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Arbeiten ausserhalb von Blockzeiten

Veröffentlicht:
25.02.2020
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Arbeitsrecht

Guten Tag

Im Rahmen der betrieblichen Sozialberatung ist eine Mitarbeitende eines Kundenunternehmens von uns mit folgender Situation an uns gelangt:

- Sie haben Blockzeiten von 8 - 17 Uhr. Wenn bis zu 14 Minuten vor oder nach der Blockzeit gearbeitet werde, gehe diese Zeit zu Lasten der Arbeitnehmer. Erst ab 15 Minuten vor oder nach Blockzeit kann diese als Arbeitszeit mutiert werden, aber auch dann nur, wenn man dies als Mitarbeiter dem Vorgesetzten gegenüber begründen kann. Auch mit Begründung sei es jedem Vorgesetzten selber überlassen, ob er dies dann so gelten lassen wolle oder nicht.

- Im Personalreglement und im Handbuch zum Thema Arbeitszeit gebe es gemäss dieser Mitarbeiterin keine Angabe betr. Umgang mit dieser "Zusatz" Zeit

Betr. Pausen gibt es die folgende Regel:

- Auch da bestehen Blockzeiten und zwar werden 20 Minuten als bezahlte Pause bereits ins Tagessoll eingerechnet.

- 30 Minuten für die Mittagspause werden automatisch abgezogen. Da diese Mitarbeitenden im Betreuungssetting arbeiten, wird dann gewissen  Mitarbeitenden die Zeit wieder gut geschrieben, wenn sie aus betrieblichen Gründen keine Pause machen können. Dies wird aber von Station zu Station unterschiedlich gehandhabt. Einige können gar keine Pause machen, die Arbeitszeit von 30 Minuten wird aber trotzdem abgezogen. Und wenn nur eine Pause von 20 Minuten gemacht werden kann, wird trotzdem 30 Minuten abgezogen.

Wie schätzen Sie die Situation ein? Gerade was das Arbeiten vor und nach diesen Blockzeiten anbelangt. Kann ein Arbeitgeber verlangen, dass ein Mitarbeiter die ersten 14 Minuten quasi schenkt?

Gerne höre / lese ich von Ihnen.

Freundliche Grüsse, Andrea Aldous

Frage beantwortet am

Kurt Pärli

Expert*in Arbeitsrecht

liebe Frau Aldous

Gerne beantworte ich IHre Frage wie folgt:

Ich verstehe die Aussagen "Blockzeiten" so, dass die Arbeitnehmenden in diesem Betrieb immer fix von 8 bis 17 Uhr arbeiten müssen, es m.a.W. gerade kein Gleitzeitmodell (mit Blockzeiten) gibt. Somit sind Stunden, die ausserhalb dieses Zeitfensters gearbeitet werden, eigentlich Überstunden. Richtig ist, dass Ueberstunden nur entschädigt werden müssen, wenn diese von der Arbeitgeberin angeordnet wurden. Dies kann allerdings auch implizit erfolgen, z.B. wenn noch Arbeit zu erledigen ist und seitens der Arbeitgeberin erwartet wird, dass diese auch erledigt wird. Wenn aber die Überstunden angeordnet werden, müssen sie vollumfänglich entschädigt werden  (siehe die Regelung in Art. 321c OR,  ohne anderslautende Regelung gilt "Kompensation der Überstunden" oder "Entschädigungm mit einem Zuschlag von 25%).

Die Regelung, dass erst ab 15 Minuten Mehrarbeit überhaupt Arbeitszeit angerechnet wird, ist m.E. äusserst problematisch und rechtlich nur haltbar, wenn wie erwähnt von Überstunden ausgegangen wird (und diese werdent entschädigt, wenn sie angeordnet werden). M.E. müsste eine Regelung, wie sie offensichtlich in fraglichem Betrieb gilt, den Angestellten offensiv kommuniziert werde, d.h. es müsste den Leuten klar sein, dass ab 17 Uhr (oder vor 8 Uhr) ohne Bewilligung des Vorgesetztes nicht gearbeitet werden darf. Klar ist, sobald die Arbeitgeberin verlangt, dass die leute vor 8 oder nach 17 Uhr noch arbeiten müssen, ist jede Minute dieser Zeit zu entschädigungen (oder kompensieren).

Zur Pausenfrage: Es ist richtig, dass gemäss Arbeitsgesetz Pausen obligatorisch sind. Wenn jedoch die Pause aus betrieblichen Gründen nicht bezogen werden kann, muss diese Zeit selbstverständlich als Arbeitszeit angerechnet werden und dies vollständig. Beachten Sie in diesem Zusammenhang das Dokument (SECO-Weisung zur Pausenregelung im Arbeitsgesetz), Sie finden es hier: https://www.seco.admin.ch/seco/de/home/Arbeit/Arbeitsbedingungen/Arbeitsgesetz-und-Verordnungen/Wegleitungen/wegleitung-zum-arg.html

Gehen Sie zu Art. 15).

 

Genügen Ihnen diese Auskünfte? Mit Dank für die Kenntnisnahme und besten Grüssen

Kurt Pärli