Guten Tag
Ich bin Beiständin von einem 75-jährigen Mann, welcher im Kanton Bern wohnhaft ist. Anfangs 2020 ist ein Verwandter von ihm verstorben, was zu einer möglichen Erbschaft führt. Bis zum heutigen Tag besteht kein Inventar. Wir haben lediglich das Siegelungsprotokoll und den Stammbaum der Verwandschaft (Erbanteil in Prozent ersichtlich) erhalten und der AHV eingereicht. Weitere Dokumente liegen uns nicht vor.
Das Mandat bezieht Ergänzungsleistungen. Im August 2020 wurde mit der EL-Revision auf ein mögliches Erbe hingewiesen. Mit Verfügung vom 06.04.2021 wurde die EL eingestellt mit der Begründung "Todesfall von Herrn B." und die aufschiebende Wirkung wurde bei einer allfälligen Einsprache entzogen. Die Ausgleichskasse informierte, dass sie bei allfälliger Erbschafsbeteiligung die Ergänzungsleistungen sofort einstellen.
Im Moment ist nicht bekannt, ob das Mandat überhaupt etwas erben wird, bzw. in welcher Höhe, da ein Inventar bis zum heutigen Datum nicht besteht und keine Vermögenswert generiert wurden. Nun stellt die EL jedoch die Leistungen gänzlich ein. Ist der Entscheid der EL rechtens? Dem Mandat fehlen nun finanzielle Mittel für den Lebensbedarf. Auf welcher rechtlichen Grundlage kann diese Verfügung angefochten werden?
Vielen Dank für Ihre Unterstützung.
Frage beantwortet am
Peter Mösch Payot
Expert*in Sozialversicherungsrecht
LIebe Sina
Hier ist eine Einsprache notwendig. Soweit die Höhe des möglichen Erbes nicht hinreichend klar ist, darf eine mögliche Erbschaft nicht an das Vermögen angerechnet werden.
Mit der Einsprache muss verlangt werden:
Anträge
a) Die Verfügung vom 6.4.2021 ist aufzuheben, und die Leistungen gemäss ELG sind weiterhin auszurichten
b) Für die Einsprache ist die aufschiebende Wirkung für die Dauer des Verfahrens wieder herzustellen.
Zur Begründung ist vorzubringen, dass im vorliegenden Fall die Frage, ob und in welcher Höhe ein Erbe vorliegt, gar noch nicht festgestellt ist. Vor diesem Hintergrund ist es nicht korrekt, dass ein Vermögen schon angerechnet wird und somit ein Anspruch auf EL entfällt.
Im Weiteren ist darauf zu verweisen, dass ein Anteil an einer unverteilten Erbschaft ab dem To-deszeitpunkt des Erblassers beim Vermögen DANN anzurechnen ist, sofern über seine Höhe hinreichende Klarheit herrscht (WEL 3443.04 (Stand 1.1.2021) mit Verweis auf Urteil des EVG P8/02 vom 12. Juli 2002 E. 3b; Urteil des BGer 9C_305/2012 vom 6. August 2012
E. 4.1.2 sowie ZAK 1992 S. 326 E. 2c und 2d.
Und dass im vorliegenden Fall eben gerade noch nicht feststeht, ob und wenn ja in welcher Höhe ein Erbanspruch besteht. U.a. weil ein Inventar gar noch nicht erstellt ist.
Zur Begründung der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ist darauf zu verweisen, dass der Entzug der aufschiebenden Wirkung erhebliche Folgen für den Betroffenen hat, weil die Grundlagen der Finanzierung wegfallen und allfällige Sozialhilfe eventuell nicht unmittelbar zur Verfügung steht. Im Weiteren ist zu argumentieren, dass die Sachlage eine gute Chance gibt, dass die Einsprache gutzuheissen ist.
Die Einsprache ist zu unterzeichnen vom Betroffenen oder von Dritten. Dann ist aber eine Vollmacht beizulegen oder ein Beleg des Vertretungsrechts (z.B. ein entsprechendes Mandat der KESB).
Bitte beachte in diesem Fall auch die Frist!
Beste Grüsse
Peter Mösch Payot