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Anspruchsklärung Sozialhilfe

Veröffentlicht:
29.01.2024
Kanton:
Luzern
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialhilferecht

Guten Tag

Im Rahmen der Sozialberatung habe ich einen KL in der Anmeldung für WSH unterstützt.  Per 11.10.2023 hat er alle nötigen Unterlagen bei der zuständigen Gemeinde im Kt. Luzern eingereicht. Ab diesem Datum hätte er gemäss Auskunft einer Mitarbeiterin der Sozialen Dienste Anspruch auf Sozialhilfe gehabt. Nun wurde jedoch der Anspruch für den Monat Oktober von den Sozialen Diensten bei einer genaueren Prüfung wieder verneint.

Die Begründung lautete: Aus den Kontoauszügen vom Oktober ist eine Einnahme von swisslos. Der Gewinn beträgt: CHF 1'888.60 und ist am 20.09.23 eingegangen. Gemäss dem Kontoauszug weist der Kontostand - trotz dieser Einnahme - per 30.09.23 ein Betrag von CHF 925.- auf.

Laut dem Sozialamt sei der Anspruch auf WSH für den Oktober 2023 nicht gegeben, weil das Sozialamt für die Ermittlung des Anspruches primär die Einnahmen heranziehen würde. Der KL habe eine Eintrittsschwelle von CHF 1'077.05 (Betrag, welchen er durchschnittlich zum Leben benötige), weshalb die Einnahmen ausreichend seien für den Lebensunterhalt im Monat Oktober. Der KL äusserte ausserdem, dass der Gewinn nicht ausschliesslich ihm gehört habe, sondern er diesen mit mehreren Personen geteilt habe. Er hat dafür keine Belege.

Wir haben die Situation auch im Team diskutiert und waren uns nicht sicher, ob dieses Vorgehen rechtens ist. Der Kontostand per 30.09. sollte doch ausschlaggebend sein.

 Danke im Voraus für eine Rückmeldung.

Frage beantwortet am

Anja Loosli

Expert*in Sozialhilferecht

Wer seinen Lebensbedarf und den seiner Familienangehörigen im Sinn des eidgenössischen Zuständigkeitsgesetzes nicht rechtzeitig oder nicht hinreichend mit eigenen Mitteln, durch Arbeit oder mit Leistungen Dritter bestreiten kann, hat Anspruch auf wirtschaftliche Sozialhilfe (§ 27 SHG LU, SKOS-RL C.2). Dabei gilt das Bedarfdeckungsprinzip. Es ist eine aktuelle und zukünftige nicht aber eine vergangene Notlage zu beheben (SKOS-RL A.3).

Bei der Berechnung, ob jemand bedürftig ist, ist deshalb der aktuelle Bedarf den aktuellen Einnahmen gegenüberzustellen. Die Einnahmen wie Lohn sind im Zeitpunkt des Zuflusses voll anzurechnen (Sozialhilfehandbuch Luzern D.1). Lohneinnahmen, die Ende Monat ausbezahlt werden (Art. 323 OR), dienen grundsätzlich dem Lebensunterhalt für den Folgemonat. Die Sozialhilfe rechnet deshalb grundsätzlich einen Ende Monat ausbezahlten Lohn im Folgemonat als Einnahme an. Dies führt dazu, dass z.B. Lohn, der Ende September ausbezahlt worden ist, im Oktober angerechnet werden darf, auch wenn die antragstellende Person den Lohn z.B. zur Schuldentilgung ausgegeben hat, bevor sie einen Antrag auf Unterstützung gestellt hat (siehe auch ZESO Praxisbeispiel 1/2006).

Dass die Regel betreffend Lohn auch auf andere vormonatliche Einnahmen angewendet werden darf, die von ihrem Zweck her zwar allenfalls für den Lebensunterhalt nicht aber für den Lebensunterhalt im Folgemonat gedacht sind, muss dagegen eher verneint werden. So hat das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich in seinem Entscheid vom 16.6.2022 festgehalten, dass Zuflüsse vor Beginn der Unterstützung Vermögen darstellen, jene während der Unterstützung Einnahmen (VB.2022.00090). Daraus kann geschlossen werden, dass alle Einnahmen – ausgenommen von Lohneinnahmen – im Monat anzurechnen sind, in dem sie zugeflossen sind.

Vorliegend ist am 20.9.2023 nicht Lohn sondern ein Swisslos-Gewinn zugeflossen. Da es sich dabei nicht um im Folgemonat anzurechnenden Lohn handelt, ist dieser – stützt man sich auf die oben ausgeführten Grundsätze – im September 2023 und nicht im Oktober 2023 als Einnahme anzurechnen. Damit wäre der Klient im Monat Oktober 2023 bedürftig gewesen, da sein Kontostand von Fr. 925.-- Ende September/anfangs Oktober 2023 unter dem Vermögensfreibetrag von Fr. 4'000.-- (Sozialhilfehandbuch Luzern D.3.1) liegt. Etwas anderes würde wohl nur dann gelten, wenn der Klient rechtsmissbräuchlich gehandelt hätte. Davon ist aber nicht auszugehen, denn Rechtsmissbrauch liegt nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung nur vor, wenn eine Person ihre Lage absichtlich zum Zweck des Sozialhilfebezugs verursacht hat (BGE 134 I 65).

Es macht meiner Ansicht nach vorliegend deshalb Sinn, wenn der Klient bzw. allenfalls Sie in seinem Namen sich gegen die Anrechnung des Swisslos-Gewinns im Oktober 2023 wehren. Unklar ist für mich allerdings, wann der ablehnende Entscheid ergangen ist. Allenfalls ist die Rechtsmittelfrist abgelaufen. Hat die Sozialhilfe noch keine Verfügung erlassen, kann der Klient bzw. Sie in seinem Namen und mit entsprechender Vollmacht eine Verfügung verlangen.