Guten Tag
Klient X kommt aus Deutschland, arbeitete seit 2006 in der Schweiz und erhielt nach 5 Jahren die Aufenthaltsbewilligung C. 2014 zog er aufgrund eines Stellenwechsels in einen anderen Kanton. Dort wurde seinen Status von C auf G (Grenzgänger) gewechselt, mit der Begründung, dass sein Lebensmittelpunt nicht in der Schweiz sei. Herr X hat nicht interveniert, da sich für ihn zu diesem Zeitpunkt finanziell nicht viel änderte. Im August 2015 erhielt er die Kündigung seiner Arbeitsstelle aus wirtschaftlichen Gründen. Noch in der Kündigungsfrist musste er sich ein künstliches Hüftgelenk einsetzen lassen (später noch zwei Knieprothesen) und war bis vor kurzem zu 100% arbeitsunfähig. Herr X meldete sich nach der Kündigung auch bei der Arbeitslosenkasse, Leistungen wurden aber abgewiesen, da Vermittlungsfähigkeit aufgrund der Arbeitsunfähigkeit nicht gegeben war. Auf seinen Status wurde nicht eingegangen.
Im Oktober 2017 hat die Krankentaggeldversicherung die Leistungen nun eingestellt. Herr X hat Anspruch auf Arbeitsvermittlung durch die IV. Er ist seit Oktober 50% und seit November wieder zu 100% arbeitsfähig. Er meldete sich bei der Arbeitslosenkasse, die Leistungen der Arbeitslosenversicherung wurden aber wegen seinem G-Status abgelehnt.
Meine Fragen zum Fall:
- Ist die Ablehnung der Arbeitslosenkasse rechtens?
- Hätte die Arbeitslosenkasse bereits bei der ersten Anmeldung seinen Status überprüfen müssen?
- Ist es möglich, dass die IV Massnahmen spricht aber die Arbeitslosenkasse ablehnt?
Vielen Dank für Ihre Bemühungen.
Valeria Küttel
Frage beantwortet am
Peter Mösch Payot
Expert*in Sozialversicherungsrecht
Sehr geehrte Frau Küttel
Für Ihre Anfrage habe ich einige Abklärungen tätigen müssen und warte noch auf Antwort. Sie dürfen eine Antwort bis Ende dieser Woche erwarten. Beste Grüsse Peter Mösch
Frage beantwortet am
Peter Mösch Payot
Expert*in Sozialversicherungsrecht
Sehr geehrte Frau Küttel
Grenzgänger haben keinen Wohnsitz in der Schweiz. Der Wohnsitz in der Schweiz ist aber, auch im Lichte der Verordnungen zu den Freizügigkeitsabkommen, Voraussetzung für den Bezug von Leistungen der Arbeitslosenvesricherung (vgl. Art. 8 AVIG). Ein Leistungsexport findet nicht statt. Hat der Betroffene also Wohnsitz in Deutschland so müsste er dort Arbeitslosentaggelder beanspruchen. Die Ablehnung erscheint mir also bei diesem Sachverhalt rechtens.
Tatsächlich hätte die Arbeitslosenkasse auch schon bei der ersten Anmeldung den Status überprüfen müssen.
Für die Invalidenversicherung gelten etwas andere versicherungsmässige Voraussetzungen gemäss dem Freizügigkeitsabkommen.für berufliche Massnahmen wie die Arbeitsvermittlung.
Nach Ziff. 8. Bst. i) Ziff. 1. In Abschnitt A Anhang II des Freizügigkeitsabkommens (FZA) gilt ein Arbeitnehmer oder Selbstständiger, der dem Schweizerischen Recht über die Invalidenversicherung nicht mehr unterliegt, weil er seine existenzsichernde Erwerbstätigkeit in der Schweiz infolge Unfalls oder Krankheit aufgeben musste, als in dieser Versicherung versichert für den Erwerb des Anspruchs auf Eingliederungsmassnahmen und während der Durchführung dieser Massnahmen, sofern er keine anderweitige Erwerbstätigkeit ausserhalb der Schweiz aufnimmt.
Die im Anhang II FZA hinsichtlich Eingliederungsmassnahmen vorgesehene Verlängerung der Versicherung endet mit der Zusprechung einer Rente oder wenn die Eingliederung erfolgreich durchgeführt wurde oder auch eine Erwerbstätigkeit ausserhalb der Schweiz aufgenommen wird oder wenn Arbeitslosengelder im Wohnland bezogen werden (BGE 132 V 244 E. 6.4.1).
Der Bezug von Arbeitslosengeldern im Wohnland ist dabei wie eine Erwerbstätigkeit ausserhalb der Schweiz zu behandeln, führt also ebenfalls zu einer Ablehnung des Anspruchs. (BGE 132 V 53 E. 6.6).
Der Betroffene muss sich also bewusst sein, dass ein Geltendmachen und Erhalt der Deutschen Arbeitslosenversicherungsrente dazu führen wird, dass keine Eingliederungsmassnahmen der IV der Schweiz mehr gewährt werden können.
Ich hoffe, das dient Ihnen.
Peter Mösch Payot