen nicht erreicht werden kann.
Um sicherzustellen, dass versicherte Arbeitnehmende nicht zu Unrecht Ferientage als Krankheitstage beziehen, siehen die meisten Verträge der Taggeldversicherer vor, dass Abwesenheiten während der Krankheitsdauer der Versicherung gemeldet werden müssen. Es ist dann Sache der Versichung festzustellen (z.B. durch den Vertrauensarzt), ob Ferienfähigkeit vorliegt (= keine Taggeldleistungen) oder ob die Arbeitsunfähigkeit dominiert. Es ist auch möglich, dass die Taggeldversicherung einen Erholungsurlaub genehmigt und in diesen Fällen auch weiterhin das Taggeld ausrichtet.
Lange Rede kurzer Sinn:Die Krankentaggeldversicherung hat zu Recht die Verfügung der 15 Ferientage verweigert. Es kann deshalb nur, aber immerhin, versucht werden, die Versicherung zu bitten, den Fall nochmals zu prüfen und es ist hierfür auf besondere Umstände hinzuweisen.E Ein gerichtliches Vorgehen gegen die Versicherung ist in dieser Situation kaum zu empfehlen.
Zu prüfen ist jedoch, ob die Arbeitnehmerin noch Ferienansprüche gegenber dem Arbeitgeber hat, falls ja, sind diese für die 15 Tage geltend zu machen (oder zumindestn einen Teil davon). Zu beachten ist allerdings, dass der Ferienanspruch bei länger dauerenden krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit gekürzt werden kann.
Genügen Ihnen diese Angaben?
Mit Dank für die Kenntnisnahme & freundlichen Grüssen
Kurt Pärli