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Diverse Fragen zur AHV, IV, PK (sowie dem RAV = Arbeitsrecht ggf. bitte weiterleiten)

Veröffentlicht:
08.10.2018
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialversicherungsrecht

Verfasser: D. von May nicht B. Moritz
Guten Tag
Meine Klientin ist 62.5 Jahre alt und kam mit einem Antrag zu mir, den Sie ausfüllen sollte bzgl. der Anmeldung für AHV Beiträge bei Nichterwerbstätigen. Ihr wurde im 2016 ihre Stelle, bei der sie 21 J. arbeitete, nach längerer psych. Krankheit gekündigt. Seither ist sie aufgrund div. psych. Leiden nicht imstande zu arbeiten und wurde von der Psychiaterin für diesen Zeitraum bisher krankgeschrieben. Aktuell lebte sie von ihren bisherigen Verdiensten, welche jedoch bis Nov. 18 aufgebraucht sein werden.
Sie gibt an, keine Kinder zu haben und stets 100% gearbeitet zu haben bisher. Sie war zuvor auch nie arbeitslos, was ich ihrem Lebenslauf entnehme. Sie ist geschieden.
Ich bin mir bewusst dass diese Fragen evtl. eher einfach zu beantworten sind - SVA ist aber null mein Fachgebiet auf der Familien- und Jugendberatungsstelle. Daher muchas gracias!
Nun stellen sich mehrere Probleme:

  • Frühpensionierung: Macht diese in ihrem Falle Sinn? Sie fürchtet sich vor massiven Einbussen, hatte jedoch gerade in den letzten Jahren einen sehr guten Lohn (über 10'000.- mtl). Ich weiss nicht wie viele Einbussen sie tatsächlich hätte, kann das massiv sein? Wovon nebst der Dauer der Einzahlung der AHV ist dies abhängig?
  • AHV:Sie gibt an "Anrecht auf Vollrente" zu haben - woher kann man das einfach wissen? Einfach mal dort anrufen oder gibt es da Berechnungsvorgaben? Soll sie sich für Anträge für Nichtberufstätige anmelden oder bringt das nur Mehrkosten, die sie aktuell ja kaum stemmen kann?
  • Pensionskasse: Sie teilte mir mit, dass sie zur Rente bewogen worden sei durch die PK. Können und dürfen die das? Wenn ja wie sähe das konkret aus?
  • RAV: Sie erhalte nur 90 Taggelder und nur zu einem Ansatz von 20% ihres früheren Lohns. Kann das stimmen und wenn ja, was wurde da alles an Einstelltagen benutzt? Sie hat eine Anmeldung ans RAV nie gewagt bis im Juni 2018, wo man ihr sagte, sie sei nur für 90 T zugelassen - obschon sie ihr Leben lang einbezahlt hat?
  • Vermögen: Sie hat noch eine Lebensversicherung und ein Haus, wobei sie in letzterem nur mtl. 890.- zahlen müsse. Würde ihr die Sozialhilfe das wegnehmen? Sie sagt die Lebensversicherung könne nicht aufgelöst werden diese stehe im Erbvertrag ihrer Mutter für sie. Davon versteh ich absolut gar nix. Weiterhelfen möchte ich der besorgten Frau, welche die Zusammenarbeit mit der Pro Infirmis leider nicht schätzt, schon.
    Danke im vorus

Frage beantwortet am

Daniel Schilliger

Expert*in Sozialversicherungsrecht

Guten Tag Frau oder Herr von May
Bevor ich zu Ihren Fragen komme, habe ich ein paar Vorbemerkungen:
Sie stellen sehr viele Fragen zu einem relativ komplexen sozialversicherungsrechtlichen Fall. Wie Sie selber schreiben gehören SVR nicht zu Ihrem Fachgebiet. Ich empfehle Ihnen daher primär Ihre Klientin an eine Stelle weiter zu weisen, die sich mit Invalidität bzw. Sozialversicherungen auskennt. Es ist in so einem Fall mit so vielen Möglichkeiten eine Gesamtsicht notwendig. Vielleicht haben Sie die Möglichkeit sie an Gespräche mit der Pro Infirmis zu begleiten, damit diese weitergeführt werden können.
Sie schreiben nichts von der IV. Schauen sie mit der Pro Infirmis, ob nicht eine IV-Anmeldung erwogen werden sollte.
Es kann sich lohnen sich mit den Fragen auch direkt an die Versicherungen zu wenden (z.B. RAV). Diese haben eine Beratungspflicht.
Die Antworten in Kürze:
Die Frühpensionierung kann eine Alternative zur IV sein. In der AHV ist ein Vorbezug ab 62-jährig möglich. Der Vorbezug in der zweiten Säule ist vom Reglement der Pensionskasse abhängig (falls sie überhaupt noch bei einer PK versichert ist). Vorbezüge haben Rentenkürzungen zur Folge. Der Bezug einer allfälligen 3. Säule oder Freizügigkeitsleistungen ist ab dem 59. Altersjahr möglich. Zu diesen Fragen kann beispielsweise auch das Vermögenszentrum beigezogen werden.
Eine Vollrente der AHV bedeutet, dass jemand keine Beitragslücken, also ab 21-jährig jedes Jahr in die AHV einbezahlt hat.
Die Beitragspflicht bei der AHV bleibt bis 64-jährig, auch wenn sie die Rente vorbezieht.
Alternativ zur IV könnten auch ALV Leistungen bezogen werden. Damit müsste sie noch nicht auf ihre Vorsorgegelder greifen. Bedingung wäre die Bereitschaft Arbeit zu suchen und eine minimale Arbeitsfähigkeit für angepasste Tätigkeiten.
Offenbar gilt sie beim RAV als Beitragsbefreit. Denn Beitragsbefreite haben nur Anspruch auf 90 Taggelder. Sie können prüfen, ob das stimmt. Genügend Beitragszeit – und damit Anspruch auf mehr Taggelder - hätte sie, wenn sie in den letzten zwei Jahren vor ihrer RAV-Anmeldung mehr als 12 Monate einbezahlt hat. Beiträge werden entrichtet solange ein Arbeitsverhältnis dauert. Entscheidend ist also, wann das Arbeitsverhältnis gekündigt wurde.
Die Sozialhilfe ist subsidiär zum Vermögensverbrauch. Die Regeln sind aber kantonal verschieden und abhängig von der konkreten Situation. Hierzu könnten sie sich zum Beispiel bei der Gemeinde erkundigen. Die SKOS-Richtlinien sagen dazu: Erweist sich der Verbleib im Wohneigentum als günstige und angemessene Lösung, sind der Hypothekarzins anstelle der Miete und die üblichen Nebenkosten bis auf weiteres zu übernehmen. Gleiches gilt für Gebühren sowie die nötigsten Reparaturkosten. Es besteht aber kein Anspruch auf Erhalt des Wohneigentums. Bei einer längerfristigen Unterstützung ist sorgfältig zu prüfen, ob ein Verkauf und Umzug in eine Mietwohnung nicht günstiger sind.
Freundlicher Gruss
Daniel Schilliger