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Beistandschaft KS bei KESB für die Vermögensverwaltung beantragen

Veröffentlicht:
11.01.2023
Kanton:
Schwyz
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Kindes- und Erwachsenenschutz

Die Beistandsperson führt innerhalb der gleichen Familie sowohl zwei Kindsschutzmandate als auch ein Erwachsenenschutzmandat.

Aufträge der Beistandsperson gemäss Ernennungsurkunde (KS Art. 308 Abs. 1 + 2):

  • Den Eltern in der Sorge und in der Erziehung um die Kinder beizustehen und sie mit Rat und Tat zu unterstützen;
  • Die Eltern bei der Installierung allfälliger weiterer Entlastungsmassnahmen (bspw. Assistenzpflegeperson) und insbesondere bei der Sicherstellung der Finanzierung dieser Massnahmen zu unterstützen;
  • lm Sinne eines Case-Management die Zusammenarbeit der involvierten Stellen

zu koordinieren, sicherzustellen und zu überwachen.

Aufträge der Beistandsperson gemäss Ernennungsurkunde (ES Art. 394 i.V.m. 395):

  • Elternteil beim Erledigen der finanziellen Angelegenheiten zu vertreten, insbesondere sein Einkommen und Vermögen sorgfältig zu verwalten;
  • Elternteil beim Erledigen der administrativen Angelegenheiten zu vertreten, insbesondere im Verkehr mit Behörden, Ämtern, Banken, Post, (Sozial-) Versicherungen, sonstigen Institutionen und Privatpersonen besorgt zu sein;

Ausgangslage:

Die Kinder haben eine starke körperliche und kognitive Beeinträchtigung. Die Eltern leben zusammen. Die Familie erhält pflegerische Unterstützung durch Assistentinnen (Assistenzbeiträge, HE, IV, EL). Einen Elternteil arbeitet nicht und ist neben den Assistenzpersonen (täglich 2 Pers.) für die Betreuung der Kinder zuständig. Der andere Elternteil arbeitet seit kurzem in Form von unregelmässigen kurzen Arbeitseinsätzen (ca. 10-30%) und ist kaum bei der Kinderbetreuung involviert. Die Eltern haben kein zusätzliches Einkommen. Aufgrund von Interessenkonflikte wird die Beistandschaft des einen Elternteil an eine andere Beistandsperson übertragen. Die Eltern finanzieren sich mehrheitlich ihren Lebensunterhalt durch die Einnahmen der Kinder.

Frage beantwortet am

Karin Anderer

Expert*in Kindes- und Erwachsenenschutz

Grüezi

Entschuldigen Sie bitte die verspätete Antwort, Ihre Anfrage ist bei mir versehentlich liegengeblieben.

Die Kindesvermögensverwaltung ist eine Aufgabe, die den Eltern kraft ihrer elterlichen Sorge zukommt. Können oder wollen sie diese Aufgabe nicht wahrnehmen oder geben sie Anlass zu einer Kindeswohlgefährdung, so hat die KESB Kindesschutzmassnahmen nach Art. 307 Abs. 1 i.V.m. Art. 318 ff. ZGB zu prüfen.

Folgende Grundsätze sind auf die Kindesvermögensverwaltung anzuwenden: Die Eltern haben das Kindesvermögen von ihrem eigenen Vermögen strikte zu trennen, die Substanz des Kindesvermögens ist zu erhalten, die Erträge sind zweckgebunden zu verwenden, die Anzehrung des Kindesvermögens ist nur mit Zustimmung der KESB möglich, das Kindesvermögen ist, wenn möglich, zu mehren, und schliesslich müssen die Verwaltungshandlungen den Sorgfaltspflichten genügen (vgl. BK Affolter-Fringeli/Vogel, Art. 318 N. 37 f.).

Unterhaltsbeiträge, Sozialversicherungsrenten und andere Rentenleistungen, die für den Unterhalt des Kindes bestimmt sind, gehören begrifflich zum Kindesvermögen. Da sie den laufenden Bedarf des Kindes zu decken haben, schliessen sie keine Sparquote ein. Sie können deshalb für das Kind ausgegeben werden und auch Rückstellungen für spätere notwendige grössere Auslagen und Anschaffungen können angespart werden.

Hier fliessen – so wie ich den Sachverhalt verstehe – Sozialversicherungsleistungen, die die Pflege, Behandlung und Betreuung der Kinder ermöglichen. Es sind also Leistungen, die für den Unterhalt der Kinder bestimmt sind und ihren laufenden Bedarf decken. Was nicht (sofort) benötigt wird, kann für spätere Bedürfnisse der Kinder rückgestellt werden. So angespartes Kindesvermögen fällt unter Art. 320 Abs. 1 ZGB, das in Teilbeträgen entsprechend den laufenden Bedürfnissen nur für den Unterhalt der Kinder verbraucht werden darf. Bedürfnisse des Haushaltes, also die Lebenskosten der Eltern, dürfen damit nicht finanziert werden. Die Höhe der Teilbeträge, legen die Eltern nach pflichtgemässem Ermessen unter Berücksichtigung der gesamten Umstände fest. Nur unter den strengen Voraussetzungen des Art. 320 Abs. 1 ZGB ist eine Anzehrung der Kindesvermögenssubstanz möglich, ohne dass eine Bewilligung der KESB erforderlich ist (vgl. Anderer, Handbuch Kindes- und Erwachsenenschutzrecht, Rz. 946 ff.). Es ist empfehlenswert, Gelder mit Unterhaltsersatzfunktion, wie das hier der Fall sein dürfte, vom übrigen Kindesvermögen (sofern vorhanden) zu trennen und das Kapital auf einem separaten Konto zu verwalten (vgl. Anderer, Handbuch Kindes- und Erwachsenenschutzrecht, Rz. 953).

