Guten Tag
Ich wende mich mit folgendem Anliegen an Sie:
Die Klientin wird mit Sozialhilfe unterstützt. Es bestehen diverse Abtretungen gegenüber dem Amt für Inkasso für die Bevorschussung von Unterhaltsbeiträgen, der Ausgleichskasse betreffend Nachzahlung Kinderzulagen und beim Kanton betreffend Nachzahlung Stipendien.
Nun möchte die Klientin sämtliche von ihr unterschriebenen Abtretungserklärungen per sofort aufheben, obwohl wir noch auf rückwirkende Zahlungen warten, um damit die bevorschussten Sozialhilfeleistungen zu verrechnen (zum Beispiel Nachzahlung Kinderzulagen und Stipendien). Für die Bevorschussung von Unterhaltsbeiträgen vom Amt für Inkasso warten wir auf keine Nachzahlung.
Darf die Klientin von sich aus die Abtretungserklärungen gegenüber subsidiären Leistungen aufheben oder können wir als Sozialdienst darauf beharren, die Leistungen abgetreten zu lassen?
Vielen Dank für Ihre Rückmeldung.
Sandra Berchtold / Uli Truffer
Frage beantwortet am
Anja Loosli Brendebach
Expert*in Sozialhilferecht
Sehr geehrte Frau Berchtold, Sehr geehrter Herr Truffer
Vielen Dank für Ihre Frage. Ich beantworte diese gerne wie folgt:
1. Zuerst möchte ich die Frage betreffend Nachzahlung der Kinderzulagen beantworten.
Kinderzulagen sind eine sozialversicherungsrechtliche Leistung, weshalb die Regeln für die Sozialversicherung zur Anwendung gelangen. Diesbezüglich sagt Art. 21a Abs. 2 des Gesetzes über die Eingliederung und die Sozialhilfe des Kantons Wallis (GES) vom 29.03.1996, dass die Sozialhilfe, wenn sie solche Leistungen bevorschussst, die Sozialversicherung zu informieren hat. Diese muss der Sozialhilfe dann die bevorschussten Leistungen für die fragliche Zeit überweisen. Das Einverständnis des Sozialhilfeempfängers ist nicht notwendig.
Bezüglich der Kinderzulagen reicht es somit, wenn die Sozialhilfe die Ausgleichskasse über die Bevorschussung der Kinderzulagen informiert und verlangt, dass die Nachzahlung von der Ausgleichskasse an die Sozialhilfe erfolgt. Da es dafür das Einverständnis der Klientin nicht braucht, spielt es keine Rolle, wenn sie diese Abtretungserklärung widerruft.
2. Bei anderen Leistungserbringern wie den Unterhaltszahlungen und den Stipendien braucht es nach Art. 21a Abs. 3 GES eine schriftliche Abtretungs für die Überweisung der Leistungen an die Sozialhilfe. Die Hilfesuchende muss in diesem Falle eine Abtretung zu Gunsten der Sozialhilfe unterzeichnen, bevor ein Vorschuss durch die Sozialhilfe gewährt wird.
Dies bedeutet für mich, dass die Sozialhilfe die weiteren finanziellen Leistungen davon abhängig machen kann, dass die Klientin die Abtretungserklärungen nicht widerruft. Tut sie dies dennoch, kann die Sozialhilfe damit aufhören zu bevorschussen, also die Leistungen einstellen, wenn auch akutell noch Unterhalt bzw. Stipendien geschuldet sind und dies nicht nur Leistungen der Vergangenheit sind. Zumindest scheint mir die Einstellung im Umfang der entgangenen Leistungen richtig, wenn auch nicht die vollumfängliche Einstellung. Wichtig ist meiner Ansicht nach aber auf jeden Fall, dass die Klientin informiert wird über das geplante Vorgehen der Sozialhilfe, wenn sie die Zahlungsanweisungen widerruft, bevor die Leistungen eingestellt werden.
3. Der Vollständigkeithalber möchte ich gerne ergänzen, dass in Art. 21a Abs. 4 GES festgehalten ist, dass die Sozialhilfe die Rückerstattung und allenfalls eine Sanktion verfügen muss, wenn die Nachzahlungen für eine bevorschusste Zeit an die Klientin direkt gehen und sie diese nicht freiwillig umgehend zurückbezahlt. Dies ist aber nur dann notwendig, wenn die Leistungen nicht (partiell) eingestellt werden können, weil der Anspruch auf Unterhalt und Stipendien nur in der Vergangenheit, nicht mehr aber aktuell besteht.
Ich hoffe, Ihnen mit dieser Antwort weiterhelfen zu können. Gerne können Sie auch Rückfragen stellen.
Freundliche Grüsse
Anja Loosli Brendebach