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Berechnung Konkubinat

Veröffentlicht:
01.10.2020
Kanton:
Zug
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialhilferecht

Guten Tag

Gerne wollte ich mich bei Ihnen wegen dem Konkubinats Beitrag erkundigen.

Ich habe eine Familie, die seit 20 Jahren im Konkubinat lebt, gemeinsame Kinder haben (4 Stk. 1 Volljährig, 3 Minderjährig). Nur die Mutter hat den Antrag auf WSH beantragt.

Meine Frage nun an Sie, Wie muss ich für die Berechnung vorgehen?

Habe ich das richtig verstanden das es vier mögliche Berechnungswege gäbe?

1.     Alle Kinder beim Vater ins Budget und nur Mutter WSH

2.     Alle Kinder bei Mutter mit WSH, Partner über Konkubinats Beitrag

3.     Oder 2 Kinder bei Mutter berechnen und 2 Kinder beim Vater?

4.     Kann diese Familie auch als Verheiratetes Ehepaar betrachtet / berechnet werden?
(weil sie schon so lange zusammen sind und gemeinsame Kinder haben und somit einem Verheiratetem Ehepaar gleichkommen?)

Weiter Stellt sich auch die Frage des Vermögensfreibetrages. Wie hoch wäre der?

Auf den Vater sind 1 Motorrad und Fahrzeug eingelöst, auf den 18-Jährigen Sohn ebenfalls ein Motorrad. Hr. & Fr. haben diverse Konten (8 Stk.) welche gemeinsam geführt werden. Wie müsste dieses Vermögen verteilt werden?

Besten Dank für Ihre Rückmeldung und freundliche Grüsse

Frage beantwortet am

Ruth Schnyder

Expert*in Sozialhilferecht

Sehr geehrte Frau Cortes

Vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne wie folgt beantworte:

 

-        Betrachtung als Ehepaar

Eine Partnerschaft kann nur als Ehepaar betrachtet werden, wenn es auch tatsächlich verheiratet ist. D.h. durch die Trauung werden Ehegatten zur ehelichen Gemeinschaft verbunden und zu gegenseitigem Beistand und Sorge verpflichtet (Art. 159 ZGB). In Ihrem Fall sind die Partner bzw. Eltern der Kinder nicht verheiratet. Daran ändert auch nicht ihre langjährige Partnerschaft, d.h. die Betrachtung als Ehepaar wäre rechtlich unzulässig.

 

-        Stabiles Konkubinat

Vielmehr ist es so, dass aus sozialhilferechtlicher Sicht ein stabiles Konkubinat vorliegt. Weder im SHG noch in der SHV des Kantons Zug sind Regelungen zum Konkubinat zu finden. Es sind für diese Frage die SKOS-Richtlinien (SKOS-RL) zu konsultieren, wonach sich im Kanton Zug die Ausgestaltung und das Ausmass der Unterstützung (§§ 20 und 29 SHG) richten, wobei der Regierungsrat abweichende Vorschriften erlassen kann (§ 9 SHV ZG). Das stabile Konkubinat ist eine besondere Form der familienähnlichen Wohn- und Lebensgemeinschaft (Kap. B.2.3 SKOS-RL). Beim stabilen Konkubinat sehen die SKOS-RL vor, dass kein gemeinsames Budget erstellt wird (so auch das Handbuch Sozialhilfe des Kantons Zug auf S. 80), stattdessen ein Konkubinatsbeitrag angerechnet wird. Vorausgesetzt wird ein Zusammenleben von mindestens 2 Jahren oder mit einem gemeinsamen Kind. Sie erwähnen nicht explizit, dass die Familie zusammenlebt, aber davon gehe ich aus – falls dem nicht so wäre, lassen Sie es mich wissen.

