Guten Tag
Frage betr. Anspruch, resp. Berechnung der Ergänzungsleistungen, insbesondere betr. Berücksichtigung des Wohneigentums. Muss dieses veräussert werden, wenn ja zu welchem Zeitpunkt? Erst nach Ausbildungsabschluss der Kinder oder früher? Wie weiter wenn die andere Hälfte das Haus nicht alleine tragen kann?
Sachverhalt:
Eine Person im IV-Alter leidet an einer progredienten Erkrankung, ist 24 Std. invasiv beatmet und benötigt eine entsprechende betreute Wohnsituation, Heimplatz per Ende August vorhanden.
Sie ist geschieden, hat zwei Kinder in Ausbildung die noch zu Hause wohnen. Das Haus gehört zur Hälfte ihr und der von ihr geschiedenen Person.
IV-Anspruch gegeben, Entscheid ausstehend (Wartejahr). Erhält bereits eine schwere Hilflosenentschädigung. Ungenügende Eigenmittel (auch mit Rente) für Heimfinanzierung.
Vielen Dank für Ihre Rückmeldung.
Freundliche Grüsse
Frage beantwortet am
Daniel Schilliger
Expert*in Sozialversicherungsrecht
Guten Tag
Der Fall ist komplex. Die Frage, ob und wann das Haus veräussert werden kann oder muss, kann ich nicht beantworten. Man müsste die ganze Familiensituation genauer kennen. Vielleicht ist auch eine Vermietung oder ein Verkauf an die Kinder usw. möglich.
Ich konzentriere mich hier auf die Grundsätze rund um die Anrechnung des Wohneigentums.
In der EL wird das Wohneigentum privilegiert eingerechnet, solange der EL-Bezüger oder der Ehegatte darin wohnt. Privilegiert meint, dass unter anderem ein zusätzlicher Freibetrag vom Vermögen abgezogen wird und das Grundeigentum nur zum Steuerwert und nicht zum (deutlich höheren) Verkehrswert angerechnet wird.
Neu wurde eine Vermögensschwelle eingeführt. Wer ein Vermögen über dieser Schwelle hat, hat keinen EL-Anspruch. Diese Schwelle beträgt bei alleinstehenden Personen 100 000 Franken; bei Ehepaaren 200 000 Franken und bei rentenberechtigten Waisen und bei Kindern, die einen Anspruch auf eine Kinderrente der AHV oder IV begründen (zusätzlich pro Kind) 50 000 Franken. Ein weiteres Privileg bei selbstbewohnten Liegenschaften besteht darin, dass das Wohneigentum – wenn selbstbewohnt – für die Vermögensschwelle nicht berücksichtigt wird (Art. 9a ELG).
Sobald die EL-Bezügerin Heimbewohnerin wird (und kein Ehegatte im Wohneigentum bleibt) fallen diese Privilegien weg. Das Grundeigentum ist dann ein Vermögen wie ein anderer Vermögenswert auch. Es wird zum Verkehrswert abzüglich der Hypothek eingesetzt und bei der Vermögensschwelle berücksichtigt. Bei den heutigen Immobilienpreisen führt das in vielen Fällen wohl dazu, dass der Wert des Vermögens gesamthaft die Vermögensschwelle überschreitet und somit kein EL-Anspruch besteht.
Wenn bei einem Heimbewohner die Liegenschaft verkauft wird, ändert bezüglich der Vermögensanrechnung also eigentlich noch nichts. Aber das Vermögen ist nun flüssig und kann verbraucht werden, um dem Heimaufenthalt zu finanzieren. Sobald das Vermögen unter die Vermögensschwelle fällt, ist ein EL-Bezug möglich.
Beim Vermögensverbrauch ist darauf zu achten, dass einerseits das Haus zum Verkehrswert verkauft wird, ansonsten wird ein Verzichtsvermögen angerechnet. Zudem sind die Vermögensverminderungen danach gut zu belegen, da bei unbelegten Vermögensrückgängen die Gefahr besteht, dass ab einer gewissen Höhe ebenfalls als Vermögensverzicht angerechnet wird.
Freundlicher Gruss
Daniel Schilliger
Sehr geehrter Herr Schilliger
Vielen Dank für Ihre Rückmeldung.
Zur Familiensituation, wie erwähnt sind die beiden Kinder in Ausbildung, eines in der ersten, eines in der zweiten. Finanzielle Mittel sind bei ihnen nicht vorhanden. Werden von beiden Elternteilen unterstützt. Der gesunde Elternteil ist finanziell nicht in der Lage das Haus alleine zu halten.
Helfen diese Infos für eine spezifische Beurteilung der Situation?
Für Ihre Unterstützung bedanke ich mich bestens.
Freundliche Grüsse
Frage beantwortet am
Daniel Schilliger
Expert*in Sozialversicherungsrecht
Guten Tag Frau Ruf
Entscheidend ist eine Auslegeordnung unter Berücksichtigung der Finanzen und der Zukunftsplanung. Ein paar Fragen für die Beratung dazu:
Wann werden die Kinder ausziehen (sind ja beide bereits in Ausbildung)? Möchte der gesunde Elternteil dann noch im Haus wohnen (obwohl alleine)? Haben die Kinder ein Interesse am Haus?
Welches Potential hat die Person im Haus in erwerblicher Hinsicht? Kann sie das Pensum so aufstocken, dass sie langfristig das Haus (alleine) tragen kann?
Was kann die kranke Person vom BVG erwarten (Höhe der Invalidenrente)? Ist die EL nötig? Oder könnten Renten zusammen mit Mieteinnahmen reichen, um das Heim zu finanzieren, so dass das Haus nur vermietet, nicht verkauft werden müsste?
Welche Lebenserwartung hat die kranke Person? Geht es nur darum zu überbrücken, weil sie in Kürze stirbt und die Kinder dann sowieso das Haus erben? Könnte - bei einer Überbrückung bis zum nahen Tod - das Heim mit Unterstützung von Erbvorbezügen, Darlehen etc. finanziert werden? Würden die Witwen-/Witwer- und Waisenrenten reichen um das Haus zu finanzieren (Tragbarkeit)?
Es lohnt sich für die finanziellen Fragen evtl. eine Bank, Finanzplanung oder das Vermögenszentrum beizuziehen.
Wenn sich zeigt, dass langfristig die Tragbarkeit für die Familienmitglieder nicht gegeben ist und zudem die Renten (mit BVG-Rente) nicht reichen werden für die Heimfinanzierung , lohnt es mit dem Hausverkauf vorwärts zu machen, damit baldmöglichst die EL unterstützen kann.
freundlicher Gruss
Daniel Schilliger