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Elternbeiträge bei begleiteten Besuchen

Veröffentlicht:
27.06.2022
Kanton:
St. Gallen
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialhilferecht

Wie stark kann das Sozialamt Einfluss nehmen auf das Budget einer nicht von der Sozialhilfe abhängigen Person, für begleitete Besuche.

Vater ist alleinerziehend, Mutter ist gegangen. Es gibt für die Mutter ein Besuchsrecht mit begleiteten Übergaben. Mutter beim Sozialamt, keine Alimente möglich, kein feste Einkommen deklariert von Mutter. 

Vater arbeitet 100%, Kinder sind bei seinen Eltern. Es besteht ein Pflegeverhältnis für Fr. 1200.00 pro Monat. Vater bezahlt alles, Kita, Pflegegeld und und und. Nun kommt das Sozialamt und will beim Vater den Elternbeitrag berechnen. Vater muss alles offenlegen. Er hat dies schon einmal gemacht und jetzt muss er dies schon wieder tun. Das Sozialamt ist der Meinung er muss umziehen in eine günstigere Wohnung, weil er dann sparen könnte. Er generiert Fr. 375 für Hauswart pro Monat, was dann wegfallen könnte. Er wohnt aber ca 500 m von den PflegeEltern entfernt, ist jeden Abend dort, isst mit den Kindern und bringt sie ins Bett. 

Kann das Sozialamt dies verlangen? Kann das Sozialamt ihm ein Budget vorschreiben damit er unter Umständen Elternbeiträge bezahlen muss/kann für die er nichts kann? Die Mutter hat die Familie verlassen und hat bis heute nicht das Geringste an Unterhalt für die Kinder geleistet oder sich an irgendwelche Kosten fbeteiligt oder beteiligen können. Der Vater kann keinen Unterhalt einklagen, wel sie kein geregeltes Einkommen hat.

Frage beantwortet am

Ruth Schnyder

Expert*in Sozialhilferecht

Guten Tag

Gerne beantworte ich Ihre Anfrage, bei welcher es um die Kosten des begleiteten Besuchsrechts geht. Laut Ihren Angaben gedenkt das Sozialamt die Kosten des begleiteten Besuchsrechts dem Vater in Rechnung zu stellen, soweit im Rehmen des Elternbeitrags möglich. Zunächst habe ich folgende Rückfragen:

- Inwieweit ist das Sozialamt involviert?

- Werden die Kinder mit wirtschaftlicher Hilfe ergänzend unterstützt?

- Wird die Mutter mit wirtschaftlicher Hilfe unterstützt?

- Über welches Konto / Dossier (Mutter oder Kinder) werden die Kosten des begleiten Besuchsrechts aktuell abgerechnet ?

- Weswegen ist die Besuchsrechtsbegleitung notwendig?

- Liegt ein Rechtstitel über die Beiträge des Vaters an die Kinder vor? Falls ja, von welcher Behörde bzw. Gericht?

- Sind die Kosten des begleiteten Besuchsrechts nachträglich entstanden?

- Wem steht das Sorgerecht zu?

Besten Dank, Ruth Schnyder

Frage beantwortet am

Ruth Schnyder

Expert*in Sozialhilferecht

Guten Tag

Hat sich Ihre Anfrage zwischenzeitlich erledigt? 

Besten Dank für Ihre Antwort.

Ruth Schnyder

Grüezi Frau Schnyder

Das Sozialamt ist beim alleinerziehenden Vater nicht involviert. Die elterliche Sorge üben die Eltern gemeinsam aus. Die Mutter hat kein Einkommen, es konnten keine Alimente errechnet werden. Mutter war teilw. bei der Sozialhilfe. Vater kommt vollumfänglich für die Kosten der Kinder auf (Kita, Pflegegeld)

Kosten sind beim zuständigen Sozialamt, zivilrechtl. Wohnsitz der Kinder beim Vater

Besuchsbegleitung vom Gericht verfügt (Eheschutz und Scheidung)Stabilität und Zuverlässigkeit, Kindern sicherheit vermitteln (Kinder sind 6 und 8 Jahre alt)

Kosten sind nicht nachträglich es lag immer rechtzeitig eine Kog des Sozialamtes vor

Vielen Dank für Ihre Geduld. 

