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Arbeitsvertrag künden nach Mutterschaftsurlaub

Veröffentlicht:
30.11.2020
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Arbeitsrecht

Guten Tag

Im Rahmen einer persönlichen Beratung begleite ich eine Klientin, die im Dezember ihr Kind gebären wird. Sie ist in einem 90%-Pensum angestellt, will nach dem Mutterschaftsurlaub drei Monate unbezahlten Urlaub in Anspruch nehmen und anschliessend zu einem reduzierten Pensum (40-60%) beim Arbeitgeber wieder einsteigen. Von der Geschäftsleitung wurde sie nun aufgefordert, den Arbeitsvertrag per Ende Dezember zu kündigen. Es gibt eine mündliche Vereinbarung, dass sie nach dem Mutterschafts- resp. dem unbezahlten Urlaub wieder eingestellt wird. Folgende Fragen stellen sich:

- Ist eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses tatsächlich nötig?

- Worin liegt der Unterschied zwischen unbezahltem Urlaub und einem Vertragsunterbruch in Bezug auf die Sozialversicherungen (KTG, UVG, AHV, BVG)?

- Mit welchen Kosten ist zu rechnen, wenn sie die Kosten für die Sozialversicherungen während dem unbezahlten Urlaub selber tragen muss?

- Was raten Sie meiner Klientin, wie sie sich absichern/weiter vorgehen sollte? 

Ich danke Ihnen für bereits im Voraus für Ihre Rückmeldung.

Freundliche Grüsse

Frage beantwortet am

Kurt Pärli

Expert*in Arbeitsrecht

Sehr geehrter Herr Reinhard

Gerne beantworte ich Ihre Fragen wie folgt:

Offensichtlich sind sich Arbeitgeberin und Arbeitnehmerin einig bezüglich der Weiterführung des Beschäftigungsverhältnisses nach Niederkunft, Mutterschaftsurlaub und unbezahltem Urlaub. Es fragt sich nun, wie diese Absicht am besten umgesetzt wird.

Während der Schwangerschaft und bis 16 Wochen nach der Niederkunft geniesst eine Arbeitnehmerin Kündigungsschutz. Die Arbeitgeberin könnte deshalb das Arbeitsverhältnis nicht bzw. erst nach Ablauf dieser Sperrfrist künden.

Die Arbeitnehmerin könnte das Arbeitsverhältnis künden, der Kündigungsschutz gilt bei Kündigungen durch die Arbeitnehmerin selbst nicht. Allerdings ist der Arbeitnehmerin die Kündigung nicht zu empfehlen. Es können Umstände auftreten (Fehlgeburt, Scheidung, Tod des Partners u.ä.), die eine Fortsetzung des bisherigen Arbeitsvertrages als notwendig erscheinen liessen.

Als sinnvoll erweist sich in der Praxis folgendes Vorgehen:

- Es wird zwischen den Parteien eine Vereinbarung (Vertragsänderungsvertrag) abgeschlossen mit folgendem Inhalt:

   - unbezahlter Urlaub nach Ende Mutterschaftsurlaub von drei Monaten, während dieser Zeit bleibt es beim bisherigen Beschäfitgungsgrad von 90%, die ARbeitgeberin schuldet aber dafür keinen Lohn, da die Klientin ja auch nicht arbeitet.

- Regelung der Versicherungsfragen für die Zeit des unbezahlten Urlaubes (Abredeversicherung bei der Unfallversicherung, Prüfen, ob in der Pensionskasse die Weiterversicherung während des unbezahlten Urlaubes möglicht ist).

- Regelung des Beschäftigungsgrades nach Ende des unbezahlten Urlaubes

Zu den Kosten während des unbezahlten Urlaubes:

- Unfallversicherung = Abredeversicherung, die Kosten sind sehr tief

- Berufliche Vorsorge = hier ist zu klären (mit der Pensionskasse) ob nur die Risiken Alter und Tod weiterversichert werden sollen oder ob während des Urlaubes auch Altersbeiträge einbezahlt werden können (unbedingt zu empfehlen im Hinblick auf eine spätere Rente)

- AHV-Beiträge sind unproblematisch, da bei drei Monaten unbezahlter Urlaub keine Beitragslücken entstehen.

- Krankentaggeldversicherung: An sich keine Regelung notwendig, wenn der Vertrag zum bisherigen Pensum bis Ende unbezahlter Urlaub weiterläuft. Eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit während des unbezahlten Urlaubes lässt sich gar nicht versichern, weil ja auch ohne Krankheit nicht gearbeitet worden wäre. Die genauen Details sind aber auch hier direkt mit der Krankentaggeldversicherung zu klären.

Auch wenn die Arbeitgeberin einem Vertragsänderungsvertrag zustimmt, soll die Arbeitnehmerin den bisherigen Vertrag keinesfalls schon jetzt von sich aus künden (nocheinmal: Die Arbeitgeberin kann erst 16 Wochen nach der Niederkunft künden).

Genügen Ihnen diese Auskünfte? Mit bestem Dank für die Kentnisnahme und freundlichen Grüssen

Kurt Pärli