Meine Klientin hat drei verschiedene Stundenlohnjobs:
A seit 2012
B seit 2014
C seit 2019
Seitdem 19.01.2023 ist sie wegen Krankheit (war im Koma) krankgeschrieben. Ihr Gesundheitszustand ist sich am verbessern und sie möchte in Zukunft auch wieder arbeiten.
Der einte Arbeitgeber sagt, dass sie wieder arbeiten kommen muss, ansonsten dürfen sie ihr nach 6 Monaten kündigen. Wie sieht die Rechtsgrundlage bei Stundenlohnjobs aus? Laut Arbeitgeber ist sie gemäss Krankentaggeldversicherung 730 Tage abzüglich Wartefrist versichert.
Die Klienitn möchte gerne mit einem kleinen Pensum anfangen zu arbeiten. Darf der Arbeitgeber ihr bei der Arbeitsaufnahme eine Kündigung geben?
Sie hat 3 verschiedene Stundenlohnjobs wo sie Krankentaggelder erhält, darf Sie nur bei einem Arbeitgeber anzufangen zu arbeiten? Was muss beachtet werden? Der Arzt hat bestätgt das er ein solches Arztzeugnis ausstellen könne, da die Tätigkeiten anders sind.
Frage beantwortet am
Kurt Pärli
Expert*in Arbeitsrecht
Guten Tag
Gerne beantworte ich Ihre Frage wie folgt:
Ich gehe davon aus, dass bei allen drei Arbeitsverhältnissen das OR (und nicht öffentliches Personalrecht) anwendbar ist. Auch gehe ich davon aus, dass kein GAV gilt bzw. zumindest die Kündigungsvorschriften im GAV nicht günstiger sind als diejenigen im OR. Die Fragen werden also auf der Grundlage des OR beantwortet.
Nach Art. 336c Abs. 1 lit. b OR besteht je nach Dienstjahren ein zeitlich beschränkter Kündigungsschutz (Sperrfristen). Im ersten Dienstagjahr beträgt dieser Schutz 30 Tage, zwischen dem zweiten und fünften Dienstjahr 90 Tage und ab sechstem Dienstjahr 180 Tage. Ihre Klientin ist somit bei den Anstellungen A und B während 180 Tagen vor Kündigung geschützt, bei Anstellung C nur während 90 Tagen. Nach Ablauf der Sperrfristen kann das Arbeitsverhältnis mit der ordentlichen Kündigungsfrist (nach Vertrag oder mangels Abrede im Vertrag nach Gesetz, 2-9 Dienstjahr 2 Mte, anschliessend 3 Mte) gekündigt werden.
Wichtig ist: der Schutz vor Kündigung innerhalb der Sperrfristen gilt nur, wenn die Arbeitsunfähigkeit andauert, wobei der Schutz auch bei einer teilweisen Arbeitsunfähigkeit gilt. Wenn es also die gesundheitliche Situation ihrer Klientin zulässt, dass sie «dosiert» wieder die Arbeit aufnimmt, ist sie innerhalb der Sperrfristen weiterhin vor Kündigung geschützt.
Vom Kündigungsschutz bei Krankheit zu unterscheiden ist die Frage der Lohnfortzahlungspflicht bei Krankheit. Diese richtet sich nach Art. 324a OR und ist je nach Anzahl Dienstjahre unterschiedlich lang. Die gesetzliche Regelung nach Art. 324a Abs. 1-3 OR kann ersetzt werden, wenn die Ersatzregel im Ergebnis für die Arbeitnehmenden eines Betriebes insgesamt gleichwertig ist. In vielen Fällen erfolgt dies auf dem Wege einer Krankentaggeldversicherung. Hier ist vor allem wichtig zu klären, ob diese auch nach Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis Leistungen erbringt (sofern bei Austritt eine Arbeitsunfähigkeit bestanden hat) und/oder ob Übertrittsmöglichkeiten in die Einzelversicherung bestehen.
Sie fragen weiter nach einem adäquaten weiteren Vorgehen hinsichtlich Arbeitsunfähigkeitszeugnis unter Berücksichtigung, dass die Klientin drei Stellen hat. Grundsätzlich ist vom konkreten medizinischen Problem und dessen Auswirkungen auf die Arbeitsunfähigkeit auszugehen. Falls die Arbeitsfähigkeit bei allen drei Stellen gleichermassen eingeschränkt ist bzw. bei allen drei Stellen das gleiche Potential für einen teilweisen Wiedereinstieg besteht, müsste die Klientin an sich bei allen drei Arbeitgebern ihre Dienste im Rahmen ihrer zumutbaren Einsatzfähigkeit anbieten. Möglicherweise ist dies aber weder für ihre Klientin noch für die drei betroffenen Arbeitgeber sinnvoll (z.B. weil das Pensum dann zu klein wäre). Falls die medizinische Situation dafür spricht, vorerst nur bei einer Stelle wieder zeitlich limitiert einzustiegen, ist dies im Arbeits(un)fähigkeitszeugnis entpsrechend zu vermerken und vor allem mit medizinischen Angaben zu begründen (ohne Details betreffend Diagnose u.ä.). Falls mit den Arbeitgebenden ein gutes Einvernehmen besteht, ist es im Interesse einer langfristigen Vertrauensbeziehung auch sinnvoll, möglichst transparent zu sein und ggf. auch gemeinsam nach einer für alle Beteiligten sinnvollen Lösung zu suchen.
Genügen Ihnen diese Antworten?
Mit Dank für die Kenntnisnahme und freundlichen Grüssen
Kurt Pärli