 

-        Anrechnung und Bemessung eines Konkubinatsbeitrags

Demnach ist die Anrechnung eines Konkubinatsbeitrages in ihrem Fall angezeigt. Vorrangig wäre nach den Praxishilfen H.10 SKOS-RL jedoch das Vermögen folgendermassen zu berücksichtigen:

Überschreitet das Vermögen den Freibetrag für Genugtuung und Integritätsentschädigung (Kap. E.2.1 SKOS-RL), ist zunächst das Vermögen für den ganzen Haushalt bis zum Freibetrag zu verbrauchen, bevor Sozialhilfe beantragt werden kann. Der Freibetrag würde sich vorliegend wie folgt berechnen:

Fr. 25'000 für den nicht unterstützten Partner

Fr. 30'000 für die beiden minderjährigen Kinder

Total Fr. 55'000

D.h. übersteigt das Vermögen des nicht unterstützten Partners diesen Betrag, so wäre der übersteigende Teil für den gesamten Haushalt vorrangig zur Sozialhilfe zu verwenden. Nicht berücksichtigt wird dabei das Vermögen des volljährigen Kindes, da dieses keine Leistungspflicht gegenüber seiner Mutter trifft. Im Gegenzug wird für das volljährige Kind aber auch kein Vermögensfreibetrag zu Gunsten des nicht unterstützten Partners vorgesehen. Ob dies so rechtlich korrekt ist, muss ich vorliegend offenlassen.

Gibt es kein Vermögen über Freibetrag oder ist es verbraucht, dann wird die Leistungsfähigkeit des nicht unterstützten Partners in Bezug auf einen Konkubinatsbeitrag abgeklärt. Zur Zuteilung der Kinder kann Folgendes den Praxishilfen H.10 entnommen werden:

«Der nicht unterstützte Konkubinatspartner hat bei gegebener Leistungsfähigkeit für die vollen Kosten gemeinsamer, im gleichen Haushalt lebender Kinder aufzukommen.

Nur wenn er nicht vollumfänglich für gemeinsame Kinder aufkommen kann, werden diese im Budget der unterstützten Person berücksichtigt.

In diesem Fall wird der Konkubinatsbeitrag jedoch auf Basis des SKOS-Budgets ohne die nachfolgenden Erweiterungen berechnet.»

D.h. zunächst wäre auf Seiten des nicht unterstützten Konkubinatspartners ein SKOS-Budget mit den Erweiterungen zu erstellen und die Kinder in das Budget einzubeziehen. Da es gemeinsame Kinder sind, darf die Erweiterung «Schuldentilgung» nicht berücksichtigt werden. Kann der nicht unterstützte Partner, den gesamten Bedarf decken, dann geht ein allfälliger Überschuss als Konkubinatsbeitrag an die unterstützte Partnerin. Kann er den Bedarf aber nicht decken, dann sind die Kinder ins Budget der bedürftigen Partnerin aufzunehmen. In diesem Fall würde der Konkubinatsbeitrag auf Seiten des nicht unterstützten Partners ohne jegliche Erweiterungen bemessen werden.

 

-        Besonderheit: Berücksichtigung des volljährigen Kindes bei der Bemessung des Konkubinatsbeitrages

Ob nur die minderjährigen Kinder einzubeziehen sind, oder auch volljährige im gemeinsamen Haushalt, beantworten die Praxishilfen nicht. Das volljährige Kind kann, wenn überhaupt, nur einbezogen werden, wenn die Eltern ihm gegenüber noch eine Unterhaltpflicht trifft. Das ist dann der Fall, wenn sich das erwachsene Kind noch in Erstausbildung befindet (Art. 277 Abs. 2 ZGB). Für den Einbezug des erwachsenen unterhaltsberechtigten Kindes sprechen die sog. «Erweiterungen». Danach sind Unterhaltszahlungen gegenüber Kindern, welche nicht im gleichen Haushalt wohnen, als zusätzliche Ausgabeposten zu berücksichtigen. Daraus könnte der Umkehrschluss gezogen werden, dass alle unterhaltsberechtigte Kinder (auch volljährige) im gleichen Haushalt in den Grundpositionen berücksichtigt werden, indem sie mit dem nicht unterstützten Konkuben bzw. Elternteil als Unterstützungseinheit betrachtet werden. Dagegen spricht, dass üblicherweise erwachsene unterhaltsberechtigte Kinder nicht (mehr) in der Unterstützungseinheit der Eltern berücksichtigt werden, sondern eine eigene Unterstützungseinheit bilden (so auch das Handbuch Sozialhilfe des Kantons Zug, S. 80). Schaut man die neuen SKOS-RL gültig ab 1.1.2021 (abrufbar auf www.skos.ch) an, so steht in der Praxishilfe zu D.4.4 «Erweitertes SKOS-Budget, Praxishilfe SKOS 2020» beim Grundbedarf für den Lebensunterhalt (C.3) «Ausgehend von der gesamten Unterstützungseinheit der nicht unterstützten Person». Die Unterstützungseinheit wird in den ab 1.1.2021 gültigen SKOS-RL wie folgt erläutert (Erläuterung b zu C.2 SKOS-RL):

 «Der Begriff der Unterstützungseinheit umschreibt die mit einer um Unterstützung ersuchenden Person zusammenwohnenden Personen, für die sie unterhaltspflichtig ist, sei dies wegen elterlichem oder ehelichem Unterhaltsrecht oder wegen dem Unterhaltsrecht zwischen eingetragenen Partnern.»

