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Darf die EL-Stelle gestützt auf Art. 14a Abs. 2 lit. a ein hypothetisches Einkommen an Stelle des effektiven Einkommens anrechnen?

Veröffentlicht:
29.07.2020
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialversicherungsrecht

Guten Tag

Die EL-Stelle (Kanton Zürich) berechnet ab Februar 2021 anstelle des Erwerbseinkommens ein hypothetisches Einkommen mit der Begründung, dass die EL-beziehende Person mehr arbeiten könnte und stützt sich auf Art. 14a und 14b ELV. Mit einem IV-Grad von 40% könne die Person anstelle 50%, 60% arbeiten.  
Die Erwägung der EL-Stelle lautet: "Da xy von der Invalidenversicherung mit einem IV-Grad von 40% eine 1/4 Invalidenrente erhält, kann sie noch zu 60% arbeiten. Es kann xy zugemutet werden, dass sie einen angemessenen Beitrag, ihrer Möglichkeiten entsprechend, an den Lebensunterhalt beisteuern kann. Da das effektive Nettoeinkommen tiefer ist als das hypothetische, muss das hypot. Einkommen angerechnet werden. Nach Art. 14 a bzw. 14b ELV ist xy ab 01. Februar 2021 ein Mindestenkommen von netto CHF 19'450.00 pro Jahr anzurechnen."

Die berechtigte Person hat einen Rentengrad von 41%, arbeitet 50% im ersten Arbeitsmarkt. Laut Lohnausweis beträgt das Nettoeinkommen Fr. 26'000.-
Mit der Anrechnung des hypothetischen Einkommens gemäss zittierten Artikeln hat xy weniger EL als mit dem priviligiertem anzurechnenden Einkommen. Die Sozialversicherungsbeiträge sind in der vorliegenden neuen Berechnung / Verfügung nicht miteingerechnet. 

Ich bin der Ansicht, dass die Berechnung gestützt auf Art. 14a Abs. 1 ELV zu erfolgen hat. 

Besten Dank für Ihre Antwort. 

Frage beantwortet am

Daniel Schilliger

Expert*in Sozialversicherungsrecht

Guten Tag

Gemäss Art. 11 Abs. 1 lit. g ELG sind als Einnahmen auch Einkünfte und Vermögenswerte, auf die verzichtet worden ist anzurechnen.

Art. 14a ELV regelt: IV-RentnerInnen wird als Erwerbseinkommen grundsätzlich der Betrag angerechnet, den sie im massgebenden Zeitabschnitt tatsächlich verdient haben. IV-RentnerInnen unter 60 Jahren ist als Erwerbseinkommen jedoch mindestens anzurechnen:

a)       Bei einer Viertelsrente der um einen Drittel erhöhte Höchstbetrag für den Lebensbedarf von Alleinstehenden (25’933)

b)      Bei einer halben Rente der Höchstbetrag für den Lebensbedarf (19 450)

c)       Bei einer Dreiviertelsrente zwei Drittel des Höchstbetrages für den Lebensbedarf (12'966)

Wenn das tatsächliche Einkommen unter den aufgeführten Mindesteinkommen liegt, wird also dieses Mindesteinkommen angerechnet.

Wenn das tatsächliche Einkommen angerechnet wird, werden Gewinnungskosten, Sozialversicherungsbeiträge und ein Freibetrag von 1'000 (Alleinwohnende) bzw. 1'500 (Verheiratete oder mit Kindern) abgezogen. Vom Rest werden 2/3 als Einnahme angerechnet.

Auch vom hypothetischen Einkommen wird der Freibetrag abgezogen und vom Rest 2/3 angerechnet. Bei einer alleinwohnenden Person mit einer Viertelsrente beträgt das hypothetische Einkommen also 25'933. Konkret angerechnet wird jedoch nur 16'622 (25’933-1'000 = 24'933 davon 2/3).

In Ihrem Fall geht die EL zugunsten Ihrer Klientin von einem zu tiefen hypothetischen Einkommen aus. Die Begründung kann darin liegen, dass die Invalidität mit der gemischten Methode festgelegt wurde und im Erwerbsbereich tatsächlich ein IV-Grad zwischen 50 und 60% resultierte. Bei der gemischten Methode ist für das hypothetische Einkommen nur der Erwerbsbereich massgebend.

In Ihrem Fall ist das tatsächliche Einkommen (leicht) höher als das hypothetische. Die EL müsste also vom tatsächlichen Einkommen ausgehen. Eine Einsprache kann sich also lohnen.

Freundlicher Gruss

Daniel Schilliger