Zum Inhalt oder zum Footer

Aufteilung PK-Guthaben bei Scheidung nach Pensionierung

Veröffentlicht:
02.09.2022
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialversicherungsrecht

Guten Tag,

Eine Klientin (62) von mir möchte sich von ihrem Mann (64) trennen. Sie arbeitet seit rund drei Jahren 80% als Pflegehelferin, war aber 20 Jahre der Ehe als Hausfrau und Mutter von vier Kindern zuständig. Somit wird ihre PK-Rente und ihre AHV-Rente tief sein. Der Mann hat immer 100% gearbeitet und gut verdient. Nun hat sich die Klientin die Frage gestellt, was mit dem Splitting passiert, wenn sie sich trennen (er möchte keine Scheidung) und der Mann im 2023 pensioniert wird und seine PK und AHV-Rente bezieht. Hat sie dann bei der Scheidung in zwei Jahren trotzdem noch Anspruch auf das Splitting der AHV und PK-Guthaben?

Besten Dank für die Rückmeldung.

Frage beantwortet am

Peter Mösch Payot

Expert*in Sozialversicherungsrecht

Guten Tag!

Wird bei einer Scheidung seitens des Ehegatten bereits eine Rente bezogen, so sind die Folgen in der AHV und in der beruflichen Vorsorge zu unterscheiden:

a) In der AHV gilt das Prinzip der Einzelrenten. Wenn zuerst nur ein Ehepartner ins Rentenalter kommt, berechnet sich  seine AHV-Rente vorerst einzig auf den Beiträgen seines eigenen bisherigen Einkommens, inklusive allfälliger Erziehungsgutschriften für Kinder unter 16 Jahren. Die AHV-Beiträge des anderen Ehepartners, der das Rentenalter noch nicht erreicht hat, fallen zunächst ausser Betracht. Die monatliche Maximalrente mit voller Beitragsdauer beträgt höchstens CHF 2390 (Stand 2022). 

Wenn der andere Ehepartner ins Rentenalter kommt, wird das Splitting durchgeführt, ebenso wenn eine Scheidung zuvor erfolgen würde. Die Rente des erstrentenberechtigten Ehegatten wird in diesem Fall neu berechnet. Beide Ehepartner erhalten dann je eine Einzelrente. Die beiden Einzelrenten sind aber auf 150 Prozent der Maximalrente von 2390 Franken begrenzt (sogenannte Plafonierung der Altersrenten für Ehepaare). Wird dieser Höchstbetrag überschritten, müssen die Einzelrenten entsprechend im Verhältnis ihrer Anteile an der vollen Rente gekürzt werden. Der Plafonierung liegt der Gedanke zugrunde, dass ein Haushalt mit zwei Personen weniger teuer ist als zwei Haushalte mit je einer Person.

Mit einer Scheidung oder einer eheschutzrichterlichen Trennung nachdem der eine Ehegatte bereits eine Rente bezieht und somit das Splitting erfolgte, entfällt die Plafonierung der beiden Renten (Art. 35 Abs. 1 AHVG). Das heisst, sowohl bei einer Scheidung wie auch bei einer gerichtlichen Trennung werden die Renten nicht mehr gekürzt, wenn sie zusammen mehr als 150% der höchsten Vollrente ausmachen. 

Für eine «Entplafonierung» der Altersrenten für Ehepaare wird eine gerichtliche Ehetrennung oder eine Scheidung vorausgesetzt. Ausserdem bedarf es des Nachweises, dass tatsächlich keine häusliche Gemeinschaft mehr besteht (Rz. 5511 RWL (Stand 1.1.2022). Es braucht also einen Zustand der örtlichen Trennung zwischen den Ehepartnern. Sie werden deshalb sicher zwei verschiedene Wohnadressen ausweisen müssen. 

Der Zivilstand hat auch einen Einfluss auf die Ergänzungsleistungen. Die Berechnung dieser Leistung erfolgt bei einem Ehepaar gemeinsam. Nach einer gerichtlichen Trennung oder Scheidung erfolgt sie je einzeln.

b) Bei der Pensionskasse gilt, dass mit Eintritt der Pensionierung der Vorsorgefall eintritt und die versicherte Person ihre nach seinen Vorsorgeguthaben berechnete Altersrente bekommt.

aa) Eine spätere Scheidung führt dazu, dass die Teilung des Vorsorgeguthabens über die Teilung der Altersrente erfolgt. Die Pensionskasse teilt dem zuständigen Schweizer Gericht auf Anfrage hin die notwendigen Werte zur Berechnung des Vorsorgeausgleichs mit (Art. 124a ZGB).

bb) Wurde die gesamte Altersleistung  als Kapital bezogen, so ist ein Vorsorgeausgleich  nicht mehr möglich. Das Gericht wird dann eine zivilrechtliche Lösung suchen müssen. Etwa eine Kapitalzahlung in entsprechender Höhe seitens des Rentenbeziehenden an den anderen Ehegattten.

cc) Das Gericht entscheidet, ob und in welchem Umfang ein Vorsorgeausgleich stattfindet. Im Urteil legt das Gericht fest, wer die verpflichtete oder berechtigte Person des Vorsorgeausgleichs sind. Mit dem rechtskräftigen Scheidungsurteil teilt das Gericht der Pensionskasse des verpflichteten Ehegatten die Details zum Vorsorgeausgleich mit.

dd) Die Altersrente der verpflichteten Person wird lebenslang um den vom Gericht festgelegten Anteil reduziert. Ist der Ehegatte ebenfalls pensioniert, wird der von der Altersrente entnommene Betrag in eine lebenslange Scheidungsrente für den Ehegatten umgerechnet. Aufgrund der Lebenserwartung des Geschlechts des Ehegatten und des Alters des Ehegatten wird die Scheidungsrente eine andere Höhe aufweisen als der von der Altersrente abgezogene Betrag.

Die Umrechnung erfolgt mit dem im Internet verfügbaren Rechner des Bundesamtes für Sozialversicherungen (BSV). Siehe dazu: https://www.bsv.admin.ch/bsv/de/home/sozialversicherungen/bv/grundlagen-und-gesetze/grundlagen/vorsorgeausgleich-bei-scheidung.html

Die Scheidungsrente wird von der Pensionskasse lebenslang an den Ehepartner ausgezahlt.

ee) Ist der Ehegatte noch erwerbstätig, so wird der vom Gericht zugesprochene Anteil der Altersrente jährlich an die Pensionskasse des Ehepartners überwiesen. Alternativ kann der Ehepartner auch die Auszahlung einer einmaligen Kapitalabfindung von der Pensionskasse verlangen, welche dann an dessen  Pensionskasse überwiesen wird.

Ich hoffe, das dient.

Prof. Peter Mösch Payot