Zum Inhalt oder zum Footer

Anrufe von Vorgesetzten während 100% Arbeitsunfähigkeit

Veröffentlicht:
19.02.2021
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Arbeitsrecht

Sehr geehrter Herr Pärli

Sehr geehrter Herr Petrik

 

Klientin ist zu 100% Arbeitsunfähig geschrieben. Die Klientin hat das Arbeiszeugnis korrekt eingegeben und die Arbeitsunfähigkeit dauert noch sicher weitere drei Wochen. Der Vorgesetzte und noch eine Stelle höher telefonieren alle paar Tage und reden auch auf die Combox. Dies obwohl die Klientin die Vorgesetzen schriftlich (Whatsapp) und höflich gebeten hat, dass sie im moment keine Gespräche führen kann.

Der Arbeitgeber ist die Schweizerische Post AG, Briefzustellung, Festanstellung.

Der zusätzliche Druck ist für die Krankheit (Depression, PTBS, usw.) nicht gerade hilfreich.

Wie und wo soll dies kommuniziert werden?

Herzlichen Dank für die Rückmeldung

Patrick Stadelmann 

Frage beantwortet am

Kurt Pärli

Expert*in Arbeitsrecht

Sehr geehrter Herr Stadelmann

Gerne beantworte ich Ihre Frage folgt: Ihr Klient ist aus gesundheitlichen Gründen krank geschrieben. Er ist deshalb von der Arbeitspflicht befreit. Gestütz auf die Fürsorgepflicht (Art. 328 OR) ist die Arbeitgeberin gehalten, die Gesundheit und Persönlich des Arbeitnehmers zu achten und zu schützen. Die Treuepflicht des Arbeitnehmer demgegenüber verpflichtet diesen, auch während einer Krankschreibung für kurze Auskünfte, die aus betrieblichen Gründen zwingend erforderlich sind, zur Verfügung zu stehen. Dies gilt allerdings nur solange und soweit durch diese "Belastungen" der Genesungsprozess nicht beeinträchtigt wird. Es liegt insbesondere auch im Interesse der Arbeitgeberin, dass Arbeitnehmende sich während der Zeit der Krankschreibung erholen können und nicht durch unangemessene Interventionen der Arbeitgeberin "zurückgeworfen" werden. Das Interesse der Arbeitgeberin am Zustand des Arbeitnehmers ist aber durch legitim, es ist sogar Ausdruck der Fürsorgepflicht, auch nach dem Befinden zu fragen und auch die Rückkehr an den Arbeitsplatz zu planen. Allerdings muss dies alles zum richtigen Zeitpunkt erfolgen.

Sollten die Äusserungen des Arbeitnehmers, er möchte zurzeit keine Kontakte mit der Arbeitgeberin, weiterhin ungehört bleiben, wäre allenfalls eine Intervention des Artzes oder der Ärztin bei der Arbeitgeber oder beim Betriebsartz des Arbeitgebers zielführend.

Genügen IHnen diese Auskünfte? Mit Dank für die Kenntnisnahme und freundlichen Grüssen

Kurt Pärli