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Entschädigung Haushaltsschaden

Veröffentlicht:
18.12.2018
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialhilferecht

Guten Tag liebes Expertenteam
aufgrund eines ärztlichen Fehleingriffs hat eine Klientin eine Entschädigung bekommen.
Dies setzt sich zusammen wie folgt zusammen:
Fr. 20.000 Genugtuung
Fr. 10.000 Fahrspesen/ungedeckte Heilungskosten
Fr. 40.000 Haushaltsschaden
Im BKSE steht:
Entschädigung und Genugtuung: Unter gewissen Voraussetzungen können das Opfer und/oder seine Angehörigen eine Entschädigung für Personenschäden (z.B. Erwerbsausfall, Versorgerschaden, Bestattungskosten) verlangen. Die Entschädigung bemisst sich nach der Höhe des Schadens (Maximalbetrag: Fr. 120‘000.--) und den finanziellen Verhältnissen des Opfers.
Von der Sozialhilfe sind Leistungen aus Genugtuung (inkl. Integritätsentschädigung) nur so weit anzurechnen, als sie bei Einzelpersonen Fr. 25‘000.--, bei Ehepaaren Fr. 40‘000.--, zuzüglich pro minderjähriges Kind Fr. 15‘000.--, maximal pro Familie Fr. 55‘000.-- übersteigen.
Die Genugtuung in Höhe von Fr. 20.000.- kann sie behalten. Der Haushaltsschaden in Höhe von Fr. 40.000.- wurde ja ausgerichtet, damit die Klientin sich in Zukunft im Haushalt helfen lassen kann und ist somit zweckgebunden. Sehe ich dies richtig, dass sie somit regulär weiterhin Sozialhilfe beziehen kann?
Freundliche Grüsse
Sabine Bauer

Frage beantwortet am

Anja Loosli Brendebach

Expert*in Sozialhilferecht

Sehr geehrte Frau Bauer
Vielen Dank für Ihre Frage. Ich stimme mit Ihnen betreffend Genugtuung vollkommen überein. Diese ist nicht anzurechnen, weil sie nicht höher als CHF 25‘000.— ist (Kapitel E.2.1 SKOS-Richtlinien) und einen immateriellen Schaden ausgleichen soll.
Betreffend Haushaltsschaden gilt Folgendes: In Art. 9 Abs. 1 des Sozialhilfegesetzes wird festgehalten, dass in der Sozialhilfe der Grundsatz der Subsidiarität gilt. Aufgrund dieses Grundsatzes hat das Bundesgericht in BGE 8C_110/2014 festgehalten, dass der Haushaltschaden als Vermögen bzw. Einnahme anzurechnen ist. Der Grund liegt darin, dass der Haushaltsschaden im Gegensatz zur Genugtuung gemäss Bundesgericht (Erw. 3.2.3) eine Vergütung darstellt, die einkommensunabhängig mit dem Wertverlust durch die Berinträchtigung der Fähigkeit zur Haushaltführung anfällt und haftpflichtrechtlich ungeachtet der daraus tatsächlich resultierenden Vermögenseinbusde zu ersetzen ist. Ausgeglichen wird der wirtschaftliche Wertverlust, der durch die Berinträchtigung der Arbeitsfähigkeit im Haushalt entstanden ist, unabhängig davon, ob dieser Wertverlust zur Anstellung einer Ersatzkraft, zu vermehrtem Aufwand der Teilinvaliden oder zur Beanspruchung von Familienangehörigen führt.
Daraus folgt in Ihrem Fall, dass die Klientin aufgrund des anzurechnenden Haushaltschadens nicht mehr bedürftig ist und abgelöst werden muss, wenn das Geld noch vorhanden ist. Ergänzend ist eine Rückerstattung zu prüfen, wobei der Freibetrag entsprechend der Haushaltgrösse zu beachten ist (Kapitel E.3.1 SKOS-Richtlinienen). Falls die Klientin aufgrund ihrer Einschränkung im Haushalt wegen des Fehleingriffs rückwirkend oder zukünftig Kosten für eine Haushaltshilfe hat bzw. bezahlen muss und dadurch wieder bedürftig wird, so ist sie wieder in Unterstützung aufzubehmen.
Ich hoffe, Ihnen mit meiner Antwort weiterhelfen zu können.
Freundliche Grüsse
Anja Loosli Brendebach

Guten Tag Frau Loosli
besten Dank für Ihre ausführliche Antwort.
Ich wünsche Ihnen einen guten Rutsch ins 2019.
Beste Grüsse
Sabine Bauer

Guten Tag Frau Loosli
ich erlaube mir Ihnen eine ergänzende Frage zu stellen.
Wäre es möglich hier die Härtefallklausel anzuwenden?
Art. 11c *
Härtefall
1
Ein Härtefall im Sinne von Artikel 43 Absatz 3 SHG liegt namentlich dann vor, wenn die Rückerstattung
a die Erreichung der gemäss Artikel 27 Absatz 1 SHG vereinbarten Ziele verhindert,
b die Integration gefährdet,
c aufgrund der gesamten Umstände unbillig erscheint oder
d unter Berücksichtigung der finanziellen und persönlichen Situation unverhältnismässig erscheint.
Die Klientin ist Schmerzpatientin und blickt auf eine langjährige Auseinandersetzung mit der IV zurück - mit einem Ausgang zu ihren Ungunsten. Durch einen medizinischen Fehleingriff ist nun zusätzlich auch noch ihr Daumen unbrauchbar geworden.
Besten Dank für Ihre Bemühungen.
Freundliche Grüsse
Sabine Bauer

Frage beantwortet am

Anja Loosli Brendebach

Expert*in Sozialhilferecht

Sehr geehrte Frau Bauer
Meines Erachtens ist Ihr Ermessen bzgl. Rückerstattung in diesem Fall gross. Wenn Sie der Meinung sind, dass es z.B. aufgrund der jahrelangen Auseindersetzung mit der IV unbillig ist, die Leistungen zurückzufordern, können Sie auf eine Rückerstattung verzichten. Zentral erscheint mir, dass gleich gelagerte Fälle gleich behandelt werden.
Ich wünsche Ihnen ein erfolgreiches 2019 und freue mich auf Ihre Fragen im 2019.
Freundliche Grüsse
Anja Loosli Brendebach

Guten Morgen Frau Loosli
besten Dank für den Nachtrag.
Ich wünsche Ihnen ein gutes neues Jahr und bedanke mich schon mal vorab für Ihre Beantwortung meiner Fragen.
Beste Grüsse
Sabine Bauer