Guten Tag Herr Pärli, guten Tag Herr Petrik,
ich begleite eine (58j.) Klientin im Rahmen der betrieblichen Sozialberatung.
Sie hat nach 6 jähriger Anstellung aus wirtschaftlichen Gründen die Kündigung erhalten. Ihr wurde mittgeteilt, das die Kündigungsfrist auf 6 Monate verlängert werden könne, damit sie mehr Zeit für die Stellensuche habe.
Sie hat im Gespräch zwei Dokumente zur Unterschrift erhalten.
Das eine betrifft die "Kündigung des Arbeitsverhältnis" seitens des Arbeitgebers mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten bis 30.9.21. Sollte sie bei Austritt infolge Krankheit arbeitsunfähig sein, gäbe es es eine Nachdeckung bis zur max. Leistungsdauer von 730 Tagen (abzüglich Wartefrist.)
Das zweite Dokument betrifft eine "Aufhebungsvereinbarung." Darin steht, dass das Arbeitsverhältnis im gegenseitigen Einvernehmen per 31.12.21 aufgelöst wird, auch dann, wenn die Arbeitnehmerin arbeitsunfähig sein sollte. Bei einer Neuanstellung wäre ein frühzeitiger Austritt möglich.
Welche Nachteile müsste Sie bei der Aufhebungsvereinbarung erwarten in Bezug einer allfälligen Krankheit?
Was ist bez. RAV und Einstelltagen zu erwarten?
Vielen Dank für Ihre Auskunft.
Freundliche Grüsse
Frage beantwortet am
Kurt Pärli
Expert*in Arbeitsrecht
Sehr geehrte Frau Maurice
Gerne beantworte ich Ihre Frage wie folgt: Ihre Klientin ist im sechsten Dienstjahr, d.h., sie hat Anspruch auf längstens 180 Tage Sperrfristenschutz. Weiter gehe ich davon aus, dass Ihre Klientin eine zweimonatige (ev. dreimonatige, je nach vertraglicher Regelung) Kündigungsfrist hat. Von heute (18.6.2021) ausgehend könnte das Arbeitsverhältnis im Falle einer länger dauerenden Krankheit frühestens per Ende Februar 2022 (bei einer zweimonatigen Kündigungsfrist) bzw. Ende März 2022 (bei einer dreimonatigen Kündigungsfrist) beendet werden. So gesehen stellt die im Aufhebungsvertrag vorgesehene Beendigung des Arbeitsverhältnisses per 31.12.2021 einen Verzicht auf (mögliche) Ansprüche dar. Dies könnte seitens der Arbeitslosenversicherungsbehörden als Sanktionsgrund ausreichen. Zu beachten ist aber, dass die Alternative zum Aufhebungsvertrag eine Kündigung per 30.9.2021 (also mit drei monatiger Kündigungsfrist ist). Angesichs dieser Ausgangslage und weil Ihr Klient ja nicht arbeitsunfähig ist, sollte eine Sanktion im vorliegenden Fall auch bei der Aufhebungsvereinbarung ausblieben. Wichtig ist meines Erachtens aber noch der folgende Punkt: Wie sieht es im Falle der Aufhebungsvereinbarung aus, wenn ihre Klientin im Zeitpunkt des Austritts aus der Firma arbeitsunfähig ist, besteht auch dann (obwohl das Arbeitsverhältnis endet) Anspruch auf Lohnfortzahlung durch die Kollektivkrankentaggeldversicherung? Oder besteht zumindest der Anspruch auf Weiterführung des Krankentaggeldversicherungsschutzes über eine Einzeltaggeldversicherung (mit Übertrittsrecht ohne Gesundheitsprüfung)? Nach Klärung dieser Fragen haben Sie die nötigen Grundlagen, um ihre Klientin optimal beraten zu können. Falls bei Arbeitsunfähgkeit im Dezember auch bei der Variante "Aufhebungsvereinbarung" der Verbleib in der Kollektivkrankentaggeldversicherung möglich ist, dann ist ihre Klientin für den "worst case" abgesichert und das Risiko, falls sie keine Anschlussstelle findet, von den Arbeitslosenversicherungsbehörden sanktioniert zu werden, ist sehr gering.
Genügen Ihnen diese Auskünfte?
Mit Dank für die Kenntnisnahme und freundlichen Grüssen
Kurt Pärli