Vollblinder & hörbehinderter EL-Bezüger (IV-Rentner, verheiratet, 2 Kinder 9- & 11-jährig, ganze Fam mit Migrationshintergrund) Zumutbarkeit Erwerbsarbeit Gattin/Familienmutter, die ihren Ehegatten mit Handicap (ohne Erwerbsarbeit, volle IV-Rente) im Alltag wesentlich unterstützt (Begleitung zu Terminen, in der eigenen Fam-Haushaltung, in der Kommunikation, auch in d Teilhabe an dessen Sozialleben).
EL - Fragebogen auszufüllen bis 12.6. ausserhäusliche Teilzeit-Erwerbsarbeit zumutbar für nicht invalide Ehegattin?
Ehegattin würde putzen gehen, scheut jedoch Anstellung, da sie ihre Teilzeiterwerbstätigkeit nicht selber einteilen kann und somit Erwerbsarbeit nicht mit Unterstützungseinsätzen für ihren Gatten und Schulzeiten der beiden Kinder adaptieren kann. Eher würde sie sich als Selbständigerwerbende Anbieterin für Putzarbeiten sehen, dann könnte sie ihre Arbeitszeiten an welchselnden Unterstützungsbedarf Gatte und Kinder anpassen.
Welche Erfahrungen mit Ausmass Teilzeiterwerbspflicht / Zumutbarkeit in vergleichbaren Fällen?
Frage beantwortet am
Peter Mösch Payot
Expert*in Sozialversicherungsrecht
Sehr geehrte Frau Schütz
Das Einkommen bzw. das Verzichtseinkommen (Art. 11 Abs. 1 lit. a und Art. 11 Abs. 1 lit. g ELG) von nichtinvaliden Ehegatten wird nach den allgemeinen Regeln angerechnet, wenn die beiden Personen im Sinne von Art. 1 ELV als Ehegatten zusammenleben und nicht getrennt leben (vgl. dazu Art. 1 Abs. 4 ELV).
Spezielle Sonderregeln sind in der Verordnung, anders als für Teilinvalide (Art. 14a ELV) und für nichtinvalide Witwen (Art. 14b ELV). nicht vorgesehen.
Vor diesem Hintergrund benennen die Rz. 3482.03 und 3482.04 WEL (Stand 1.1.2020) die weiteren Grundlagen für die Ermessensbeurteilung der Frage der Zumutbarkeit der Erwerbstätigkeit von Ehegatten in der Praxis. Hintergrund sind unterhaltsrechtliche Grundsätze (Art. 163 ZGB). Im Prinzip werden also entsprechende Einkommen als Verzichtseinkommen angerechnet, wenn der Ehegatte auf entsprechende Erwerbsbemühungen verzichtet (Urteil 9C_12/2013 vom 19.11.2013 E. 3.1)
Ein hypothetisches Einkommen ist im Sinne von Rz. 3483.03 nur dann gar nicht anzurechnen, wenn
der nicht invalide Ehegatte trotz ausreichender Arbeitsbemühungen keine Stelle. Diese Voraussetzung gilt als erfüllt, wenn die Person beim RAV zur Arbeitsvermittlung angemeldet ist sowie qualitativ und quantitativ ausreichende Stellenbemühungen nachweist. Oder
wenn die versicherte Person Taggelder der Arbeitslosenversicherung bezieht. Oder
wenn die Person nachweist, dass der invalide Ehegatte im Heim leben müsste ohne Betreuung.
Immerhin besagt dann aber WEL (Stand 1.1.2020), Rz. 3483.04, dass bei der Frage der Höhe des hypothetischen Einkommens die persönlichen Verhältnisse Berücksichtigung finden müssen. Also namentlich das Alter, die Gesundheit, die Sprachkenntnisse, die Ausbildung, die bisherige Tätigkeit, die konkrete Arbeitsmarktlage, die Betreuungssituation der Kinder etc.).
Diese persönlichen Verhältnisse sind so konkret wie möglich gegenüber der EL-Stelle darzustellen. Entscheidend ist der Einzelfall, wobei die EL-Stelle auch gewisses Ermessen hat.
Hilfreich wäre sicherlich auch ein Bericht etwa der Spitex oder einer spezialisierten Behindertenorganisation, dass und weshalb und inwieweit die Betreuung notwendig ist zur Vermeidung eines Heimeintritts, bzw. eine Möglichkeit der Erwerbstätigkeit beschränkt.
Die Anmeldung beim RAV und die entsprechenden Stellenbemühungen könnten im Weiteren zeigen, dass und wie eine Stellenbemühung erfolgt, und dass Erwerbstätigkeit gar nicht oder nur beschränkt möglich ist.
Ich hoffe, das dient Ihnen.
Peter Mösch Payot