Sehr geehrter Herr Mösch,
eine Klientin die aktuell im Akutspital hospitalisiert ist, wurde zur Nachsorge in eine Rehaklinik angemeldet. gemäss KVG Art .25 d gehören angeordnete Massnahmen der medizinischen Rehabilitation zu den allgemeinen Leistungen bei Krankheit. Wir haben vorgängig Kostengutsprache bei der Versicherung beantragt und diese wurde bei 2 maliger Wiedererwägung bereits schon 3 mal abgelehnt. Die Begründungen wirken für uns fadenscheinig. Die Klientin hat mit Unterschrift bei der Kasse eine beschwerdefähige Verfügung verlangt. Diese wurde nicht erteilt. Ich bin der Ansicht, dass es sich hierbei um Rechtsverweigerung handelt. Teilen Sie diese Auffassung & wie ist hier weiter vorzugehen?
Besten Dank für Ihre Rückantwort und freundliche Grüsse
Anja Keller
Frage beantwortet am
Peter Mösch Payot
Expert*in Sozialversicherungsrecht
Sehr geehrte Frau Keller
Danke für Ihre Anfrage. Entschuldigen Sie die Wartezeit.
Zuerst zum materiellen Recht und der Frage des Anspruchs auf Leistungen:
Tatsächlich kann unter Umständen ein Anspruch auf medizinische Rehabilitation bestehen (vgl. Art. 25 Abs. 2 lit. d KVG und Anhang 11 KLV). Stationäre Rehabilitationen bedürfen dabei Spitalbedürftigkeit und einer vorherigen KoGu (vgl. BGE 126 V 323). Kein Anspruch auf stationäre Reha besteht, wenn diese ambulant oder in einem Kurmilieu durchgeführt werden kann. Dann werden Unterkunft und Verpflegung nicht übernommen, selbst wenn dies wohnortsfern stattfinden muss (siehe BGer 9C_143/2014).
Dann zur Frage der Verfügung: Gemäss Art. 80 Abs. 1 KVG kann eine Leistungszusprechung im formlosen Verfahren gemäss Art. 49 bis 51 ATSG erfolgen. Bei fehlendem Einverständnis der versicherten Person besteht aber eine Verfügungspflicht (vgl. Art. 49 Abs. 1 ATSG und BGE 133 V 188 E.3.3).
Vor diesem Hintergrund ist es eine Rechtsverweigerung für so eine wesentliche Leistung trotz expliziter schriftlicher Aufforderung nicht in einer formellen Verfügung zu erlassen.
Ich rate Ihnen dazu, nochmals unter Androhung einer Rechtsverweigerungsbeschwerde (nach Art. 56 Abs.2 ATSG), eine formelle begründete Verfügung über die Leistung mit Rechtsmittelbelehrung (Einsprache) zu verlangen.
Erfolgt dies nicht ist eine Rechtsverweigerungsbeschwerde an die Gerichtsinstanz zu prüfen.
Alternativ könnte es ratsam sein, dass die Klientin (dies muss sie persönlich tun, Anfragen von FAchstellen und -Personen werden nicht bearbeitet) sich an die Ombudsstelle der Krankenversicherung in Luzern (www.om-kv.ch) wendet, um eine informelle Regelung zu finden.
Ich hoffe, das dient Ihnen.
Peter Mösch Payot
Sehr geehrter Herr Mösch,
besten Dank für Ihre Antwort. Wir haben parallel im Auftrag der sehr schwachen, sich im fortgeschrittenen Alter befindlichen Patientin bei der KVG-Ombudsstelle angefragt. Uns wurde gesagt, dass die Krankenkasse die Verfügung spätestens nach 30 Tagen zu erlassen hat. Diese Frist ist für ein Akutspital nicht praktikabel. Wegen des Grundsatzes der Spitalbedürftigkeit bei Rehabilitation muss die Patientin im Akutspital verbleiben, bis eine entsprechende Verfügung vorliegt. Durch die längere Verweildauer im Akutspital sind insbesondere gesundheitlich vulnerable Patienten der Gefahr ausgesetzt, sich Infekte zuzuziehen und damit den Gesundheitszustand zu verschlechtern. Im konkreten Fall ist dies auch geschehen und die Patientin erlitt durch den verlängerten Spitalaufenthalt einen Atemwegsinfekt
Gibt es eine Möglichkeit, diese Frist abzukürzen? Im konkreten Fall hat die Patientin sich, zwischenzeitlich wieder zu Kräften gekommen, bei ihrer Krankenkasse beschwert und wir haben mittlerweile eine Kostengutsprache erhalten. Trotzdem scheint es mir diese Regelung nicht situationsadäquat.
Gibt es weiterhin die Möglichkeit, Schadensersatz für den erlittenen Gesundheitsschaden zu fordern? Wenn ja, was wäre die gesetzliche Grundlage?
Besten Dank für Ihre Rückantwort und freundliche Grüsse
Anja Keller
Frage beantwortet am
Peter Mösch Payot
Expert*in Sozialversicherungsrecht
Sehr geehrte Frau Keller
Sie erwähnen hier zu Recht einen heikle Punkt, der haftpflichtrechtlich von Bedeutung sein könnte.
Allerdings dürfte es in einem Schadenfall nicht ganz einfach sein, die kausale Verursachung des Schadens durch das Verhalten der Krankenkasse zu belegen. Zumal dieses für eine Haftung denn auch noch pflichtwidrig sein müsste. Das wäre es wohl im Einzelfall nur, wenn es keinen Anlass geben würde, sich für den Entscheid zur Kostengutsprache Zeit zu nehmen. Ein solcher "Muster"prozess wäre mit anwaltschaftlicher Hilfe vorsichtig vorzubereiten.
Ich rate Ihnen, in dringlichen Fällen im konkreten Fall auf dem Wege der Verständigung ein beschleunigtes Vorgehen zu bewirken.
Im Übrigen ist die Problematik geeignet, dass auf politischer Ebene eine Lösung gesucht wird, ev. in Verhandlungen des Spitalverbandes (H+) mit den Krankenkassenverbänden.
Ich hoffe, das dient Ihnen.
Peter Mösch Payot
Sehr geehrter Herr Mösch,
besten Dank für Ihre Antwort. Ich werde prüfen, ob wir hier via H + Schritte einleiten können. Wir haben verschiedentlich auf dem Verhandlungswege versucht, mit der Kasse eine Lösung zu finden, doch der Versicherer stellte sich einfach stur. Weshalb uns nur die Rechtsmittel zur Verfügung standen.
Freundliche Grüsse
Anja Keller