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Berechnung der Beitragsfähigkeit von Eltern bezüglich der Unterhaltsbeteiligung an Platzierungskosten (Art. 276 ZGB)

Veröffentlicht:
15.03.2022
Kanton:
Wallis
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialhilferecht

Mit Bezug auf oben erwähntem Gesetzesartikel sind Eltern dazu verpflichtet, gemeinsam oder jeder Elternteil nach seinen Kräften sich gebührend am Unterhalt des Kindes zu beteiligen (Kosten f. Betreuung, Erziehung, Ausbildung und Kindesschutzmassnahmen).

Die kant. Gesetzgebung über die Sozialhilfe regelt in ihrer Weisung im Abschnitt 26 auf S. 95ff das Verfahren zur Kostenübernahme für Platzierungen und zur Festlegung der finanziellen Beteiligung der Eltern / des Kindes. Entbindet ein Obhutsentzug oder ein Sorgerechtsentzug einen Elternteil an der Pflicht, sich an der Finanzierung einer Kinderschutzmassnahme finanziell beteiligen zu müssen?

Ich danke für die Bearbeitung unserer Fragestellung.

Freundlicher Gruss

Frage beantwortet am

Ruth Schnyder

Expert*in Sozialhilferecht

Guten Morgen

Gerne beantworte ich Ihre Frage. Wie Sie richtig darlegen, gehören die Finanzierung von Kindesschutzmassnahmen zur Unterhaltspflicht der Eltern nach Art. 276 ZGB. Die Unterhaltspflicht der Eltern ist vorrangig gegenüber der Sozialhilfe (Art. 31 GES und Art. 40 GEV). Die von Ihnen zitierten Weisungen im Bereich Kindesschutzmassnahmen stützt sich darauf. Besteht demnach eine gesetzliche Unterhaltspflicht der Eltern, ist diese im Kontext von Kindesschutzmassnahmen einzufordern, welche wie gesagt zur Unterhaltspflicht gehören.

Bei einem Sorgerechtsentzug nach Art. 312 ZGB verlieren die Eltern ihre Rechte und Pflichten gemäss Art. 301-304 und 318 ff. Sie haben keinen Anspruch mehr darauf, dass ihnen das Kind überlassen wird, verfügen nicht mehr über das Erziehungs- und Vertretungsrecht sowie die Befugnisse rund um das Kindesvermögen. Hingegen hat der Sorgerechtsentzug keinen Einfluss auf die «verwandtschaftlichen» Verhältnisse. Dazu gehört unter anderem die Unterhaltspflicht der Eltern nach Art. 276 ZGB, welche alleine noch durch Geldzahlung erfüllt werden kann, da Pflege und Erziehung nicht mehr möglich ist (siehe dazu Michelle Cottier, in: Kurzkommentar ZGB, Hrsg. Andrea Büchler, Dominique Jakob, 2. Auflage 2018, Art. 312 Rz. 6). Desgleichen gilt für die Aufhebung des Aufenthaltsbestimmungsrechts nach Art. 310 ZGB. Damit wird das Recht zur Bestimmung des Aufenthalts und zur unmittelbaren Fürsorge und Erziehung entzogen (Art. 301 Abs. 1 und 3 ZGB). Neben weiteren Rechten bleibt aber weiterhin die Unterhaltspflicht nach Art. 276 ZGB bestehen (dazu Michelle Cottier, a.a.O., Art. 310 Rz. 5).

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass weder bei der Aufhebung des Aufenthaltsbestimmungsrechts noch bei einem Sorgerechtsentzug die Unterhaltspflicht nach Art. 276 ZGB entfällt und die betroffenen Eltern sich an der Fianzierung von allfälligen Kindesschutzmassnahmen beteiligen müssen. 

Ich hoffe, Ihnen damit Ihre Frage beantwortet zu haben.

Freundliche Grüsse

Ruth Schnyder