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Familienzulagen und Unfalltaggeld

Veröffentlicht:
11.05.2020
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialversicherungsrecht

In einer Revision eines WSH Dossiers stellte ich fest, dass einem Klienten keine Kinderzulagen ausgerichtet wurden, da er ein Taggeld der UV bezog. Meines Wissens erhält er aber im Monat des Unfallereignisses und drei darauffolgenden Monaten Kinderzulagen. Danach erhält er im Krankheits– oder Unfallfall die Kinderzulagen nicht mehr, da diese Taggeldeistungen nicht AHV-pflichtig sind. Die ‚4‘ Monate werden wir so rückwirkend beantragen. In der Wegleitung zum Bundesgesetz über Familienzulagen wollte ich jedoch überprüfen, ob er nach dieser Zeit tatsächlich keinen Anspruch mehr auf Familienzulagen mehr hat. So viel konnte ich in Erfahrung bringen: Bei einem AHV pflichtigen Lohn von mindestens CHF 592/ Monat oder eben einer Taggeldleistung der EO, IV oder MV werden einem die Familienzulagen weiterhin ausgerichtet.

Ist es korrekt, dass ich bei anhaltender (Ereignismonat + 3 Monate) Arbeitsunfähigkeit mit 100% Taggeldleistungen der Unfall- oder Krankenversicherung keinen Anspruch mehr auf Familienzulagen mehr habe und diese entsprechend auch nicht als Nichterwerbstätige Person bei der Ausgleichskasse geltend machen kann?  

Frage beantwortet am

Peter Mösch Payot

Expert*in Sozialversicherungsrecht

Liebe Céline

 

Ja, Du hast das richtig gesehen!

 

1. Mit Blick auf Erwerbstätige sieht Art. 10 Abs. 1 FamZV vor, dass Familienzulagen und Taggeldern der Unfallversicherung während der drei Monate nach Eintreten der Arbeitsunfähigkeit kumulirt werden, obschon die Taggel-der bereits die Familienzulagen enthalten.

 

Nach Ablauf der drei Monate bleibt die Kumulation gemäss Art. 10 Abs. 1ter FamZV weiterhin nur zulässig, wenn die/der Arbeitnehmende einen Lohn und/oder ein Taggeld nach EOG (Mutterschaft) oder MVG (Militärversicherung) von aktuell gesamthaft mindestens 592 Franken bezieht.

Bezieht der Arbeitnehmende nach Ablauf der drei Monate ein Taggeld nach IVG, gehen die IV-Taggelder den Unfalltaggeldern vor. Deshalb werden in einem solchen Fall allein die Familienzulagen ausgerichtet – da die Familienzulagen gegenüber dem Kindergeld zum IV-Taggeld wiederum vorgehen. (siehe auch Wegleitung Familienzulagengesetz, Stand 1.1.2020, Rz. 525)

Bezieht die Person aber weiterhin, wie wohl im vorliegenden Fall ausschliesslich Unfalltaggelder, so entfällt der Anspruch auf Famlienzulagen als Erwerbstätiger, weil die Unfalltaggelder gemäss Art. 6 Abs. 2 lit. b AHVV nicht zum AHV-pflichtigen  Einkommen zählen.

 

2. Tatsächlich führt dies dann in der Regel zu einem Statuswechsel zum Nichterwerbstätigen. Und es lohnt sich, sich unmittelbar bei der Ausgleichskasse als Nichterwerbstätige/r führen zu lassen.

 Dabei ist gemäss der Rechtsprechung und Praxis zu beachten, dass der Statuswechsel direkt monatsbezogen wirkt (und nicht wie im Beitragsrecht der AHV jahresbezogen). Siehe dazu Wegleitung Familienzulagen (Stand 1.1.2020), Rz. 602 und die dort genannte Rechtsprechung, u.a. Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug vom 26. Januar 2012.

 

3. Dann kann geprüft werden, ob als Nichterwerbstätiger wieder ein Anspruch auf Familienzulagen entsteht.

Als erste Voraussetzung kennt Art. 19 FamZG dafür wie erwähnt die Voraussetzung, dass jemand bei der AHV als Nichterwerbstätiger erfasst ist. Dazu gehört auch, wer als ArbeitnehmerIn gemeldet ist, aber das Mindesteinkommen nach Art. 13 Abs. 3 AHVG nicht erreicht.

Im Weiteren darf das steuerbare Einkommen gemäss der Bemessung der Bundessteuern (Art. 17 FamZV) nicht höher sein als 150% der max. vollen Jahresrente der AHV (das sind aktuell CHF 42660), und es dürfen keine EL bezogen werden.

Art. 16 FamZV kennt dann auch einige Ausnahmen, die je nach Konstellation einen Anspruch entgegenstehen können, z.B. für AHV-REntnerInnen oder vorläufig Aufgenommene. Auch das müsste im Fall noch kurz überprüft werden. Ebenso, ob das kantonale Recht den Anspruch für Nichterwerbstätige gegenüber dem FamZG erweitert.

Im Weiteren ist dann die Anspruchsordnung nach Art. 7 FamZG zu beachten. Demgemäss kann je nach Konstellation der Anspruch einer anderen erwerbstätigen Person vorgehen (z.B. bei gemeinsamer elterlicher Sorge der Anspruch zustehen).

 

Fazit: Grundsätzlich aber kann also nach drei Monaten ein Statuswechsel zum Nichterwerbstätigen bei der Ausgleichskasse/WAS gemeldet werden und mit der Bestätigung oder der entsprechenden Beitragsverfügung können dann nach drei Monaten UVG-Taggeld Familienzulagen für Nichterwerbstätige eltend gemacht werden.

 

Ich hoffe, das dient Dir

Peter Mösch Payot