Guten Tag
Fallbeschreibung:
Ein Ehepaar mit einem Kind wird seit 01.01.2015 sozialhilferechtlich unterstützt. Es besteht kein Vermögen und keine Einnahmen.
Nachträglich wurde ein Antrag auf Familienzulagen für NE für das Jahr 2015 eingereicht. Die Ausgleichskasse verweigerte die Auszahlung mit der Begründung, das Ehepaar habe die Steuererklärung für 2015 nicht eingereicht und sei nach Ermessen taxiert worden. Somit sei es für die Ausgleichskasse nicht möglich, zu überprüfen ob tatsächlich keine Einkünfte erzielt wurden. Sie beruft sich auf Rz 609 FamZWL. Auch nachdem von beiden Ehepartnern der AHV-IK-Auszug eingereicht wurde, der bei beiden für 2015 0.- Einkommen aufwies, verharrte die Ausgleichskasse auf ihrem Standpunkt.
Kann also aufgrund einer Ermessenstaxation der Anspruch auf NE-Familienzulagen verwehrt werden?
Freundliche Grüsse
G. Heeb
Soziale Dienste Brügg
Frage beantwortet am
Peter Mösch Payot
Expert*in Sozialversicherungsrecht
Sehr geehrter Herr Kühnis
Grundsätzlich ist für die Kinderzulage für Nicherwerbstätigen von Bedeutung, dass das steuerbare Einkommen den 1 1/2fachen Betrag einer maximalen vollen Altersrente der AHV nicht übersteigt und keine EL bezogen werden (Art. 19 FamZG).
Zur Feststellung dieser Voraussetzung besagt RZ. 609 der FamZWL (Wegleitung zum Bundesgesetz über die Familienzulagen, Stand 1.1.2017), es sei massgebend die letzte rechtskräftige Steuerveranlagung. Der Antragsteller hat der FAK schriftlich zu bestätigen und allenfalls nachzuweisen, dass sich sein steuerbares Einkommen seither nicht massgeblich verändert hat und dass dieses auch im Bezugsjahr voraussichtlich die Einkommensgrenze gemäss Art. 19 Abs. 2 FamZG nicht übersteigen wird.
Rz. 610 der selben Weisung besagt: "Betrifft die letzte rechtskräftige Steuerveranlagung ein früheres als das vorletzte Jahr vor dem Bezugsjahr oder haben die Einkommensverhältnisse seit der letzten Veranlagung grundlegend geändert, so ist das massgebende Einkommen durch die FAK zu bemessen. Die antragstellende Person hat die notwendigen Unterlagen beizubringen."
Zur Frage, ob und wie in der von Ihnen genannten Konstellation die Ausgleichskasse ohne Weiteres das Gesuch ablehnen kann mit dem Argument, die Anspruchsvoraussetzung lasse sich nicht nachweisen, besteht keine eindeutige bundesgerichtliche Praxis.
Immerhin gilt aber grundsätzlich für die Sozialversicherungen der Untersuchungsgrundsatz (ergänzt durch die Mitwirkungspflicht der versicherten Person). Dieser Grundsatz steht auch hinter der bereits genannten Rz. 610 der Wegleitung zu den Familienzulagen.
Aus dieser zweiten Randziffer lässt sich argumentieren, dass die Ausgleichskasse nicht ohne Weiteres ohne aussagekräftige Steuererklärung davon ausgehen darf, dass ein übermässiges steuerbares Einkommen vorliege, oder dass dieses nicht festgestellt werden kann.
Ich rate also in dieser Sache eine Verfügung zu verlangen, bzw. gegen eine solche eine Einsprache zu ergreifen. Als Rechtsbegehen ist die Ausrichtung der gesetzlichen Leistungen zu verlangen, insb. einer Kinderzulage für Nichterwerbstätige. Im Weiteren ist zu beantragen, hierfür seinen die notwendigen Abklärungen von Amtes wegen vorzunehmen und beigelegte Beweismittel zu würdigen. Zur Begründung ist vorzubringen, dass die Frage des steuerbaren Einkommens von Amtes wegen zu erheben sei. Gleichzeitig ist alle mögliche und gewünschte Mitwirkung anzubieten, etwas eine Parteibefragung oder weitere Dokumentationen über die Einkommenssituation im besagten Jahr. Wo möglich sind dem Begehren Bankbelege oder die Bestätigung der Sozialhilfebedürftigkeit sowie allfällige weitere Unterlagen, welche das nicht bestehende oder tiefe Einkommen belegen, beizulegen.
Ich hoffe, das dient Ihnen.
Peter Mösch Payot