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Auszahlung KTG

Veröffentlicht:
23.08.2018
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Arbeitsrecht

Liebes Experten Team
Herr X. erhält seit April KTG. Der Arbeitgeber hat ihm unter Einhaltung der Sperr- und Kündigungsfrist per Ende August gekündigt. Nun hat er eine Mail von seinem Arbeitgeber erhalten, dass ihm im August nur die Hälfte des Taggeldes ausbezahlt wird. Der Rest werde ihm bezahlt, wenn die Versicherung das Taggeld dem Arbeitgeber überwiesen hat. Darf der Arbeitgeber das? Hat der Arbeitgeber nicht ein Vorleitungspflicht? Vielen Dank für Ihre Rückmeldungen und die entsprechende Rechtsgrundlagen. Freundliche Grüsse
Luzia Schwegler

Frage beantwortet am

Kurt Pärli

Expert*in Arbeitsrecht

Sehr geehrte Frau Schwegler
Auf Ihre Frage muss ich einleitend mit einer typischen Juristenantwort reagieren: "Es kommt darauf an….".
Worauf kommt es nun an in ihrem Fall?
Ich gehe davon aus, dass es sich um ein privatrechtliches Arbeitsverhältnis handelt und deshalb für die Frage der Lohnfortzahlung die Bestimmungen des OR in den Art. 319 ff., und die konkreten vertraglichen Vereinbarungen massgebend sind. Zu beachten wäre auch ein allfälliger Gesamtarbeitsvertrag (GAV).
Nach Art. 324a Abs. 4 OR kann von den in der Art. 324a Abs. 1-3 OR vorgesehnen Verpflichtung der ARbeitgeberin zur Lohnfortzahlung bei Krankheit (während einer bestimmten Zeit) durch GAV oder im Einzelarbeitsvertrag (EAV) abgewichen werden, sofern die ABweichung insgesamt gleichwertig ist, was regelmässig bei Taggeldversicherungen, die z.B. während 720 Tagen zu 80% den Lohn versichern der Fall ist.
Die Art und Weise, wie die Lohnfortzahlung bei Krankheit im GAV oder EAV geregelt ist, ist sehr entscheidend. Steht bsw. im EAV (oder in einem betrieblichen Reglement, auf das der EAV verweist), dass bei Krankheit z.B. die ersten 30 Tage 100% und danach noch 80% Lohn weiter ausgerichtet wird, dann ist die Arbeitgeberin verpflichtet, die versprochene Leistung auch dann auszurichten, wenn die Krankentaggeldversicherug die Taggeldzahlungen verweigert. Beinhaltet der EAV jedoch eine Formulierung, wonach bei Krankheit erst die ARbeitgeberin während z.B. 30 Tagen den Lohn weiter ausrichtet und danach Taggeldleistungen durch die Taggeldversicherung erfolgen, ist die Arbeitgeberin von der Lohnzahlungspflicht befreit, falls die Taggeldversicherung ihre Leistungen nicht oder nur reduziert erbringt.
Meine Empfehlung an Sie lautet deshalb: Besorgen Sie sich die konkreten Grundlagen der Lohnfortzahlung im fraglichen Betrieb (allenfalls GAV, EAV, betriebliches Reglement usw). Sollten die Dokumente nicht selbsterklärend sein, dürfen Sie sich gerne erneut ans Forum wenden.
Genügen IHnen diese Angaben fur's Erste?
Mit Dank für die Kenntnisnahme und freundlichen Grüssen
Kurt Pärli