Liebes Expertenteam
über dem Entzug vom Aufenthaltsbestimmungsrecht wurde ein Kind bei einer Pflegefamilie platziert. Die Eltern, insbesondere der Vater kooperiert nicht mit der Beiständin. Die Eltern arbeiten in der Gastronomie und der Vater hat die Kinderzulagen bezogen. Der Vater wechselte die Stelle. Der alte Arbeitgeber hat die Kinderzulagen bei der Kasse jedoch nicht abgemeldet. Der jetzige Arbeitgeber hat versäumt diese bei seiner Kasse anzumelden. Die Beiständin hat bei beiden Arbeitgebern interveniert, die nötigen Schritte für Ab- und Anmeldung einzuleiten - vergebens.
Welche (rechtlichen) Möglichkeiten hat die Beiständin nun, dass die Kinderzulagen aktiviert werden?
Besten Dank für die Bemühungen.
Beste Grüsse
Sabine Bauer
Frage beantwortet am
Peter Mösch Payot
Expert*in Sozialversicherungsrecht
Liebe Sabine
Zur präzisen Beantwortung der Frage zwei kurze Rückfragen:
- Sind beide Eltern erwerbstätig?
- Wer hat in diesem Fall die elterliche Sorge? Beide Eltern?
- Welche Beistandschaft besteht in diesem Fall? Hat der Beistand insb. im Sinne von Art. 308 Abs. 2 ZGB Vertretungsrechte zur Sicherung des Unterhalts des Kindes?
Danke für eine kurze Rückmeldung!
Beste Grüsse
Peter Mösch Payot
Lieber Peter
Es besteht eine Beistandschaft nach Art. 308 Abs. 2 ZGB, wobei die Sicherung des Unterhalts nicht in den Aufgaben genannt ist. Es besteht ein Entzug vom Aufenthaltsbestimmungsrecht, jedoch haben beide die elterliche Sorge. Beide Eltern sind berufstätig, wobei die Mutter phasenweise und auch aktuell im Frauenhaus ist. Es läuft noch ein Antrag auf Entzug der elterlichen Sorge im Rahmen des Scheidungsverfahrens bei Gericht.
Besten Dank
Sabine Bauer
Frage beantwortet am
Peter Mösch Payot
Expert*in Sozialversicherungsrecht
Liebe Sabine
Das Familienzulagenrecht (ergänzend zum ATSG) und die Rechtsprechung kennt diverse Regeln, welche die zweckkonforme Verwendung der Familienzulagen ermöglichen soll.
a) Nach der Praxis kann Antrag auf Familienzulagen stellen, wer gegen entsprechende Entscheide auch beschwerdeberechtigt ist. Deswegen kann der andere Elternteil oder das volljährige Kind anstelle des Elternteils, der einen Anspruch geltend machen kann, dies aber nicht tut, einen Antrag stellen. In diesem Fall werden die Familienzulagen direkt an diejenige Person ausgerichtet, welche den Antrag gestellt hat. (Vgl. dazu Art. 29 und Art. 59 ATSG; siehe dazu Rz. 104 der Wegleitung zum Bundesgesetz über die Familienzulagen FamZG (FamZWL, Stand 1.1.2020).
b) Ist der Anspruch geltend gemacht, so besagt Art. 9 FamZG darüber hinasu, dass dann, wenn die Familienzulagen nicht für die Bedürfnisse einer Person verwendet werden, für die sie bestimmt sind, diese Person oder ihr gesetzlicher Vertreter verlangen kann, dass ihr die Familienzulagen in Abweichung von Artikel 20 Absatz 1 ATSG auch ohne Fürsorgeabhängigkeit ausgerichtet werden.
c) Ein Beistand kann als gesetzlicher Vertreter die genannten Rechte wahrnehmen, unter der Voraussetzung, dass ihm ein entsprechendes Mandat obliegt. Wenn dies nicht der Fall ist, wie gemäss den Angaben im vorliegenden Fall, so müsste bei der KESB eine Erweiterung des entsprechenden Mandates geprüft werden, um die Kinderzulagen geltend machen zu können.
Prof. Peter Mösch Payot