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Auswirkung einer Heirat auf einen EL-Anspruch

Veröffentlicht:
06.12.2018
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialversicherungsrecht

Guten Tag
Aktuell beschäftigt uns folgende Situation:
Herr T ist Schweizer, erhält eine AHV Rente und EL. Seit dem 24.07.2018 ist er verheiratet mit Frau H aus dem nicht- EU-Raum. Diese bekam ein Aufenthaltsstatus Permis B. Frau H. spricht kein Deutsch ist seit September 2018 in der Schweiz wohnhaft und wird sich für einen Deutschkurs anmelden. Nun überprüft die EL den Anspruch von Herr T. Gemäss einem Schreiben der EL vom 22.11.2018 wird folgendes festgestellt formuliert:
Gemäss BGE und in Übereinstimmung mit dem neuen Art. 163 ZGB kann beim Bezug von EL durch den rentenberechtigten Ehegatten der andere nicht rentenberechtigte Ehegatte, welcher bisher überhaut nicht oder nur in beschränktem Masse einer Erwerbstätigkeit nachgegangen ist, sich unter Umständen gezwungen sehen, eine solche Tätigkeit aufzunehmen oder diese auszuweiten. Sieht er von dier Verwertung seiner Erwerbstätigkeit ab, so bestimmt die Verwaltung das hypthetische Erwerbseinkommen, das gemäss Art. 3 Abs. 1 lit f ELG bei der Ermittlung des anrechenbaren Einkommens zu berücksichtigen ist.
Die EL fordert die Ehegattin nun auf, aufzuzeigen, welche Schritte sie unternommen hat, um eine Arbeit zu finden und erwartet, dass über den beruflichen Werdegang von Ihr Informiert wird. Falls die Ehegattin nicht in der Lage sei zu arbeiten, müssen hierzu stichhaltige Gründe oder Nachweise geliefert werden resp. müssen deren Arbeitsbemühungen ersichtlich sein.
Für diese Stellungnahme wird eine Frist von 20 Tagen gewährt. Nach Ablauf dieser wird der Ehegattin ein hypothetisches Einkommen angerechnet.
Die Personen haben Angst der Anspruch auf EL zu verlieren und auf Sozialhilfe angewiesen zu sein. Unsere konkreten Fragestellungen zur Situation:
Was gilt es allenfalls bei einer Rückmeldung an die Ausgleichskasse zu beachten?
Wie sieht es rechtlich aus, wenn H. noch kein Deutsch spricht?
Wie können die Personen der EL allenfalls argumentieren, damit nicht direkt ein hypothetisches Einkommen einberechnet wird?
Wir danken für eine Rückmeldung.
Freundlicher Gruss
Uli Truffer

Frage beantwortet am

Peter Mösch Payot

Expert*in Sozialversicherungsrecht

Lieber Uli
Für die Ergänzungsleistungen bedarf es neben den allg. Voraussetzungen einer Unterdeckung unter Berücksichtigung der anrechenbaren Ausgaben, abzüglich der anrechenbaren Einnahmen.
Bei Ehegatten werden die anrechenbaren Ausgaben und Einnahmen grundsätzlich zusammen gerechnet und so der Anspruch auf EL gemeinsam berechnet (Art. 9ff. ELG); davon gibt es Ausnahmen, namentlich wenn die Ehegatten getrennt leben (Art. 1 ELV) oder wenn ein Ehegatte im Heim lebt (Art. 9 Abs. 3 ELG).
Bei den anrechenbaren Einnahmen werden, vorbehältlich eines Freibetrages, auch die Erwerbseinkommen angerechnet. Zusätzlich aber unter anderem auch Einkommen auf die verzichtet worden ist (Art. 11 Abs. 1 lit. g ELG).
Vor diesem Hintergrund werden auch Einkommen nicht invalider Ehegatten, bei einer EL wegen der Invalidität eines Ehegatten, berücksichtigt.
Praxisgemäss gilt dabei, dass nicht invaliden Ehegatten als Erwerbseinkommen grundsätzlich der Betrag angerechnet, den sie im massgebenden Zeitpunkt tatsächlich verdient haben unter Berücksichtigung des Freibetrages.
Vor dem Hintergrund der Regelung der Anrechnung eines Einkommensverzichts gilt weiter, dass nicht invaliden Ehegatten grundsätzlich ein zumutbares Erwerbseinkommen als hypothetisches Einkommen einzurechnen ist.
Darauf ist allerdings zu verzichten, wenn einer der folgenden Fälle zutrifft:

  • ausreichende Arbeitsbemühungen werden nachgewiesen, und es wird trotzdem kein Stelle gefunden. Dafür ist grundsätzlich notwendig, dass eine Anmeldung beim RAV erfolgt zur Arbeitsvermittlung und qualitativ und quantitativ ausreichende Stellenbemühungen nachgewiesen werden; oder
  • die Ehegattin bezieht Taggelder der Arbeitslosenversicherung;
    oder
    – die EL-beziehende Person müsste ohne den Beistand und die Pflege des nicht invaliden Ehegatten oder der nicht invaliden Ehegattin in einem Heim platziert werden.
    Für die Höhe des zu berücksichtigenden hypothetischen Einkommens ist auf die „Schweizerische Lohnstrukturerhebung“ abzustellen, dabei handelt es sich um Bruttolöhne.Die persönlichen Umstände wie das Alter, der Gesundheitszustand, die Sprachkenntnisse, die Berufsausbildung, die bisher ausgeübten Tätigkeiten, die Dauer der Erwerbslosigkeit oder Familienpflichten (z.B. die Betreuung von Kleinkindern) sind bei der Festsetzung zu berücksichtigen (vgl. BGE 134 V 53 ff.). Im vorliegenden Fall müsste also wegen der fehlenden Sprachkenntnisse ein angemessener Abzug der entsprechen
    den Tabellenlöhne vorgenommen werden.
    Von diesem Bruttoeinkommen sind weiter die obligatorischen Beiträge an die Sozialversicherungen des Bundes (AHV, IV, EO, ALV, FZL, UV)157 und allfällige Betreuungskosten für Kinder und dann noch der Freibetrag im Sinne von Art. 11 Abs. 1 lit. a ELG abzuziehen. Vom Rest sind zwei Drittel anzurechnen. Der Freibetrag ist auch dann voll zu berücksichtigen, wenn das hypothetische Einkommen nur während eines Teiles des für die Berechnung der EL massgebenden Jahres angerechnet wird.
    Muss die laufende EL aufgrund der Anrechnung eines hypothetischen Erwerbseinkommens für den nicht invaliden Ehegatten reduziert werden, ist eine angemessene Frist einzuräumen.
    Vgl. zum Ganzen WEL 3482.02 ff. (Stand 1.1.2019).
    Bei der Stellungnahme gegenüber der Ausgleichskasse ist beachtlich, dass die Stellenbemühungen restlos ausgewiesen sind, qualitativ und quantitativ analog der Anforderungen des RAV in ähnlichen Fällen. Notwendig ist im Prinzip eine Anmeldung beim RAV und ratsam (soweit möglich) die Wahrnehmung der entsprechenden Arbeitsvermittlung. Im Weiteren muss auf die fehlenden Sprachkenntnisse hingewiesen werden (wegen der Berechnung der Höhe des hypothetischen Einkommens) und diese sind auszuweisen. Die fehlenden Sprachkenntnisse alleine werden aber eine Anrechnung von hypothetischem Einkommen nicht verhindern können.
    Ich hoffe, das dient Euch.
    Peter Mösch Payot

Lieber Peter
Ich danke für diese Rückmeldung. Wir werden die von dir festgehaltenen Aspekte aufnehmen und die Situation nun weiter bearbeiten können.
Freundlicher Gruss
Uli Truffer