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Ergänzungsleistungen Miteigentürmerschaft

Veröffentlicht:
05.08.2022
Kanton:
Bern
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialversicherungsrecht

Guten Tag

Wir haben eine Anfrage betreffend einer EL-Verfügung und selbstbewohntes Wohneigentum. Unser Klient bezieht eine IV-Rente sowie Ergänzungsleistungen im Kanton Bern. Er bewohnt sein Wohneigentum, eine Wohnung. Es handelt sich dabei um eine Erbengemeinschaft zwischen Vater und Sohn. Sein Sohn besitzt die Hälfte der Wohnung, wohnt jedoch nicht im Haushalt und bezahlt daher keine Miete/Nebenkosten. Der Sohn hat eine eigene Wohnung. 

Die Berechnung der Ergänzungsleistungen unseres Klienten sieht nun wie folgt aus:

- Nur hälftige Kosten für die effektiven Hypothekarzinsen als Ausgabe berücksichtigt. Die andere Hälfte müsse die Miteigentümerschaft, resp. der Sohn bezahlen, auch wenn er nicht in der Wohnung lebt und eigene Mietausgaben hat. 

- Bei den Nebenkosten, werden Fr. 7'310.00 (Netto-Mietzins Fr. 4'790.00 sowie effektive Nebenkosten Fr. 2'520.00) als Ausgabe berücksichtigt. 

- Bei den Einnahmen werden dann fr. 4'790.00 als Eigenmietvert berücksichtigt. 

Somit sind seine Ausgaben für die Liegenschaft, resp. fürs Wohnen nicht gedeckt. 

Handlet die Ausgleichskasse (EL) mit der Berechnung korrekt, da es sich um Miteigentümerschaft handelt?

Vielen Dank für Ihre Hilfe.

Frage beantwortet am

Daniel Schilliger

Expert*in Sozialversicherungsrecht

Guten Tag

Bei einem selbstbewohnten Grundeigentum werden als Einnahmen ein Vermögensverzehr und der Eigenmietwert berücksichtigt. 

Grundlage für den Vermögensverzehr bei selbstbewohnter Liegenschaft ist der Steuerwert (amtlicher Wert) der Liegenschaft abzüglich des Freibetrags für selbstbewohnte Liegenschaften von 112'500 und der Hypothek. Das so errechnete Vermögen wird zum übrigen Vermögen dazu gezählt. Davon wird der normale Freibetrag (30'000 bei alleinstehenden Personen) abgezogen und vom Ergebnis 1/15 (bei IV-Rentnern) als Einnahme (Vermögensverzehr) angerechnet (Art. 11 Abs. 1 lit. c ELG, Art. 17 und 17a ELV).

Der Eigenmietwert wird voll als Einnahme angerechnet (Art. 11 Abs. 1 lit. b ELV).

Bei Miteigentum werden von der Steuerverwaltung der Steuerwert und Eigenmietwert für jede beteiligte Person entsprechend der Eigentumsquote nach Grundbuch auf die beteiligen Personen aufgeteilt. Diese aufgeteilten Werte kann die EL aus den Steuerunterlagen für den Steuerwert und den Eigenmietwert übernehmen.

Als anrechenbare Ausgaben gelten einerseits (anstelle der Miete) der Eigenmietwert der Liegenschaft (bis zur Höhe eines Mietzinsmaximums in vergleichbarer Wohnsituation). Im vorliegenden Fall entspricht der Anteil Eigenmietwert (der anstelle der Miete eingerechnet wird) offenbar 4'790.-.

Zudem werden als Ausgaben die Gebäudeunterhaltskosten und Hypothekarzinsen bis zur Höhe des Bruttoertrages (=Eigenmietwert) der Liegenschaft angerechnet (Art. 10 Abs. 1 lit. c und Abs. 3 ELG, Art. 16a ELV).  Die Gebäudeunterhaltskosten (Nebenkosten) betragen fix 2’520.- pro Jahr. Diese wurden offenbar zugunsten des Klienten nicht auf beide Miteigentümer aufgeteilt. Zur Höhe der Hypozinsen steht nichts. Diese könnten nun ebenfalls abgezogen werden bis Unterhaltskosten und Hypozins den Eigenmietwertanteil von 4'790.- erreichen.  

Auch wenn einzelne Angaben fehlen, scheint also das Vorgehen der EL theoretisch korrekt zu sein. Aus Sicht der EL muss der Klient nur die Hälfte der Hypozinsen zahlen, da die andere Hälfte der Wohnung dem Sohn gehört.

Kann es sein, dass der Vater die vollen Hypozinsen übernimmt, weil der Sohn sein Miteigentum kaum vermieten kann? Wenn diese Annahme stimmt, ist zu prüfen, ob der Vater den Miteigentumsanteil des Sohnes ebenfalls übernehmen kann und so alleiniger Eigentümer wird.  

Alternativ könnte man argumentieren, dass der Miteigentumsanteil des Sohnes nutzlos und damit wertlos wird, wenn der Vater drin wohnt. Entsprechend ist die Wertaufteilung nicht nach Eigentumsquote vorzunehmen, sondern alles dem Vater zu zuschreiben. Das wäre dann eine Frage, die nach steuerrechtlichen Grundsätzen zu beantworten wäre. Mir ist nicht bekannt, ob es vergleichbare Fälle gibt.

Schliesslich könnte man geltend machen, dass der Vater neben seinem Eigentum den Anteil des Sohnes «mietet», so dass zusätzlich eine Miete zu berücksichtigen ist. Der Sohn könnte mit der Miete seinen Anteil an den Hypozinsen zahlen. Ob das gelingt ist aber sehr fraglich, da das Gesetz in Art. 10 Abs. 1 lit. c schreibt, dass der Mietwert anstelle des Mietzinses einzurechnen sei. Eine Kumulation ist so nicht vorgesehen.

Vielleicht könnte der Sohn dem Vater ein Wohn- oder Nutzniessungsrecht an seinem Anteil einräumen. Wie die EL dies einrechnen würde, müsste ebenfalls mit der EL geklärt werden.

Ich würde versuchen die verschiedenen Varianten offen mit der EL zu diskutieren.

Freundlicher Gruss

Daniel Schilliger