Guten Tag
Da habe ich eine im Moment vermehrt auftretende Frage zur Koordination, wenn rückwirkend eine IV-Rente zugesprochen wird, und dazwischen IV-Taggelder geflossen sind im Hinblick auf Art. 47 IVG, Abs. 1bis, Buchstabe b , 1ter und 2.
Zum Beispiel: Vom 13. August 2019 bis am 30. November 2020 war die Versicherte in einer Eingliederungsmassnahme und vom 18. Januar bis am 18. April 2021 in einem Praktikum (alles unter Art. 16 IVG).
Es erfolgt jetzt die rückwirkende Rentenzusprache ab 1. Februar 2019 bis laufend. Die IV-Stelle bzw. AK unterbricht vom September 2019 bis am 30. November 2020 und vom Februar bis März 2021 die Rente. Die IV-Taggelder werden um einen Dreissigstel gekürzt vom 13. bis am 31. August 2019, vom 18. bis am 31. Januar 2021 und vom 1. bis am 18. April 2021.
Ich war bisher der Meinung, dass die IV-Rente bis am 30. November 2019 (Ende dritter Monat) und ab November 2020 (Abs. 2 - Monat, in dem TG endet) durchgehend und ohne Unterbruch von Februar und März 2021 ausgerichtet werden müsste (natürlich ebenfalls mit der IV-Taggeldkürzung), wenn ich Art. 47 und das Kreisschreiben KSTI RZ 1059 und 1060 anschaue.
Uebersehe ich da ein Detail dieser Koordinationsregel?
(Meine Sorge gilt leider wieder dem "verloren" gehenden EL-Anspruch bei weniger IV-Rentenmonaten, da Klientin nicht Kenntnis davon hatte, während über 6 Monaten IV-Taggeld-Anspruch EL anzumelden. Ich versuche deshalb möglichst viele IV-Rentenmonate deswegen "zu retten".)
Vielen Dank für deine Rückmeldung und beste Grüsse
Frage beantwortet am
Peter Mösch Payot
Expert*in Sozialversicherungsrecht
Guten Tag!
Gemäss Art. 47 Abs. 1bis IVG werden die Renten werden gewährt: bei Massnahmen zur Wiedereingliederung nach Artikel 8a bis zum Entscheid der IV-Stelle über eine Revision.
Bei den übrigen Eingliederungsmassnahmen längstens bis zum Ende des dritten vollen Kalendermonats, der dem Beginn der Massnahmen folgt.
Zusätzlich zur Rente wird das Taggeld ausgerichtet. Dieses wird jedoch während der Dauer des Doppelanspruchs bei der Durchführung von Abklärungs- oder Eingliederungsmassnahmen um einen Dreissigstel des Rentenbetrags gekürzt (Art. 47 Abs. 1ter IVG)
Nichts anderes ergibt sich aus der aktuellen Fassung des Kreisschreibens (KSTI; Stand 1.7.2022). Vgl.Rz. 1101; Rz. 1414; Rz. 1508, 1509):
Löst ein Taggeld eine Invalidenrente ab, so wird diese längstens bis zum Ende des dritten vollen Kalendermonats, der dem Beginn der Abklärungs- oder Eingliederungsmassnahmen folgt, ungekürzt neben dem Taggeld weitergewährt. Das Taggeld wird jedoch während der Dauer des Doppelanspruchs um einen Dreissigstel des Rentenbetrages gekürzt.
Löst auf der anderen Seite eine Invalidenrente ein Taggeld ab, so wird im Monat, in dem der Taggeldanspruch endet, die Rente ungekürzt ausgerichtet. Das Taggeld wird hingegen in diesem Monat um einen Dreissigstel gekürzt.
Ich habe keine Grundlagen oder Rechtsprechung des Bundesgerichts gefunden, die es rechtfertigen würde, dass bei einer rückwirkenden Auszahlung einer Rente, die zu einer entsprechenden Konstellation führt, ein anderer Schluss richtig wäre als bei laufenden Fällen.
Ich rate, zunächst bei der Ausgleichskasse informell nachzufragen, auf welcher Grundlage sie hier die Regeln der Koordination von Taggeldern und Renten gemäss Art. IVG nicht anwendet. Ev. kann so eine Korrektur ohne Rechtsmittel erreicht werden. Ansonsten wäre hier m.E. ein Rechtsmittel zu ergreifen.
Ich hoffe, das dient.
Prof. Peter Mösch Payot