Diese Definition würde dafür sprechen, dass das erwachsene unterhaltsberechtigte Kind miteinbezogen werden kann, was in der Praxis aber eher unüblich ist.

Letztlich kann ich diese Frage nicht absolut beantworten.

 

-        Pragmatische und rechtlich vertetbare Lösung zur Bemessung des Konkubinatsbeitrages mit volljährigem Kind

Ich könnte mir als pragmatische Lösung Folgendes vorstellen:

Beim ersten Schritt des erweiterten SKOS-Budgets ohne Schuldentilgung wären im vorliegenden Fall alle Kinder im gemeinsamen Haushalt mit dem nicht unterstützten Partner und Vater einzubeziehen, d.h. Basis 5-Personenhaushalt. Dabei wären auch die Einkommen der Kinder bis maximal Höhe des Kindesbedarfes einzubeziehen, z.B. Lehrlingslohn, Stipendien (sämtliche, falls auch Ausbildungsausgaben berücksichtigt werden).

Im Fall eines Einnahmenüberschusses: In diesem Umfang erfolgt die Anrechnung eines Konkubinatsbeitrags an die alleine unterstützte Partnerin und Mutter der Kinder.

Im Fall eines Ausgabenüberschusses: Die drei minderjährigen Kinder wären in das Budget der Partnerin und Mutter aufzunehmen. Das volljährige unterhaltsberechtigte Kind könnte diesfalls beim nicht unterstützten Partner und Vater belassen werden. Der Konkubinatsbeitrag wäre anschliessend ohne Erweiterungen zu berechnen. Dabei kämen die oben erwähnten Grundsätze bei der Berücksichtigung der Einnahmen des Kindes ebenfalls zur Anwendung.

Die für das erwachsene Kind ungünstigere und weniger pragmatischere Variante wäre, wenn es nicht einbezogen würde. In diesem Fall würde der Konkubinatsbeitrag nur auf Basis des Bedarfs des nicht unterstützten Partners bemessen werden. Auf Seiten der Sozialhilfe müsste dann aber abgeklärt werden, ob das erwachsene Kind alleine zu unterstützen wäre. Für diese Variante könnte letztlich sprechen, wenn das Kind ein Vermögen über Fr. 4000 besitzen würde. So könnte es verpflichtet werden, das Vermögen bis Fr. 4000 für seinen Bedarf aufzubrauchen. Aus meiner Sicht bestehen hier Ermessensspielräume, die zu Gunsten des sich in Ausbildung befindlichen Kindes genutzt werden könnten.  

 

- Schlussfolgerung

Die dargelegte Rechtslage führt dazu, dass die von Ihnen genannte Variante 1 möglich ist, wenn der Vater den Unterhalt aller Kinder decken kann, und zwar auf Basis des erweiterten SKOS-Budgets ohne Schuldentilgung. Die Variante 2 käme im Fall eines Ausgabenüberschusses zum Tragen, jedoch kommt aus meiner Sicht nicht in Frage, dass das volljährige Kind in der Unterstützungseinheit der Mutter berücksichtigt würde, vielmehr wäre es beim Vater zu berücksichtigen, oder allenfalls als eigene Unterstützungseinheit. Für die Variante 3 sehe ich keine Basis.

Ergänzend möchte ich abschliessend noch Folgendes festhalten: Kann das volljährige Kind für sich selber sorgen und würde es sogar einen Einnahmenüberschuss vorweisen, wäre legitim, dass eine Haushaltsentschädigung geprüft würde, wenn die Mutter für das volljährige Kind den Haushalt besorgt (vgl. dazu Kap. F.5.2 SKOS-RL).

Ich hoffe, Ihnen damit Ihre Fragen beantwortet zu haben.

Freundliche Grüsse

Ruth Schnyder