Sehr geehrte Damen und Herren
Wir bitten Sie um eine rechtliche Einschätzung zu folgendem Fall:
Ein Rentner lebt aufgrund seiner Pflegebedürftigkeit in einem Altersheim. Seine Ehefrau lebt weiterhin in der ehelichen Wohnung. Beide Ehepartner erhalten separate EL, basierend auf einer hälftigen Anrechnung der AHV- und Pensionskassenrenten. Während die Ehefrau mit den EL auskommt, verbleibt beim Ehemann ein ungedeckter Betrag.
Wir bitten um Klärung der folgenden Fragen:
- Wie erfolgt die Berechnung der Sozialhilfe für den Ehemann? Wie wird insbesondere ein allfälliger Überschuss der Ehefrau berechnet und berücksichtigt?
- Werden die Ehepartner in einem solchen Fall bei der Berechnung als eine Unterstützungseinheit behandelt, oder gilt für den Ehemann eine separate Unterstützungseinheit?
Vielen Dank für Ihre Antwort.
Freundliche Grüsse
Frage beantwortet am
Anja Loosli
Expert*in Sozialhilferecht
Guten Tag
Ich bedanke mich für Ihre Fragen, die ich gerne folgendermassen beantworte:
In § 32 Abs. 3 der Sozialhilfe- und Präventionsverordnung (SPV) des Kantons Aargau ist definiert, dass unter anderem Ehepaare eine Unterstützungseinheit bilden, wenn sie einen gemeinsamen Haushalt führen.
Ich verstehe den Sachverhalt so, dass der Ehemann dauernd im Pflegeheim lebt und die Ehegatten deshalb keinen gemeinsamen Haushalt mehr führen. Sie stellen nach § 32 Abs. 3 SPV deshalb keine Unterstützungseinheit dar und sind damit separat zu unterstützen oder mit anderen Worten: Es ist für beide Ehepartner ein separates Unterstützungsdossier zu führen und ein eigenes Unterstützungsbudget zu erstellen.
Dabei bleiben allerdings die gegenseitigen Unterhaltspflichten bestehen (Art. 163 des Zivilgesetzbuches [ZGB]) und gehen der Sozialhilfe vor. Beide Ehepartner müssen ihren Bedarf auf das in der Sozialhilfe geltende Niveau anpassen. Der allfällige Überschuss ist dem anderen Ehepartner zu überlassen. Mehrauslagen, welche aufgrund des Getrenntlebens entstehen, sind nur von der materiellen Hilfe zu übernehmen, wenn das Getrenntleben gerichtlich geregelt ist oder sonst wichtige Gründe dafür bestehen. Wichtige Gründe können unter anderem sein, wenn das Zusammenleben aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr möglich ist. In solchen Fällen kann es ratsam sein, eine gerichtliche Festlegung von Unterhaltsbeiträgen zu verlangen (siehe Kapitel 6.1 Sozialhilfehandbuch Kanton Aargau).
Da der Ehemann vorliegend im Pflegeheim lebt, ist das Zusammenleben aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr möglich. Die Mehrauslagen aufgrund der getrennten Haushalte sind deshalb bei beiden Ehegatten zu berücksichtigen. Hat die Ehefrau basierend auf dem Niveau der Sozialhilfe einen Einnahmeüberschuss, kann aufgrund der nach wie vor bestehenden Unterhaltspflicht dieser Überschuss beim Ehemann als Einnahme angerechnet werden.
Ist die Ehefrau nicht einverstanden mit der Anrechnung eines allfälligen Überschusses als Einnahme des Ehemannes, ist es allenfalls ratsam, eine gerichtliche Festlegung von Unterhaltsbeiträgen zu verlangen.
Ich hoffe, Ihnen mit meiner Antwort helfen zu können.
Freundliche Grüsse