Zum Inhalt oder zum Footer

Auszahlung von Kompensation bei Unfall

Veröffentlicht:
27.01.2025
Kanton:
Luzern
Status:
Neu
Rechtsgebiet:
Sozialversicherungsrecht

Sehr geehrte Damen und Herren von der Rechtsberatung,

Ich schreibe für eine Person, welche aufgrund eines Unfalls (NBU versichert durch AG) vom 9. Januar 2025 bis zum 31. Januar 2025 krankgeschrieben ist. Vom 24. Januar 2025 bis zum 31. Januar 2025 hätte er aufgrund seiner bevorstehenden Pensionierung ohnehin nicht mehr gearbeitet, hätte jedoch diese Zeit mit seinen verbliebenen Überstunden (insgesamt 22 Stunden) kompensiert.

Nun stellt sich die Frage, was mit diesen 22 Stunden passiert, da er im Zeitraum vom 24. Januar 2025 bis 31. Januar 2025 unfallbedingt krankgeschrieben ist und somit nicht kompensiern konnte im eigentlichem Sinne.

Besteht Anspruch auf Auszahlung dieser Stunden, oder werden diese trotz der Krankheit in Form von Zeitkompensation kompensiert?

Für eine Rückmeldung mit den rechtlichen Grundagen wären wir dankbar.

Besten Dank und freundliche Grüsse

Frage beantwortet am

Peter Mösch Payot

Expert*in Sozialversicherungsrecht

Guten Tag!

Wenn ich den Fall richtig verstehe, so war der Betroffene in diesem Zeitraum noch angestellt. Geplant war aber, dass er noch Überstunden bezieht. Nun war er aber für den Zeitraum arbeitsunfähig durch Unfall.

 

Es geht hier um die Frage, ob er für diesen Fall Leistungen der Unfallversicherung zugute hat. Oder ob unabhängig vom Unfall (nur) ein Anspruch auf die geplante Zeitkompensation besteht.

 

Der Anspruch auf Unfalltaggeld ist geregelt in Art. 16 und Art. 17 UVG. Es wird gewährt ab dem dritten Tag nach dem Unfalltag und erlischt mit der Wiedererlangung der vollen Arbeitsfähigkeit. Wobei gemäss Art. 324b Abs. 2 OR der Arbeitgeber mind. 80% für die Zeit der ersten beiden Tage nach dem Unfall gewähren muss.

 

Die Sache ist unfallversicherungrechtlich nicht ganz klar: Gemäss der Rechtsprechung braucht es für den Anspruch auf Taggeld zusätzlich einen durch die Arbeitsunfähigkeit bewirkten Verdienstausfall (BGE 130 V 35 E.3.3). Damit hat das Bundesgericht im genannten Entscheid begründet, dass bei einer unfallbedingten AUF während der Pensionierung kein Erwerbsausfall bestehe und somit auch kein Anspruch auf Leistungen.

In BGE 134 V 392 wiederum hat das Bundesgericht abweichend entschieden für den Fall, dass der Unfall vor der Pensionierung entstand. Dann soll der Taggeldbezug auch für die Zeit nach der geplanten Pensionierung bestehen, soweit die volle Arbeitsfähigkeit noch nicht wiederhergestellt sei (BGE 134 V 392 E.5.3.1).

Im Entscheid BGer 8C_243/2017 vom 31.8.2017 hat das Bundesgericht die Taggelder gewährt, wenn jemand nach dem Arbeitsverhältnis während der Zeit der Abredeversicherung verunfallt. Es dürfe der Anspruch hier nicht einzig deswegen verneint werden mit dem Argument,  er wäre auch ohne Unfall nicht erwerbstätig gewesen. Es sei aber anders, also kein Taggeld werde gewährt, wenn feststehe, dass die Person sich auch ohne Unfall endgültig aus dem Arbeitsmarkt zurückziehen wollte.

Und vor diesem Hintergrund ist nun auch die vorliegende Situation zu beurteilen. Besonders daran ist, dass das Arbeitverhältnis während der unfallbedingten Arbeitunfähigkeit noch bestand. Aus meiner Sicht ergibt sich aus der Rechtsprechung Folgendes:

Wenn eindeutig und klar feststeht, dass der Betroffene auf keinen Fall mehr einer Erwerbstätigkeit nachgehen wollte, könnte auch die Rechtsprechung zum Schluss kommen, dass  keine Taggelder geschuldet sind. Wenn aber zwar eine Kompensation vereinbart war für die Zeit des noch bestehenden Arbeitsverhältnisses, aber nicht ausgeschlossen wurde, dass der Betroffene etwa für ausserordentliche Arbeiten noch herangezogen wird oder herangezogen werden kann, so sind die Taggelder wohl noch geschuldet.

Im konkreten Fall ist auf jeden Fall zu raten, eine Unfallmeldung zu machen und auf die bestehende Anstellung während des Unfalls hinzuweisen. Je nach Entscheid/Verfügung der Unfallversicherung kann dann im Lichte der oben genannten Rechtslage geprüft werden, ob eine Einsprache getätigt werden soll.

Soweit das Taggeld der UV gewährt wird hat der AN dies auch zu Gute. Bzgl. der beiden ersten Tage nach dem Unfall liegt die Rechtsgrundlage im Arbeitsrecht. Grundlage ist hier der Arbeitsvertrag. Im Prinzip ist aber gleich zu verfahren wie nach Art. 16 UVG.

Ich hoffe, das dient Ihnen.