Zur Erwachsenenschutzmassnahme:

Das Kindesvermögen gehört dem Kind, weshalb es nicht unter die Verwaltungsbefugnisse nach dem Erwachsenenschutzrecht fällt. Im Inventar über die zu verwaltenden Vermögenswerte, das zu Beginn der Mandatsführung, nach Art. 405 Abs. 2 ZGB, zu erstellen ist, fehlen denn auch die Bestandteile des Kindesvermögens. Die Kindesvermögensverwaltung ist ein Bestandteil der elterlichen Sorge; Massnahmen des Erwachsenschutzrechts beinhalten keine Vertretungsbefugnisse in der elterlichen Sorge. Deshalb kann die Kindesvermögensverwaltung, abgesehen von der freiwilligen Beratung und Unterstützung, nur durch eine Kindesschutzmassnahme sichergestellt werden.

Handelt es sich beim Kindesvermögen um einfache und übersichtliche Verhältnisse, ist es möglich, ein sogenanntes Durchlaufkonto einzurichten und beispielsweise Kinderrenten und Unterhaltszahlungen zu inkassieren und direkt an die Empfänger weiterzuleiten. Die Eltern müssen damit einverstanden sein und bei den notwendigen Formalitäten mitwirken. Lassen sich aber Sparquoten aus Unterhaltsbeiträgen und anderen für den Unterhalt des Kindes bestimmten Leistungen bilden, geht es um die Verwendung von Erträgen oder gibt es übriges Kindesvermögen, so ist eine Kindesvermögensverwaltung erforderlich.

Betreffend die Geltendmachung von Sozialversicherungsleitungen gibt es Besonderheiten. Das Sozialversicherungsrecht kennt zwei Arten von Leistungen, die auf den Kindesunterhalt ausgerichtet sind, jedoch zwei unterschiedliche Zwecke verfolgen:

1. Der eigene Anspruch des versicherten Elternteils, den er zusätzlich zu seiner Stammrente (Hauptrente) hat (akzessorischer Anspruch), dient der Entlastung seiner Unterhaltspflichten. Das ist z.B. der Fall bei den Kinderrenten der AHV, der IV und der beruflichen Vorsorge oder den Ergänzungsleistungen.

2. Der eigene Rentenanspruch des versicherten Kindes, den es zusätzlich zur Stammrente (Hauptrente) eines Elternteils hat (originärer Rentenanspruch), dient ihm zur Deckung seines Unterhalts. Das ist z.B. bei der Waisenrente der AHV oder der beruflichen Vorsorge der Fall (Vgl. zum Ganzen, Anderer, Das Pflegegeld in der Dauerfamilienpflege und die sozialversicherungsrechtliche Rechtsstellung der Pflegeeltern, Diss. Luzern 2011, Zürich 2012, N. 410).

Eigene Ansprüche der Eltern, die der Entlastung ihrer Unterhaltspflichten dienen, können von der Beistandsperson geltend gemacht werden. Damit einher geht auch die Befugnis, die notwendige Administration zu erledigen und die Unterlagen zu beschaffen; Rechtsgrundlage ist die Vertretung der anspruchsberechtigten Eltern (vgl. zu den praktischen Problemen aufgrund der Umschreibung der Vertretungshandlungen im Auftrag, Mösch Payot, Handbuch Kindes- und Erwachsenenschutzrecht, Rz. 453). Damit ist die Beistandsperson aber nicht befugt, das Kindesvermögen zu verwalten (BK Affolter-Fringeli/Vogel, Art. 308 N. 141). Hier besteht ein Koordinationsbedarf mit der Person, die die Befugnis zur Kindesvermögensverwaltung hat. Hingegen ist es der Beistandsperson nicht möglich, eigene Ansprüche des Kindes, geltend zu machen, da die Beistandsperson die Eltern nicht in der elterlichen Sorge vertreten kann. Das ist Aufgabe einer Beistandsperson nach Art. 308 Abs. 2 ZGB.

Fazit:

Die Finanzierung des Lebensunterhalts der Eltern aus Mitteln, die für den Unterhalt der Kinder bestimmt sind, ist nicht zulässig, hier liegt eine Kindeswohlgefährdung vor. Allenfalls kann das mit einer Beratung und Information an die Eltern wieder korrigiert werden; die Rückerstattung der Beträge ist nach Art. 327 ZGB zu prüfen. Wenn die Eltern aber nicht bereit oder fähig sind, das Kindesvermögen sorgfältig zu verwalten, so wie oben beschrieben, und sie es auch nicht mit Unterstützung der Beistandsperson der Kinder tun können (Anleitung und Befähigung zur Kindevermögensverwaltung), ist die Anordnung einer Kindesvermögensverwaltung zu prüfen.

Ich hoffe, die Angaben sind nützlich und ich grüsse Sie freundlich.

Luzern, 19.1.2023

Karin Anderer