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Art. 92 Ziff. 5 - Umsetzung in der Praxis ? - Erspartes aus unpfändbarem Einkommen - pfändbar ?

Veröffentlicht:
07.05.2019
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Schuldenberatung

 Art. 92
Unpfändbar sind:.

5 die dem Schuldner und seiner Familie für die zwei auf die Pfändung folgenden Monate notwendigen Nahrungs- und Feu- erungsmittel oder die zu ihrer Anschaffung erforderlichen Bar- mittel oder Forderungen;

Guten Tag,

Wir haben als Fachstelle für Erwachsenenschutz mit unterschiedlichen Betreibungsämter zu tun und möchten gerne wissen wie Art. 92 Ziff 5 SCHKG in der Praxis rechtskonform umgesetzt wird:

bei KlienteInnen, die als Einkommen eine IV-Rente und Ergänzungsleistungen oder eine AHV-Rente und Ergänzungsleistungen  haben, (unpfändbare Einkommen), sich jedoch etwas Erspartes auf dem Bankkonto angesammelt hat.

Darf das Ersparte, dass aus unpfändbarem Einkommen entstand, gepfändet werden ?

wenn ja: wieviel des Ersparten bleibt unpfändbar ?

bei Alleinstehenden ?

Personen im Konkubinat ?

bei Verheirateten ?

Wie verändert sich die unpfändbare Quote mit Kindern ?

Wie verhält es sich mit Ausgaben, die einmal pro Jahr bezahlt werden und für welche monatliche Rücklagen getätigt werden ?

Wie ist das Vorgehen, wenn wir als VertretungsbeiständInnen mit einem Entscheid des Pfändungsbeamten nicht einverstanden sind ?

Wenn das Betreibungsamt eine Anzeige der Pfändung  an die Bank macht, wie wäre der Rechtsmittelweg und die entsprechenden Fristen ?

Tatsache ist in aller Regel auch, dass der Schuldenberg der KlientInnen zu hoch ist resp. das Einkommen zu niedrig, um eine umfassende Schuldensanierung umzusetzen.

Müssten wir in solchen Situationen unsere Budget so gestalten, dass keine Rücklagen gemacht werden und es damit auch nicht möglich ist z.b. ein Jahresabonnement für die ÖV zu kaufen ?

Besten Dank für die Beantwortung unserer Fragen.

Verena Iten FES Glattbrugg

Frage beantwortet am

Doris Platania

Expert*in Schuldenberatung

Sehr geehrte Frau Iten,

vielen Dank für Ihre Frage

Leider muss ich Ihnen folgendes mitteilen:

Gemäss Bundesgericht kann dem Schuldner nicht noch zusätzlich ein Barnotbedarf zur Anschaffung von Nahrungs- und Feuerungsmitteln zugestanden werden, wenn er über ein regelmässiges Einkommen verfügt, das dies deckt (siehe Anhang: BGE und Auszug aus dem SchKG-Kommentar).

Ebenso hat das Gericht in Baselland entschieden, dass "geäufnete" Sparguthaben aus AHV- oder IV-Renten pfändbar sind (siehe Anhang: Auszug aus dem SchKG-Kommentar).

Grundsätzlich kann gesagt werden, dass in einer Pfändung kein Erspartes möglich ist (so wie es z.B. bei der EL erlaubt ist).

Schlussendlich muss aber immer jeder Einzelfall angeschaut werden. Zudem kann sich die Rechtsprechung auch wieder ändern und es kann unter gewissen Umständen angezeigt sein, eine Beschwerde zu machen. Ein Argument könnte sein, dass Rückstellungen für jährliche Rechnungen gemacht werden, die zum notwendigen Lebensunterhalt gehören. Aber ob dies ein Gericht akzeptiert und so gutheisst, ist ungewiss. Denn grundsätzlich ist es so, dass bei Bezahlung einer Rechnung, wenn sie zum notwendigen Lebensunterhalt gehört und eine Pfändung läuft, das Betreibungsamt gegen Vorlegung der Quittung das Geld aus der Pfändung in dieser Höhe zurückerstatten muss.

Somit erübrigen sich die Fragen bzgl. der Sparbeträge für die jeweilige Personengruppe.

Zu den weiteren Fragen:

Der Entscheid des Pfändungsbeamten, was gepfändet wird, wird in der Pfändungsurkunde festgehalten. Dagegen kann der Schuldner oder sein gesetzlicher Vertreter oder sonst sein Vertreter (mit einer Vollmacht) Beschwerde an die Aufsichtsbehörde über die Betreibungs- und Konkursämter erheben (Art. 17 ff. SchKG). Die Frist ist kurz und beträgt 10 Tage seit der Schuldner Kenntnis von der Pfändungsurkunde hat.

Somit müssten auch bei einer Pfändung an die Bank diese Fristen eingehalten werden. Eine Beschwerde bei der Aufsichtsbehörde, oder auch bei der höheren Instanz ist gratis.

Wenn die Verfügung nichtig ist, kommt diese Frist nicht zur Anwendung, sprich wenn ein Verstoss gegen Vorschriften, die im öffentlichen Interesse oder im Interesse von am Verfahren nicht beteiligten Personen erlassen worden sind; unter anderem ist eine Verfügung auch nichtig, wenn ein schwerer Eingriff ins BEX vorliegt. Dies muss aber auch im Einzelfall geprüft werden.

Um keine unnötigen Diskussionen zu haben und um sicher zu sein, ist es wichtig, die Frist von 10 Tagen einzuhalten. Grundsätzlich kann gegen eine Verfügung des Betreibungsbeamten, so z.B. auch gegen die Berechnung des BEX, eine Beschwerde nach Art. 17 SchKG erhoben werden (mit einer Frist von 10 Tagen).

Bzgl. Ihrer Frage nach dem knappen Budget ist es tatsächlich so, dass eine Schuldensanierung mit einer Lohnpfändung nicht möglich ist. Rücklagen für ein Jahresabo werden vermutlich schwierig werden, aber ein Monatsabo (z.B. um Arztbesuche zu machen) sollte jedoch ins Existenzminimum eingerechnet werden.

Falls Sie weitere Fragen haben, können Sie sich gerne melden.

P.S. leider kann ich keine Datei anhängen, ich muss das mit dem Forum abklären, wie das zukünftig geht. Dank fürs Verständnis

Freundliche Grüsse

Doris Platania