Guten Tag
Ich habe ein KL, welcher im Dezember 2022 ein Einkommen hatte. Der temporäre Einsatz wurde nur nach einem Monat gekündigt. KL hat dann für den Januar 2023 einen Überschuss.
Sollen wir diesen Überschuss in den Februar 2023 einrechnen? Gemäss Bankauszug vom 30.01.2023 hat er ein Saldo von CHF 2.-. Somit verfügt er über zu wenig finanziellen Mittel seine Lebenskosten zu bezahlen. Wie sehen Sie das?
Danke für die Rückmeldung.
Frage beantwortet am
Anja Loosli
Expert*in Sozialhilferecht
Guten Tag
Ich bedanke mich für Ihre Frage und beantworte diese gerne wie folgt:
Im Bereich der Sozialhilfe gilt das Subsidiaritätsprinzip (§ 9 SH, SKOS-RL A.3). Eigenleistungen gehen demnach den Sozialhilfeleistungen vor. Bei der Bemessung der Unterstützungsleistungen sind deshalb alle Einnahmen und somit auch Lohn zu berücksichtigen (SKOS-RL D.1, Erläuterungen lit. a). Bei der Anrechnung in die Monatsbudgets ist zu berücksichtigen, für welchen Monat die Einnahme effektiv gedacht ist. So sind Lohnzahlungen, die per Ende eines Monats erfolgen, im folgenden Monat als Einnahmen zu berücksichtigen (SKOS-RL D.1 Erläuterungen lit. d).
Sind die Einnahmen unregelmässig – und das gilt auch, wenn die Anstellung insgesamt lediglich einen Monat dauerte und davor und danach kein Lohn erzielt wurde – so gilt nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung (BGE 8C_325/2012, 24.8.2012, Abschnitte 4.3 und 4.5 und ZESO Praxisbeispiel 1/15) Folgendes: «Die Frage der Anrechenbarkeit von Einkünften stellt sich im sozialhilferechtlichen Sinne so lange, als sich die bedürftige Person in einer Notlage befindet. Eine besondere Problematik ergibt sich bei der Anrechnung von schwankendem Einkommen. Entscheidend ist, für welchen Zeitraum die Bedürftigkeit beurteilt wird. Eine monatliche Prüfung kann je nachdem zu anderen Ergebnissen führen als die Berücksichtigung einer Gesamtperiode. Es ist nicht bundesrechtswidrig und bedeutet insbesondere keine willkürliche Auslegung und Anwendung (Art. 9 BV) der Bestimmungen des (...) Sozialhilferechts, wenn die Überschussabrechnung nicht monatlich erfolgt.» Auch im Sozialhilfehandbuch des Kantons Solothurn ist festgehalten, dass es sich bei unregelmässigem Einkommen rechtfertige, die Beurteilung der Bedürftigkeit z.B. auf drei Monate zu erweitern und allfällige Überschüsse jeweils auf den Folgemonat zu übertragen. Damit würden Sozialhilfebeziehende nicht bessergestellt als andere Personen in bescheidenen finanziellen Verhältnissen, welche ebenfalls Reserven bilden würden für kommende Auslagen.
Fazit: Dies bedeutet für den von Ihnen geschilderten Sachverhalt, dass Sie die Beurteilungsperiode der Bedürftigkeit aufgrund des einmaligen und damit unregelmässigen Lohns im Dezember 2022 auf 2 Monate (oder mehr) verlängern können. Der Dezemberlohn ist grundsätzlich zum Leben im Januar gedacht. Sie haben ihn deshalb richtigerweise im Januar 2023 angerechnet. Den Lohnüberschuss des Januars können Sie gemäss obigen Ausführungen somit im Februar anrechnen, auch wenn das Geld bereits ausgegeben ist. Bedeutet dies für die bedürftige Person, dass sie im Februar zu wenig Mittel zur Verfügung hat, kann ihr ein Vorschuss gewährt werden. Wollen Sie keinen Vorschuss gewähren, müssen der bedürftigen Person aber mindestens im Umfang der Nothilfe finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden (SKOS-RL A.5). Es steht aber in Ihrem Ermessen, die Beurteilungsperiode der Bedürftigkeit nicht über einen Monat hinaus zu verlängern und den Überschuss im Februar nicht anzurechnen. Wählen Sie diese Lösung, ist es wichtig, dies bei allen vergleichbaren Sachverhalten ebenfalls zu tun.
Ich hoffe, Sie mit meiner Antwort unterstützen zu können.
Freundliche Grüsse