Zum Inhalt oder zum Footer

Berücksichtigung gepfändete Quote

Veröffentlicht:
12.09.2022
Kanton:
Bern
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialhilferecht

Wir haben bislang bei Unterstützungsbeginn bei der Anspruchsprüfung im Falle einer Lohnpfändung den gesamten Lohn eingerechnet, d.h. auch die gepfändete Quote. Wenn beim BEX die Miete und Krankenkasse nicht berücksichtigt wurde, haben wir diese i.d.R. einmalig übernommen, um eine Anpassung des BEX zu erlangen. Dies in Form einer Bevorschussung mit Rückerstattungsverpflichtung, wenn kein Anspruch auf Sozialhilfe bestand und es darum ging, die Miete und KK-Prämie einmalig zu übernehmen, damit diese Ausgaben im BEX berücksichtigt werden. 

Ist dieses Vorgehen korrekt oder darf die gepfändete Quote aufgrund des Tatsächlichkeitsprinzips in der Soziahilfe bei den Einnahmen nicht berücksichtigt werden?

Besten Dank für Ihre Antwort. 

Frage beantwortet am

Anja Loosli

Expert*in Sozialhilferecht

Guten Tag

Einleitend ist festzuhalten, dass Personen mit einer Einkommenspfändung grundsätzlich nicht bedürftig sein sollten, weil das Einkommen nur bis zur Höhe des betreibungsrechtlichen Existenzminimums gepfändet werden dürfte. Es kommt aber dennoch vor, dass Personen mit einer Einkommenspfändung bedürftig sind, weil das Betreibungsamt nicht alle Ausgaben berücksichtigt.

In der Sozialhilfeverordnung des Kantons Bern findet sich in Art. 9 eine Bestimmung zur Einkommenspfändung. Dort ist festgehalten, dass die wirtschaftliche Hilfe bei einer laufenden Einkommenspfändung nach dem betreibungsrechtlichen Existenzminimum bemessen wird, sofern dieses unter dem Ansatz der SKOS-RL liegt. Im Sozialhilfehandbuch der BKSE finden sich Empfehlungen, wie dies konkret umgesetzt werden soll: Liegt bei einer laufenden Einkommenspfändung (d.h. es ist ein effektiv gepfändeter Lohn vorhanden, und nicht bloss ein Betreibungsverfahren hängig) das korrekt berechnete BEX unter dem Ansatz der SKOS-Richtlinien, so besteht kein Anspruch auf Sozialhilfeleistungen (Art. 9 SHV). Ein den Grundbedarf gemäss SKOS-Richtlinien nicht deckendes BEX ist somit nicht durch Sozialhilfe zu ergänzen oder mit anderen Worten: die gepfändete Lohnqoute darf nicht durch die Sozialhilfe ergänzt werden. Somit ist das Bruttoeinkommen ohne Abzug des gepfändeten Lohns als Einkommen anzurechnen. 

Damit weicht der Kanton Bern von den SKOS-RL ab, die vorsehen, dass nur diejenigen Einnahmen zu berücksichtigen sind, die tatsächlich zur Verfügung stehen (SKOS-RL D.1) und damit nur der Nettolohn (Bruttolohn abzüglich gepfändeter Quote).

Ergänzend sei ausgeführt, dass im Sozialhilfehandbuch der BKSE emfpohlen wird, dass bei Unterstützungsbeginn von der Sozialhilfe überprüft wird, ob der BEX korrekt berechnet ist, dass die Sozialhilfe beim Betreibungsamt interveniert, wenn er falsch berechnet wurde und in diesem Fall vorerst auch die fälschlicherweise nicht berücksichtigten Posten übernimmt. Dies gilt nicht für den Fall, dass die Lohnpfändung während der Unterstützung verfügt wird. 

Freundliche Grüsse