Guten Tag
Mein Klient (Kanton Zürich) erhielt subsidiär Arbeitslosen- und Krankentaggelder. Korrekterweise werden diese Taggelder mit der IV-Rente (60% IV-Grad) zurück gefordert.
Die Arbeitslosenkasse verfügt nun, dass mein Klient die subsidiär ausgerichten AL-Taggelder mit einer allälligen PK-Rente oder bei Auszahlung des Pensionskassenvermögens zurück zahlen muss. Bei einer PK-Rente ist dies meiner Ansicht nach korrekt. Wie verhält es sich, wenn mein Klient sich das Pensionskassenvermögen in ein paar Jahren ausbezahlen lassen möchte? Muss er die rund Fr. 40'000.- subsidiär erhaltenen Taggelder zurück zahlen. Wie sieht der gleiche Sachverhalt mit den Krankentaggeldern aus? Müsste mein Klient allenfalls auch die Differenz des fehlenden Betrages, welche die IV-Rente nicht abdeckt später zurück zahlen?
Vielen Dank für Ihre Antwort.
Frage beantwortet am
Peter Mösch Payot
Expert*in Sozialversicherungsrecht
Sehr geehrte Frau Ulrich
Gemäss Art. 95 Abs. 1bis AVIG kann die Arbeitslosenversicherung ihre Taggelder mit später für den selben Zeitraum laufenden Renten oder Taggeldern der PK und anderer Sozialversicherungen zurückfordern. Allerdings nur im Umfang der für den entsprechenden Zeitraum ausgerichteten Leistungen(so genannter Grundsatz der Zeitidentität).
Eine Rückforderung geleisteter ALV-Leistungen bei einem Vorbezug von Pensionskassenrenten oder Freizügigkeitskapital wäre mangels Kongruenz unzulässig. Denkbar wäre nur eine Rückforderung mit kapitalisierten Renten im Umfang des zeitlich und sachlich kongruenten Vorschusses.
Das AVIG kennt keine entsprechende Grundlage für die Nachzahlung von Krankentaggeldern. Insoweit müsste die Arbeitslosenkasse eine Abtretung einverlangt haben, um sich diese auszahlen und verrechnen zu lassen.
Die Krankentaggeldversicherung nach VVG (so meine Annahme) wiederum kann bzgl. Ihrer Vorschüsse die direkte Auszahlung von späteren rückwirkenden Zahlungen der IV, der PK etc. verlangen, wenn sie dies im Reglement vorgesehen hat und entsprechende Drittauszahlungen/Abtretungen hat unterschreiben lassen. Das ist heute Standard bei den Krankentaggeldversicherern. Auch insoweit ist zu beachten, dass der Grundsatz der Zeitidentität zu beachten ist. Im Weiteren ist eine Rückforderung umstritten/in Frage zu stellen, wenn die Taggeldversicherungsprämien einzig und allein vom Versicherten bezahlt wurden (Einzelversicherung), weil dann die Kongruenz fehlt als Voraussetzung der Verrechnung.
Im vorliegenden Fall scheint mir vor allem die Rückforderung aus "Pensionskassenvermögen" etwas unklar. Ich rate Ihnen in einem ersten Schritt bei der Arbeitslosenkasse informell nachzufragen, auf welche rechtlichen Grundlagen sie sich stützt, und was sie vor allem mit "Pensionskassenvermögen" genau meinen (Freizügigkeitskapital, PK-Vorbezug etc.).
Bitte melden Sie sich dann bei Bedarf mit der Antwort der Arbeitslosenkasse bei mir und dann mit einer anonymisierten Kopie der Verfügung auf moeschpeter@bluewin.ch (oder über Incamail zur Wahrung des Datenschutzes).
Ich hoffe, das dient Ihnen.
Prof. Peter Mösch Payot