Ich bin die Beiständin eines Kindes, welches aufgrund einer Gefährdungsmeldung und ausgewiesenem Sonderschulbedarf im März 2017 durch die KESB fremdplatziert ist in einem Internat/Sonderschule.
Da es Halbwaise ist, bezieht es eine Halbwaisenrente.
Die Ergänzungsleistungen zahlen an die Betreuungskosten einen Anteil. Das Amt für Volksschule finanziert die restlichen Betreuungskosten und die Beschulungskosten.
Es verbleiben der monatliche Elternbeitrag und die Nebenkosten (Taschengeld), welche der Sozialhilfe verrechnet werden.
Bis anhin lief das Konto über die Sozialhilfe bis alles mit der Finanzierung aufgegleist war.
Nun ist es so, dass ein Überschuss besteht, da die Ergänzungsleistungen und das Amt für Volksschule beide etwas an die Betreuung zahlen. Der Überschuss Anteil muss an das Amt für Volksschule zurückbezahlt werden.
Nun habe ich beim Prüfen des Kontoauszugs der Sozialhilfe, als Beiständin mit dem Auftrag der Verwaltung des Kindsvermögens, festgestellt;
- Dass der Elternbeitrag von CHF 375.—monatlich jeweils dem Konto des Kindes belastet wurde durch die Sozialhilfe.
- ebenfalls wurden die Nebenkosten von CHF 242.00 dem SH Konto des Kindes belastet. Diese werden aber durch die Ergänzungsleistungen gedeckt.
Die Sozialhilfe ist der Meinung, dass der Elternbeitrag rechtmässig dem Konto des Kindes belastet wurde.
Ich bin da anderer Meinung, der Elternbeitrag ist durch die Kindsmutter zu leisten. Sie wird seit Dezember 2017 teilunterstützt durch die Sozialhilfe, somit muss der Elternbeitrag doch dem Sozialhilfekonto der Mutter belastet werden?
Gehe ich richtig in dieser Annahme? Nur weil das Konto des Kindes ein Plus aufweist, kann ja nicht der Elternbeitrag deshalb davon finanziert werden ?
Ich bedanke mich ganz herzlich für Ihre Auskunft und
Freundliche Grüsse
C.Baumann
Frage beantwortet am
Ruth Schnyder
Expert*in Sozialhilferecht
Sehr geehrte Frau Baumann
Gerne beantworte ich Ihre Anfrage. Der Elternbeitrag bei einem Heimaufenthalt ist in der Tat von Seiten der Eltern zu leisten, was aber nicht heisst, dass die Sozialhilfe, welche die Eltern oder nur einen Elternteil unterstützt, dafür aufkommen muss. Dieser Elternbeitrag ist Teil des Kindesunterhalts nach Art. 276 ZGB, den die Eltern zu Gunsten Ihres Kindes zu erbringen haben. Nach Art. 276 Abs. 2 ZGB zählen u.a. auch Kindesschutzmassnahmen zum Kindesunterhalt. Unterhaltsverpflichtungen nach Art. 276 ZGB werden jedoch von der Sozialhilfe in der Regel nicht als Ausgaben anerkannt (Ziff. F.3.1. der SKOS-Richtlinien i.V.m. § 2a der Thurgauer Sozialhilfeverordnung vom 15.10.1985 (RB.850.11).
Ein Elternbeitrag kann bei Internatsplatzierungen nach § 10 Abs. 2 der Verordnung des Thurgauer Regierungsrates über die Sonderschulung, Heilpädagogische Früherziehung, Spitalschulung und spezielle Unterstützungsangebote (SonderschulV; RB 411.411) erhoben werden. Wurde wie vorliegend ein solcher festgelegt - wobei der Betrag auf den ersten Blick nicht nachvollziehbar ist -, dann sind die Eltern verpflichtet, diesen zu leisten. Selbst wenn von kantonaler Seite festgelegt, ist der Beitrag meiner Meinung nach dennoch dem zivilrechtlichen Kindesunterhalt nach Art. 276 ZGB zuzuordnen. Kommen die Eltern ihrer Unterhaltspflicht nicht nach, dann springt die Sozialhilfe für das Kind ein und zahlt anstelle der Eltern den Elternbeitrag, was auf dem Konto des Kindes verbucht wird. Es ist dann Sache der Sozialhilfe, bei den Eltern den Elternbeitrag einzufordern, notfalls über das Zivilgericht (Art. 289 Abs. 2 ZGB), wobei der Leistungsunfähigkeit der Eltern Rechnung zu tragen wäre, falls diese bei der Festlegung des Elternbeitrages nicht berücksichtigt wurde. Das Gesagte gilt auch bei IVSE-Fällen im interkantonalen Kontext, so Art. 22 Abs. 1 und 2 der Interkantonalen Vereinbarung über soziale Einrichtungen vom 13.12.02 (IVSE).
Im vorliegenden Fall stellen sich aber doch noch ein, zwei Fragen:
So wie Sie die Sachlage des Kindes schildern, ist es auch ohne den geleisteten Elternbeitrag an sich nicht bedürftig. Verstehe ich Sie da richtig? Das wäre möglich, wenn die EL eine die Heimkosten deckende Taxe anerkennt und die Elternbeiträge entgegen von Art. 11 Abs. 1 lit. h ELG auf der Einnahmenseite nicht berücksichtigt – nämlich, wenn nachgewiesen wird, dass diese nicht geleistet werden können (Rz. 3491.03 der Wegleitung über die Ergänzungsleistungen zur AHV und IV [WEL, Stand 1.1.18]). Falls dem so wäre, ist es richtig, wenn die Internatskosten gesamthaft mit den Mitteln des Kindes (Sonderschulbeitrag des Kantons und jener der EL sowie allfällige weitere z.B. KVG) finanziert werden. In diesem Fall wäre es aber zutreffender, diesen Vorgang nicht als Belastung des Elternbeitrages zu bezeichnen.
Verhält es sich anders mit den finanziellen Mitteln des Kindes, gebe ich Ihnen gern weitere Hilfestellung in diesem Fall. Ich wäre Ihnen dann jedoch dankbar um weitere Informationen, wie sich die Einnahmen und die Ausgaben des Kindes zusammensetzen.
Ich hoffe, Ihnen mit diesen Ausführungen Ihre Frage beantwortet zu haben.
Freundliche Grüsse
Ruth Schnyder