Guten Tag
Im November 2011 hat das zuständige Gericht über das getrennt leben entschieden und dem Gesuchsgegner die Vertretungsbefugnis der ehelichen Gemeinschaft entzogen. Eine Ehescheidung ist von beiden Parteien nicht gewüscht. Meine Klientin bezieht eine AHV-Rente und Ergänzungsleistungen zur AHV/IV, ordentliches Rentenalter ist erreicht. Der getrennt lebende Ehemann erreicht im Juli 2020 das ordentliche Pensionsalter. Auf den Namen meiner Klientin lautet ein Konto der Stiftung Auffangeinrichtung BVG. Der Ehemann verweigert die Unterschrift zur Auflösung des PK-Guthabens (rund Fr. 5'500.00).
Gibt es eine Möglichkeit, das PK-Guthaben ohne Unterschrift des Ehegattens aufzulösen?
Besten Dank für Ihre Antwort.
Frage beantwortet am
Peter Mösch Payot
Expert*in Sozialversicherungsrecht
Liebe Frau Ulrich
Ich gehe davon aus, dass es um ein Freizügigkeitskonto geht.
Dieses kann gemäss Art. 2 Abs. 1bis FZG i.V.m. Art. 3 BVV 3 frühestens fünf Jahre vor dem ordentlichen AHV-Rentenalter bezogen werden. So sieht es auch die Stiftung Auffangeinrichtung in Art. 8 Abs. 1 ihres Freizügigkeitskonto-Reglementes vor. Siehe https://doc.aeis.ch/docs/pdfs/2629.pdf
Die Stiftung Auffangeinrichtung sieht im Reglement vor, dass sie für eine Auszahlung die Unterschrift des Ehegatten verlangt; vgl. Art. 11 des Reglementes. Hintergrund ist, dass das angesparte BV-Kapital eherechtlich Teil der so genannten Errungenschaft ist und so an sich beiden Ehegatten gehört.
Im vorliegenden Fall ist das ordentliche Rentenalter schon eingetreten. Das ändert aber nichts daran, dass im Prinzip für die Auszahlung die Zustimmung des Ehegatten notwendig ist.
Ich rate Ihnen bei der Stiftung Auffangeinrichtung nachzufragen, ob diese Unterschrift auch verlangt wird, wenn das Freizügigkeitskonto fünf Jahre nach Pensionierung ausbezahlt werden soll. Im Reglement wird dies als spätmöglichster Termin für eine Auszahlung bezeichnet.
Das im vorliegenden Fall dem anderen Ehepartner das Vertretungsrecht über die eheliche Gemeinschaft entzogen wurde dürfte nichts daran ändern, dass er im Prinzip für eine Auszahlung des Freizügigkeitskapitals an den anderen Ehegatten zustimmen muss.
Es ist aber möglich das Zivilgericht anzurufen. Dieses kann im Sinne einer Eheschutzmassnahme die Auszahlung an einen Ehegatten ohne Zustimmung des anderen Ehegatten vorsehen.
Ich hoffe, das dient Ihnen.
Prof. Peter Mösch Payot