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AUF während Mutterschaftsurlaub - Wartezeiten KTG-Vers.

Veröffentlicht:
29.01.2025
Kanton:
Schwyz
Status:
Neu
Rechtsgebiet:
Sozialversicherungsrecht

Sehr geehrtes Rechtsberatungs-Team

Ich berate eine Klientin, die sich seit dem 12.12.2024 im Mutterschaftsurlaub befindet. Drei Wochen vor der Geburt war sie bereits im Spital hospitalisiert. Leider ist das Kind acht Tage nach der Geburt verstorben. Das Kind kam nach der 23. Schwangerschaftswoche zur Welt, womit der Mutter (neben den anderen, erfüllten Anspruchsvoraussetzungen) eine Mutterschaftsentschädigung zusteht.

Seit dem 30.12.2024 ist die Klientin aufgrund des Verlust ihres Kindes in psychiatrischer Behandlung und aus Sicht des Behandlers liegt eine 100%-ige Arbeitsunfähigkeit vor.

Durch den Arbeitgeber besteht eine KTG-Versicherung, wobei eine Wartezeit von 60 Tage besteht. Da die Klientin seit April 2024 bei dem derzeitgen Arbeitgeber angestellt ist, hat sie gemäss OR, bzw. Arbeitsvertrag, 30 Tage Lohnfortzahlung zugute. Einen Teil davon hat sie während des dreiwöchigen Spitalaufenthaltes vor der Geburt des Kindes bezogen.

Der Arbeitgeber hat die Klientin nun gefragt, ob sie nach den 8 Wochen Beschäftigungsverbot wieder arbeiten wolle, womit die Mutterschaftsentschädigung entfallen würde. Die Klientin fühlt sich aber noch nicht zu 100% arbeitsfähig. Eine Teilzeit-Arbeitsfähigkeit wäre allenfalls denkbar, was jedoch für die Klientin finanzielle Einbussen bedetuen würde, weil die Lohnfortzahlung bald ausgeschöpft ist, was sich die Klientin nicht leisten kann.

Nun meine Fragen zu der obigen Situation:

1. Ab wann beginnt die Wartezeit der KTG-Vers. zu Laufen (im vorliegenden Fall ab dem Eintritt in das Spital, drei Wochen vor der Geburt des Kindes?) und wird diese Wartezeit im vorliegenden Fall durch den Mutterschaftsurlaub unterbrochen? Oder können diese Fragen nur mittels Einsicht in die AVB der KTG-Vers. beantwortet werden?

2. Macht es Sinn, die Klientin trotz Mutterschaftsurlaub krankzuschreiben? Wenn ja: Aufgrund von welchen Überlegungen?

3. Welches Vorgehen können Sie der Klientin aus versicherungsrechtlicher Sicht in Bezug auf den Wiedereinstieg empfehlen: Soll die Klientin den vollen Mutterschaftsurlaub beziehen und in dem Sinne diesen Anspruch voll ausschöfpen? 

Für Ihre Unterstützug bedanke ich mich.

Frage beantwortet am

Peter Mösch Payot

Expert*in Sozialversicherungsrecht

Gerne beantworte ich Ihre Frage.

 

1. Ab wann die Wartefrist für Ansprüche auf Krankentaggelder beginnt, lässt sich nur nach Einsicht in die AVB der Krankentaggeldversicherung eruieren.

Wahrscheinlich wird die Wartefrist pro Fall einer Arbeitsunfähigkeit beginnen.

Im vorliegenden Fall müssen folgende Fragen genauer aus den AVB interpretiert werden:

- Ist die AUF drei Wochen vor der Geburt (Hospitalisation) ein versichertes Ereignis aufgrund der Versicherung, also krankheitsbedingt?

- Was ist die Folge, wenn bei laufender AUF durch die Geburt ein anderer Grund, Geburt/Mutterschaft (und ist diese und ihre Folgen ev. auch versichert) hinzutritt und ebenfalls eine AUF bewirkt?

 

Je nach Interpretation beginnt die AUF bereits mit der Hospitalisation oder erst nachher mit der psychisch bedingten AUF.

 

2. Eine Krankschreibung kann in diesem Fall, auch wenn sie bereits im Zeitraum, in dem Mutterschaftstaggelder gewährt werden, sinnvoll sein. Und zwar deswegen, weil ev. für den Anspruch auf KTV (je nach AVB), aber ev. auch einer späteren Leistung der Pensionskasse wegen Invalidität, relevant ist, wann die AUF begonnen hat. Namentlich, ob dies in einem Zeitraum war, als noch eine Anstellung vorlag. Und hierfür ist dann als Beweismittel von Bedeutung, dass die Arbeitsunfähigkeit schon während der Anstellung erfolgt. Wenn dies schon während des Bezugs der Mutterschaftsentschädigung belegt ist, entstehen insoweit keine beweismässigen Zweifel.  

Da aber ev. auch eine Krankschreibung erst ab dem Zeitpunkt des Auslaufens der Mutterschaftsentschädigung kein Nachteil sein muss, könnte insoweit noch mit der KTV und in deren AVB abgeklärt werden, ob bei einer Arbeitsunfähigkeit während des Bezuges der Mutterschaftsentschädigung, die entsprechenden Tage des Anspruchs an die Höchstzahl versicherter Taggelder angerechnet würde oder nicht. Falls im vorliegenden Fall schon während des Bezuges der Mutterschaftsentschädigung ein Krankentaggeldanspruch entsteht (siehe Frage 1), und falls gemäss den AVB die Taggelder, die in diesem Zeitraum von der EO bezahlt werden, am Gesamtanspruch an Krankentaggeldern in Abzug gebracht werden würden, so wäre es von Vorteil, wenn die AUF erst ab dem ersten Tag nach dem Bezug der EO festgestellt wird.  

 

3. Grundsätzlich sollte während des Bezuges der Mutterschaftsentschädigung die EO voll bezogen werden und zur Erholung genutzt werden. Auch im Falle des Versterbens des Kindes. Eine vorherige Aufnahme der Tätigkeit ist nämlich auf jeden Fall verbunden mit einem entsprechenden Verlust der Ansprüche auf den Erwerbsersatz. 

Und falls dann in der Folge die AUF sich steigert oder wieder neu entsteht ist in der vorliegenden Konstellation damit zu rechnen, dass wiederum eine Wartezeit für den Bezug von Krankentaggeldern entsteht, ohne dass in der entsprechenden Zeit für die gesamte Zeit eine arbeitsvertragliche Lohnfortzahlungspflicht besteht. 

Ich hoffe, das dient Ihnen. 

Prof. Peter Mösch Payot