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Ferien- und Überzeigbezug im Kündigungsverhältnis

Veröffentlicht:
03.02.2017
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Arbeitsrecht

Sehr geehrter Herr Pärli
Klientin, 51 J., Pflegefachfrau in Leitungsfunktion mit Spezialaufgaben, Spitex (Kanton Bern). Normale Kündigungsfrist gem. Arbeitsvertrag 3 Monate.
Klientin trat ihre Stelle im April 2012 an. Bis zum November 2016 sammelten 22 Restferientage und 117.35 Stunden Überzeit an.
DIe Frau hat per 30.12.2016 fristgerecht per 31.03.2017 gekündigt, weil sie eine neue Stelle antritt.
Die Vorgesetzte hat nun die 22 Restferientage eingetragen und verweigert den Bezug 2017.
Ende Dezember 2016 war der korrigierte Ferienbestand ohne Rücksprache 0 und Überzeit 281.27 bei einem durchschnittlichen Arbeitspensum von 86,15 % bei einer Anstellung von 80%.
Gerne möchte ich in Erfahrung bringen, ob ein Arbeitgeber das machen darf und ob es dazu gesetzliche Grundlagen gibt. Darf ein Arbeitgeber gegen den Willen der Klientin Ferien in Überzeit umwandeln und auszahlen?
Danke für Ihre Antwort
Freundliche Grüsse Daniel Balmer

Frage beantwortet am

Kurt Pärli

Expert*in Arbeitsrecht

Sehr geehrter Herr Balmer
Es verhält sich so:
Eine Vermischung der Ferienguthabenrechnung und der Überstunden/Überzeitrechnung ist unzulässig. Die beiden Probleme müssen getrennt betrachtet werden.
Ferien:
Der Ferienanspruch steht Arbeitnehmenden zu, das Gesetz sieht ausdrücklich vor, dass Ferien während der Dauer des Arbeitsverhältnisses nicht durch Geldleistungen abgegolten werden dürfen (Art. 329d OR ist relativ zwingen, d.h. die Bestimmung darf auch vertraglich nicht zu Ungunsten der Arbeitnehmer geändert werden).
Das ist aber nur der eine Aspekt. Wichtig ist auch die Bestimmung in Art. 329c Abs. 2 OR, wonach die Arbeitgeberin den Zeitpunkt der Ferien bestimmt, sie hat dabei auf die Interessen der Arbeitnehmer Rücksicht zu nehmen.
Was bedeutet dies nun für Ihren Fall?
Ihre Klientin befindet sich im gekündigten Arbeitsverhältnis. Es ist das Recht des Arbeitgebers, den Zeitpunkt der Ferien zu bestimmen, er muss aber wie erwähnt Rücksicht auf die Arbeitnehmer nehmen. Ihre Klientin wiederum muss gestützt auf die Treuepflicht auch die Interessen der Arbeitgeberin wahren. Kurz und gut: Die beiden Parteien müssen einen vernünftigen Kompromiss finden, Teilbezug der Ferien (damit ihre Klientin sich auch noch erholen
kann) und Teilauszahlung am Ende des Arbeitsverhältnisses - das ist zulässig - , damit die Interessen der Arbeitgeberin gewahrt bleiben.
Überstunden/Überzeit:
Sofern es sich um Überstunden handelt, kommt es darauf an, ob im Vertrag Art. 321c OR wegbedungen wurde. Falls dies nicht der Fall ist, hat die Arbeitgeberin keine Möglichkeit, die Arbeitnehmerin zur Kompensation zu zwingen, die Kompensation ist nur möglich, wenn die Arbeitnehmerin einwilligt. Verlangt die Arbeitnehmer aber die Auszahlung, so schuldet der Arbeitgeberin den Überstundenlohn mit Zuschlag von 25%. Aber wie erwähnt, die Parteien können die Überstundenthematik im Vertrag bzw. Personalreglement anders regeln.
Wenn es bereit um Überzeit geht (was vorliegend wohl der Fall ist), dann kommen die Regelungen des Arbeitsgesetzes zur Anwendung (was das genau bedeutet, könnte ich nur bei präziser Kenntnis des Falles darlegen).
Genügen IHnen diese Auskünfte?
Mit Dank für die Kenntnisnahme und besten Grüssen
Kurt Pärli