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Arbeitsrechtliche Grundlagen für Kleinstheim und Lohnbenchmark Kt. Bern

Veröffentlicht:
22.05.2021
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Arbeitsrecht

Guten Tag
Wir sind ein Kleinstheim für erwachsene Behinderte (psychisch erkrankte) im Kanton Bern mit 12 stationären Plätzen. Wir beschäftigen 14 meist Teilzeitmitarbeitende. Welche arbeitsrechtliche Grundlagen müssen wir zwingend anwenden?
Ist es korrekt, dass wir nicht dem ArG unterstehen und der Normalarbeitsvertrag aus dem Jahr 1985 nicht zur Anwendung kommt, wenn wir einen Einzelarbeitsvertrag haben? Welche gesetzlichen Grundlagen kommen zur Anwendung bei der Ausarbeitung des Einzelarbeitsvertrages? Gibt es Vorlagen fürs ein Personalreglement für Wohnheime? Gibt es Vorlagen für die Lohneinreihung für Sozialpädagog*innen und einen Lohnbenchmark für den Kanton Bern?
Vielen Dank!
Freundliche Grüsse
Franziska Honegger

Frage beantwortet am

Kurt Pärli

Expert*in Arbeitsrecht

Sehr geehrte Frau Honegger

Um Ihre Frage ganz korrekt beantworten zu können, muss ich wissen, ob es sich bei Ihrem Heim um ein privatrechtliches Heim handelt wie bsw. eine Stiftung, ein Verein oder auch eine GmbH. Für die Beantwortung Ihrer Frage gehe ich einmal davon aus.

Zur Frage des Arbeitsgesetzes (ArG): Das ArG ist auf alle öffentlichen und Betriebe anwendbar. Es gibt aber Ausnahmen, zum einen Ausnahmen vom betrieblichen und zum anderen Ausnahmen vom persönlichen Geltungsbereich.

Nicht dem ArG unterstellt sind Verwaltungen des Bundes, der Kantone und Gemeindensowie ihre Anstalten. Eine Einrichtunguntersteht dem ArG somit nur dann nicht, wenn sie vollumfänglich Teil einer öffentlichenVerwaltung und in diese hierarchisch, führungsmässig und administrativ integriert ist oder dieser Situation als unselbständige Anstalt gleichgestellt ist.Hingegen unterstehen dem ArG alle Institutionen, welche von der staatlichen Verwaltung autonom sind bzw. den Begriffen«Heim»bzw. «Internat» entsprechen. Dazu zählen Kinder-, Erziehungs-, Anlern-, Ausbildungs-, Beschäftigungs-, Alters-, Pflege-, Kranken-, Unterkunfts-und Versorgungsheime. Im Lichte dieser Rechtslage untersteht Ihre Institution als solches dem ArG.

Zu beachten ist aber weiter, dass bestimmte Personen nicht dem ArG unterstellt sind. Das Gesetz nennt u.a."Erzieher" und "Fürsorger" Diese Begriffe sind wiefolgt definiert: )«Erzieherinnen und Erzieher sind Personen mit einer anerkannten pädagogischen Fachausbildung oder einer gleichwertigen Aus-und Weiterbildung»(Art. 12Abs 2 Verordnung 1 zum ArG, ArGV 1) und «Fürsorgerinnen und Fürsorger sind Personen mit einer anerkannten Fachausbildung sozial-pädagogischer oder sozial-psychologischer Richtung oder einer glei-chwertigen Aus-und Weiterbildung»(Art. 12 Abs. 3 ArGV1).

Über eine «gleichwertige Aus-und Weiterbildung» imSinne dieser beiden Bestimmungen verfügt, wer folgende Bedingungen erfüllt:«Grundausbildung miteinem Diplomabschluss, wie z.B. eine Maturitätoder ein eidgenössischer Fähigkeitsausweis gefolgt von einer sechsmonatigen Einführungszeitunter Anleitung einer diplomierten Fachperson.Zudem müssen die hier in Frage stehenden Personen an einer Weiterbildung, die mindestens ein bis drei Tage pro Jahr dauert, teilnehmen». 

Somit steht fest: In Ihrem Kleinstheim unterstehen diejenigen Personen nicht dem ArG, auf die die genannten Voraussetzungen zutreffen. Für alle anderen gelten sämtliche Vorschriften.

Zu beachten ist weiter, dass diejenigen Personen, die vom persönlichen Geltungsbereich ausgenommen sind, die Gesundheitsvorschriften des Arbeitsgesetzes dennoch Gültigkeit haben. Das betrifft insbesondere auch die vielen Schutzvorschriften für schwangere Mitarbeiterinnen.

Weitere Informationen finden Sie hier: https://vpod.ch/downloads/sozialbereich/die-anwendung-des-arbeitsgesetzes-in-heimen.pdf

Richtig ist, dass der NAV Heime nicht zur Anwendung kommt, wenn sie in Einzelarbeitsverträge abschliessen und diese im Verhältnis zum NAV abweichende Vorschriften vorsehen.

Weiter müssen Sie die zwingenden Bestimmungen des Arbeitsvertragrechts (Art. 319 ff. Obligationenrecht) sowie selbstverständlich auch die gesetzlichen Sozialversicherungsbestimmungen (AHV, Pensionskasse, Unfallversicherung usw.) einhalten.

Für die konkrete Ausgestaltung ihrer Einzelarbeitsverträge empfehle ich Ihnen, sich rechtlich beraten zu lassen , zum Beispiel hier: https://www.curaviva.ch/Dienstleistungen/Rechtsberatung/PXz6M/ . .

Zum Thema Lohn hilft IHnen diese Seite weiter: https://savoirsocial.ch/wp-content/uploads/2017/07/170516_Orientierungshilfe_Einsteigerl%C3%B6hne_D_NV.pdf

Genügen Ihnen diese Auskünfte?

Mit Dank für die Kenntnisnahme und freundlichen Grüssen

KUrt Pärli