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EL Berechnung sistiert, da IV-Rentenprüfung bei Ex-Mann läuft

Veröffentlicht:
14.01.2025
Kanton:
St. Gallen
Status:
Neu
Rechtsgebiet:
Sozialversicherungsrecht

Klientin verbeiständet nach Art. 394 iVm Art. 395 ZGB (Kt SG):

Die Klientin hat eine volle IV-Rente zugesprochen erhalten, sowie Kinderrenten für die minderjährigen Kinder. Sie hat sich während der IV-Rentenprüfung von ihrem Mann scheiden lassen. Beim Exmann läuft aktuell noch ein IV-Verfahren.

Die SVA hat die EL Berechnung der Klientin und ihrer Kinder sistiert, mit folgender Begründung;

- Der Ex-Mann hat seit Rentenbeginn teilweise bei ihr und den Kindern gewohnt. Für die gemeinsame Wohnzeit erfolgt eine gemeinsame EL-Berechnung.

- Der E-Mann ist im erwebspflichtigem Alter. Die zumutbare Erwerbsfähigkeit wird im laufenden IV-Verfahren geprüft.

- Der Entscheid der IV-Stelle über das IV-Verfahren des Ex-Mannes habe auch Einfluss auf allfällige Kinderrenten und diese wiederum auf die Unterhaltsberechnung.

Es wurde eine eine Stellungnahme seitens Beiständin eingereicht:

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Sehr geehrte Frau XY

In Ihrem Schreiben vom xx.01.2024 sistieren Sie den EL Antrag wegen noch nicht vorhandenem IV-Entscheid des Exmannes meiner Klientin.

Schlüssig ist für mich, dass sich dies auf die Ergänzungsleistungszahlung bezieht, in der meine Klientin und ihr Exmann noch verheiratet/zusammen waren. Hierbei würde es sich um eine Nachzahlung der Leistung handeln. Nicht nachvollziehbar ist, dass auch die laufende Ergänzungsleistung nicht berechnet und ausbezahlt wurde.

Laut ELG Art.2 Abs.1 dienen die Ergänzungsleistungen zur Deckung des Existenzbedarfs. Dieser ist durch die fehlende Auszahlung nicht gedeckt.

In der ELV Art. 21 wird festgehalten, dass nach Art.19 Abs.4 ATSG Vorschussleistungen zu erbringen sind, wenn die antragsstellende Person ihrer Mitwirkungspflicht vollumfänglich nachgekommen ist. Meine Klientin hat alle vorhandenen Dokumente eingereicht. Die noch nicht vorhandene IV-Verfügung des Ex-Mannes kann nicht als «fehlende Mitwirkungspflicht» gewertet werden.

Für mich ergibt sich folgender Sachverhalt:

  • Die SVA kann die Nachzahlung der Ergänzungsleistungsnachzahlung, die sich auf die Zeit in der meine Klientin noch mit dem Exmann verheiratet war, noch nicht berechnen, da hier der IV-Entscheid des Exmannes noch abzuwarten ist.
  • Mit Vorliegen der Scheidung bzw. Trennung meiner Klientin von ihrem Exmann ist die SVA in der Pflicht für die Existenzsicherung meiner Klientin aufzukommen, da meine Klientin Ihrer Mitwirkungspflicht gänzlich nachgekommen ist und eine Anspruchsberechtigung besteht. Es können demnach auch nach ATSG Art.19 Abs.4 Vorschusszahlungen ausgerichtet werden. Laufende Leistungen, die von der Leistungszahlung des Ex-mannes beeinflusst werden, müssen dann im Rahmen seiner Nachzahlungsberechnung bei Vorliegen der Leistungsberechtigung wieder ausgeglichen werden. Falls keine Leistungsberechtigung seinerseits festgestellt werden kann, ist meine Klientin unabhängig davon auf Ergänzungsleistung angewiesen.

Ich bitte Sie im vorliegenden Fall ab Trennungs- bzw. Scheidungsdatum die beiden Anmeldungen der Klientin und die des Exmannes getrennt zu sehen und zu beurteilen. Allfällige Auswirkungen auf die Leistungshöhe sind im Rahmen einer Nachzahlung gegenzurechnen.

Im ATSG Art.26 Abs. 2 ist ebenso festgehalten, dass, sofern die Mitwirkungspflicht erfüllt ist und ein Anspruch auf Leistung besteht, bei verspäteter Auszahlung der Leistung die SVA verzugszinspflichtig wird.

Ich bitte um erneute Prüfung des Antrags meiner Klientin vom xx.01.24. Bitte teilen Sie mir mit, welche Dokumente/Auszüge sie ergänzend hierfür benötigen.

Freundliche Grüsse

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Die SVA EL Stelle hält jedoch weiterhin an ihrem Entscheid fest.

Was können wir noch tun? Haben wir noch weitere rechtliche Möglichkeiten, gegen den Sistierungs-Entscheid vorzugehen?

 

Freundliche Grüsse

Frage beantwortet am

Peter Mösch Payot

Expert*in Sozialversicherungsrecht

Guten Tag!

Falls der im vorliegenden Fall erwähnte Entscheid der EL-Stelle, keine Vorschussleistungen zu gewähren, per Verfügung mitgeteilt wurde, so kann mit der von Ihnen vorgebrachten Argumentation eine Einsprache eingereicht werden mit dem Antrag, es seien Ergänzungsleistungen im Sinne von Vorschussleistungen gemäss Art. 19 ELV zu gewähren.

Eventualiter würde ich beantragen, dass zumindest im Umfang des unbestrittenen Bedarfs (also in der Höhe die gewährt würde, wenn der Ehemann eine IV-Rente bekommen würde) die Leistungen auszurichten sind. 

Falls die EL-Stelle formlos reagiert hat, so kann eine entsprechende Verfügung verlangt werden.

Wie der Entscheid ausfällt ist offen. Ich schätze die Chancen eher als beschränkt ein. Aber: Es fehlt noch jede Rechtsprechung zu Art. 19 ELV und zur Frage, ob und wie Vorschussleistungen zu gewähren sind, wenn die versicherte Person alle MItwirkungspflichten erfüllt hat, aber aus anderen Gründen, die Berechnung des EL-Anspruchs noch nicht vollständig möglich ist, sei es weil anerkannte Ausgaben oder anrechenbare Einnahmen noch nicht vollständig berechnet werden können.

Ev. kann ein solches Verfahren wie hier zur Rechtssicherheit beitragen.

Ich hoffe, das dient Ihnen.

Prof. Peter Mösch Payot