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Auto Fahren während stationärem Aufenthalt Psychiatrie > Unfallversicherung/Haftplicht

Veröffentlicht:
16.03.2020
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialversicherungsrecht

Die meisten psychiatrischen Kliniken halten in ihrer Stationswegleitung fest, dass die Teilnahme als Lenker im Strassenverkehr und das Betreiben gefährlicher Sportarten für PatientInnen während dem stationären Aufenthalt nicht gestattet ist.

Uns stellt sich die Frage, ob eine Unfallversicherung oder Haftpflichtversicherung Regress nehmen könnte, wenn ein(e) PatientIn keinen medizinischen Grund (keine Medikation, keine schwerere psychiatrische Symptomatik) für eine Einschränkung der Fahreignung hat, aber zum Zeitpunkt des Unfalles psychiatrisch hospitalisiert ist/war. Oder anders formuliert, ob ein(e) PatientIn fahren oder Sport treiben darf während dem stationären Aufenthalt, wenn sie dies im ambulanten Rahmen auch dürfte oder ob die Hospitalisation alleine hier einen Risikofaktor für versicherungstechnische Schwierigkeiten darstellen könnte und wenn ja, wie hoch dieses Risiko einzuschätzen ist?

Frage beantwortet am

Peter Mösch Payot

Expert*in Sozialversicherungsrecht

Sehr geehrter Herr Stäuble

Die Frage einer allfälligen Haftpflicht gegenüber der Patientin oder indirekt die Haftpflicht im Rahmen von Regress durch eine Unfall- oder Krankenversicherung oder eine andere Versicherung hängt nicht primär davon ab, ob eine Hospitalisation erfolgt. Entscheidend ist vielmehr, ob medizinisch und objektiv zeitlich relativ dringliche und erhebliche Gefährdungen für die Patientin oder durch diese für Dritte erkennbar waren, ohne dass nötige Schutzmassnahmen getroffen wurden. 

Ohne solche Gründe (bzw. ohne psychiatrische Gründe) sind besondere Einschränkungen für Ausgang, Sport oder Autofahrten ausserhalb einer Fürsorgerischen Unterbringung nicht ohne Weiteres zulässig. Jede Beschränkung der Freiheit muss mit Blick auf Sinn und Zweck des Aufenthaltes besonders begründet werden können. Im Umkehrschluss heisst das, dass keine Haftpflicht entstehen kann, wenn Beschränkungen der Freiheit  mit gutem Grund nicht auferlegt werden.

Eine allfällige Haftung des Spitals bei Unfällen etc. besteht dabei primär gegen die Patienten selber oder im Rahmen des Regresses gegenüber subrogierenden Dritten (vgl. Art. 72 bis 75 ATSG).

Zu raten ist zu einer sorgfältigen Abklärung möglicher Gefahren und Gefährdungen, um die gesundheitsrechtlich oder/und durch den konkreten  Therapieauftrag  begründeten Schutzpflichten erfüllen zu können.

Stationäre Einrichtungen haben relativ häufig so genannte Wunschversicherungen abgeschlossen, welche auch bei Schädigungen Dritter durch UrteilsUNfähige Leistungen übernehmen. Der Grund für den Abschluss solcher Versicherungen ist häufig, dass damit die Betroffenen wie auch die Instiution sich in solchen Fällen von unangenehmen Rechtsstreitigkeiten befreien können.

Die Unfallversicherung kann nur bei Erwerbstätigen ins Spiel kommen. Sie kennt gewisst Enschränkungen der Leistungspflicht bei Selbstverschulden, etwas bei Wagnissportarten. Vgl. dazu Art. 37 udn 39 UVG. Diese Beschränkungen können bei einer urteilsfähigen Person auch greifen, wenn Sie einen Unfall während eines Ausgangs beim Aufenthalt in einer stationären Einrichtung erleidet.

Der Umfang des Regressrisikos hängt also von den jeweils konkreten PatientInnen und ihrer Gefährdung ab. Je heikler dort ein Entscheid ist, desto besser ist er zu begründen und zu dokumentieren.

Ich hoffe, das dient Ihnen.

Peter Mösch Payot