Guten Tag
Meine Klientin ist seit September 2016 krankgeschrieben und bezieht Leistungen der Krankentaggeldversicherung und eine Anmeldung bei der IV ist erfolgt. Das Arbeitsverhältnis wurde noch nicht aufgelöst. Frau X. hat ihrem Arbeitgeber mitgeteilt, dass sie sich nicht vorstellen kann, an den Arbeitsplatz zurückzukehren, erwartet sie nächstens die Kündigung.
Da sie im Frühjahr 2018 60 Jahre alt wird, überlegt sie sich, von der Möglichkeiten einer Frühzeitigen Pensionierung um dem Bezug einer Überbrückungsrente aus der PK gebrauch zu machen. Dieses Einkommen wird wohl eher nicht existenzsichernd sein, zumal sie die AHV-Rente erst in 2 Jahren beantragen kann. Es stellt sich die Frage, wie sich die Pensionierung in der 2. Säule auf das laufende IV-Verfahren und den Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung auswirkt?
Besten Dank für Ihre Rückmeldung.
Kathrin Kayser
Frage beantwortet am
Peter Mösch Payot
Expert*in Sozialversicherungsrecht
Sehr geehrte Frau Kayser
a) Vorerst: Die präzise Beantwortung Ihrer Klientin bedarf einer umfassenden Analyse etwa auch der genauen reglementarischen Leistungen der Pensionskasse im Überobligatorium und von steuerrechtlichen Fragen.
b) Zu Ihrer Frage: Die Pensionierung in der zweiten Säule bedeutet, dass der Versicherungsfall "Alter" eingetreten ist. Damit würde in der IV das Verfahren eingestellt.
In der Arbeitslosenversicherung wird unterschieden, ob die Pensionierung freiwillig erfolgte oder aus wirtschaftlichen Gründen bzw. aus zwingenden Gründen nach dem Reglement der PK (Art. 13 Abs. 3 AVIG i.V.m. Art. 12 AVIV). Erfolgt sie freiwillig, so wird als Beitragszeit nur die Zeit, die für eine Beschäftigung NACH der Pensionierung erworben wurde. Dies erschwert im Falle einer freiwilligen Pensionierung die Möglichkeit des Bezuges von Arbeitslosenentschädigungen erheblich.
c) Im Fall der zwingenden Pensionierung bestehen Arbeitslosenansprüche unter Einbezug auch der Beitragszeiten vor der Pensionierung. Dann werden die entsprechenden Taggelder aufgrund des vorherigen Lohns berechnet. Von diesem Betrag wird die monatliche Rentenleistung der Pensionskasse abgezogen. Bezieht man die Altersleistung als Kapital, rechnet die Arbeitslosenkasse dieses vor dem Abzug in eine monatliche Rente um.
d) Gemäss B178 der Weisung für die Arbeitslosenentschädigung (AVIG-Praxis ALE, Stand 1.1.2017,siehe http://www.treffpunkt-arbeit.ch/dateien/Kreisschreiben/AVIG-PraxisALEJuli_2017.pdf) gilt im Übrigen:
"Löst der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus wirtschaftlichen Gründen auf und macht die versicherte Person von der ihr im Vorsorgereglement eingeräumten Möglichkeit Gebrauch, die Ausrichtung einer Altersleistung zu verlangen, ist dieser Sachverhalt als un-freiwillige vorzeitige Pensionierung zu qualifizieren.
Ebenfalls von einer unfreiwilligen vorzeitigen Pensionierung ist auszugehen, wenn die versicherte Person im Laufe der Rahmenfrist für den Leistungsbezug die Ausrichtung einer Altersleistung verlangt."
In so einer Konstellation werden also auch für die Zeit nach der Pensionierung für die Frage des Anspruchs auf ALE auch die Beitragszeiten VOR der Pensionierung berücksichtigt.
Ich hoffe, das dient Ihnen.
Prof. Peter Mösch Payot