Frage beantwortet am

Ruth Schnyder

Expert*in Sozialhilferecht

Guten Tag

Nun sind meine Sommerferien dazwischen gekommen, weshalb ich Ihnen nicht früher antworten konnte. Bei Ihrer Frage steht demnach im Mittelpunkt, dass die gerichtlich verfügte Besuchsrechtsbegleitung durch das Sozialamt bzw. die kommunale Sozialhilfe subsidiär mit Kostengutsprache abgesichert wird und diese die potentiellen Kosten dem Vater weiterbelasten will, indem sie (erneut) einen Elternbeitrag ermittelt. Die sozialpädagogische Familienbegleitung (SPF) gehört nach Art. 7 lit. e SHG / SG zur betreuenden Sozialhilfe. Abs. 2 von Art. 7 SHG / SG bestimmt, dass die Unterhaltpflichtigen höchstens im Umfang der Kostenbeteiligung bei stationären Massnahmen beteiligt werden. In der Fussnote 5 zu dieser Bestimmung wird insbesondere auf Art. 40b Abs. 4 SHG / SG verwiesen, danach richtet sich die Beteiligung der Unterhaltspflichtigen nach ihrer Leistungsfähigkeit, wenn es sich nicht um eine IVSE-Einrichtung handelt. Ein Maximalbetrag wird nicht genannt. In der gleichen Fussnote wird aber auch auf Art. 22 der Interkantonalen Vereinbarung für soziale Einrichtungen IVSE (sGS 381.31) verwiesen. Bei IVSE-Einrichtungen ist ebenfalls die Leistungsfähigkeit relevant, jedoch darf gemäss der St. Galler Verordnung zur Interkantonalen Vereinbarung für soziale Einrichtungen IVSE (387.21) die Beteiligung die Obergrenze von Fr. 25 pro Tag nicht überschreiten (vgl. Art. 18 Abs. 1 der betreffenden Verordnung). Wie die Leistungsfähigkeit konkret zu bemessen ist, ist weder der vorgenannten Verordnung noch dem SHG / SG zu entnehmen.

In genereller Weise verweist für die Sozialhilfe das KOS-Handbuch auf die SKOS-RL, die für den Kanton St. Gallen jedoch nicht verbindlich sind.  In SKOS-RL D.4.2 wird die Thematik des elterlichen Unterhaltsbeitrages bzw. des Elternbeitrages in den Grundzügen geregelt. Nach Möglichkeit ist mit den Eltern auf dem Vereinbarungsweg ein Beitrag abzumachen, falls dies nicht möglich ist, muss der Unterhaltsbeitrag vor Zivilgericht geltend gemacht werden (SKOS-RL D.4.2 Abs. 3). In der Praxishilfe zum erweiterten SKOS-Budget (September 2020) lässt sich Näheres zur Bemessung des Elternbeitrages entnehmen. Für die Wohnkosten ist die am Anfang der Praxishilfe aufgeführte Tabelle massgebend. Danach ist der Anteil der Wohnkosten zu übernehmen, der nicht im Budget der unterstützten Personen berücksichtigt wird. Unter Ziff. 2 wird mit Blick auf den Elternbeitrag zu den Wohnkosten nichts Besonderes erwähnt. Dies im Unterschied zum stabilen Konkubinat unter Ziff. 2. Dies kann nur dahingehend interpretiert werden, dass beim Elternbeitrag stets die effektiven Wohnkosten des unterhaltspflichtigen Elternteils zu berücksichtigen sind. Selbst wenn davon ausgegangen würde, dass der Elternteil zur Suche einer günstigeren Wohnung verpflichtet werden könnte, müsste SKOS-RL C.4.1 Abs. 4 beachtet und die Zumutbarkeit eingehend überprüft werden. Sie erwähnen bereits gewisse Punkte, die gegen die Zumutbarkeit eines Wohnungswechsels sprechen.  

Wie bereits erwähnt, kann die Gemeinde den Elternbeitrag nicht einseitig verfügen. Sie muss vor Gericht gehen wahrscheinlich gestützt auf Art. 286 ZGB infolge veränderter Verhältnisse. In diesem Fall wird das Gericht die Unterhaltspflicht des Vaters nach zivilrechtlichen Grundsätzen prüfen und nicht nach jenen der SKOS-RL. Bei knappen Verhältnissen ist das betreibungsrechtliche Existenzminimum (siehe dazu das St. Galler Kreisschreiben) massgebend, bei besseren Verhältnissen das familienrechtliche Existenzminimum gegebenenfalls mit Überschussbeteiligung (BGE 147 III 265). Nach Ziffer 4.2. des St. Galler Kreisschreibens wird der effektive Bruttomietzins berücksichtigt. Bei den Verhältnissen des Schuldners nicht angemessenem Mietzins wird der Mietzins unter Berücksichtigung der Kündigungsfrist auf das ortsübliche Normalmass herabgesetzt. Dabei sind meiner Meinung nach wohl nicht die Ansätze der Sozialhilfe massgebend, sondern die ortsüblichen Mietzinse für eine angemessene Wohnung. Wie dies in der Praxis gehandhabt ist, sprengt die vorliegende Anfragebeantwortung. Auf jeden Fall besitzen die Gerichte hier einen grossen Ermessensspielraum, wobei sie auch die Punkte, welche Sie anführen, berücksichtigen würden.

Nach dem Gesagten ist nicht von der Hand zu weisen, dass ein Umzug in eine günstigere Wohnung von der Gemeinde thematisiert wird, jedoch nur nach zivilrechtlichen Grundsätzen bzw. den Grundsätzen des betreibungsrechtlichen Existenzminimum, wobei der Entscheid beim Gericht liegt. Solange die Gemeinde mit dem Elternteil verhandelt und eine Einigung erzielen möchte, sollten nach Empfehlung des KOS-Handbuches aber die SKOS-RL beachtet werden, die lediglich die Berücksichtigung des effektiven Wohnungsmietzinses empfehlen – also kein Wohnungswechsel. Hinzu kommt, dass die Meinung vertretbar ist, dass maximal Fr. 25 pro Tag belastet werden darf, wobei in dieser Frage die oben dargelegte Rechtslage widersprüchlich ist.

Ich hoffe, Ihnen damit Ihre Frage beantwortet zu haben.

Freundliche Grüsse

Ruth Schnyder