Folgende Grundlage ist gegeben:
Arbeitsstellen und Rentenansprüche
01.07.2013 – 28.02.2015 Anstellung Arbeitgeber A, Pensum 80 %
01.08.2015 – 31.10.2016 IV-Rente ganze Rente bei IV-Grad 100 %
01.11.2016 – 30.06.2019 Anstellung Arbeitgeber B, Pensum 80 %
01.07.2019 – 31.05.2020 keine Anstellung und auch keine Rente
ab 01.06.2020 IV-Rente, ganze Rente bei IV-Grad 100 %
Die PPKs der beiden letzten Arbeitgeber lehnen beide ihre Leistungspflicht ab.
PK von Arbeitgeber A sagt, dass sie nicht zuständig sei, weil sie nicht der letzte Arbeitgeber waren.
PK von Arbeitgeber B stellt sich auf den Standpunkt, dass das gleiche gesundheitliche Problem sowohl zum ersten wie auch zum zweiten IV-Entscheid geführt hatte und deshalb die PK von Arbeitgeber A zuständig sei.
Die PK von Arbeitgeber B hatte bei Stellenantritt weder eine Gesundheitserklärung verlangt wurde wurde ein Gesundheitsvorbehalt angebracht.
Frage: Welche PK ist für die Rentenzahlung zuständig und warum?
Frage beantwortet am
Daniel Schilliger
Expert*in Sozialversicherungsrecht
Guten Tag
Gemäss Art. 23 BVG haben Personen Anspruch auf Invalidenleistungen, die im Sinne der IV zu mindestens 40% invalid sind und bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit, deren Ursache zur Invalidität geführt hat, versichert waren.
Mit diesem Artikel wird also bestimmt, welche Pensionskasse für die Ausrichtung einer IV-Rente zuständig ist.
Massgebend ist der Beginn der Arbeitsunfähigkeit. Das Bundesgericht definiert die hier relevante Arbeitsunfähigkeit als eine Einbusse an funktionellem Leistungsvermögen im bisherigen Beruf oder Aufgabenbereich (Urteil 9C_108/2013 E. 4.2). Es geht also nicht um den Zeitpunkt der Diagnosestellung oder den Beginn der Erkrankung, sondern um die Frage, ab wann sich die Krankheit auf die Arbeitsleistung ausgewirkt hat bzw. die Arbeitsunfähigkeit oder Leistungseinbusse arbeitsrechtlich in Erscheinung getreten ist. Massgebend ist eine Einbusse an funktionellem Leistungsvermögen in der Höhe von mindestens 20% (zeitlich oder leistungsmässige Einschränkung). Der Arbeitgeber muss den Leistungsabfall festgestellt haben (Urteil 9C_876/2011, E. 4.2.2).
Schliesslich ist gemäss Art. 23 BVG erforderlich, dass zwischen der Arbeitsunfähigkeit und einer späteren Invalidität ein enger sachlicher und zeitlicher Zusammenhang bestehen muss.
Der sachliche Zusammenhang ist gegeben, wenn der Gesundheitsschaden, wie er der Invalidität zugrunde liegt, im Wesentlichen bereits Ursache der früheren Arbeitsunfähigkeit war, es sich also bei AUF und IV um die gleiche Krankheit handelt.
Der zeitliche Zusammenhang ist gegeben, wenn die versicherte Person nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit, deren Ursache zur Invalidität geführt hat, nicht während längerer Zeit wieder arbeitsfähig war.
Die IV legt indirekt mit dem Rentenbeginn auch fest, wann die AUF begann. Daran wären die PK’s gebunden (Bindungswirkung des IV-Entscheides). In der Praxis greift diese Bindungswirkung aber oft nicht, da die PK’s vielleicht nicht informiert waren über den IV-Entscheid oder eine verspätete IV-Anmeldung vorliegt usw. Man kommt also meist nicht darum herum die Zuständigkeit genauer abzuklären. Leider sind diese Fragen oft recht komplex, da sie wesentlich von den Beweismitteln abhängig sind.
Konkret stellen sich bei Ihrer Klientin folgende Fragen:
- Welche Krankheit (bzw. Unfall) ist der Grund für die heutige Invalidität?
- Wann wirkte sich diese erstmals auf das Arbeitsverhältnis so aus, dass eine Leistungseinbusse von 20% oder mehr registriert wurde. Dazu kann in der Regel auf die AUF-Zeugnisse abgestellt werden (sachlicher Zusammenhang).
- Bei welcher PK war die Klientin in jenem Zeitpunkt versichert?
- Wurde diese AUF bis zum Beginn der Invalidität für mehrere Monate unterbrochen (zeitlicher Zusammenhang)? Das wäre dann der Fall, wenn die Klientin beispielsweise für mehrere Monate wieder 100% gearbeitet hätte. Wenn kein längerer Unterbruch der AUF besteht, ist die PK zuständig, bei der diese AUF erstmals eingetreten ist. Wenn ein längerer Unterbruch der AUF besteht (eine Person also für mehrere Monate voll arbeitsfähig war), ist die PK zuständig, bei der die AUF später erneut eintrat. Fällt der Beginn der relevanten Arbeitsunfähigkeit in einen Zeitraum, wo keine BVG-Versicherung besteht, wird auch keine PK eine Rente ausrichten müssen.
Ich rate zu folgendem Vorgehen:
- Versuchen Sie obigen Fragen zu klären und mit einem einfachen Schreiben den PK’s zu erläutern.
- Machen Sie zudem gegenüber der letzten PK die Vorleistungspflicht geltend (Art. 26 Abs. 4 BVG).
- Beachten Sie die Verjährung. Die einzelnen Monatsrenten verjähren nach 5 Jahren. Die PK-rente für Juni 2020 verjährt also Juni 2025, diejenige für Juli 2020 verjährt Juli 2025 usw. Man kann die PK’s mit einem einfachen Schreiben darum bitten, auf die Verjährung zu verzichten. Das lohnt sich dann, wenn die Verjährung naht.
- Holen Sie rechtliche Unterstützung, wenn Sie nicht weiterkommen.
Ich hoffe das hilft. Sie können aber auch wieder nachfragen, wenn Sie konkreteres noch anschauen möchten.
Freundlicher Gruss
Daniel Schilliger