Sehr geehrte Damen und Herren
Wir haben einen Fall indem wir gem. Kostenübernahmegarantie als Wohnsitzkanton (Kanton Solothurn) für die Platzierungskosten eines Minderjährigen aufkommen.
Da der Klient zum Zeitpunkt der Errichtung dieser Platzierung in einem anderen Kanton wohnhaft war, gehen die Nebenkosten weiterhin zu Lasten des vorherigen Wohnkantons (Kanton Aargau).
Der Kanton Aargau bezieht die IV-Kinderrente als auch die Ergänzungsleistungen und bezahlt mit diesen die Nebenkosten, welche geringer ausfallen als die Einnahmen durch IV-Kinderrenten und EL.
In welchem Budget müssen die vorrangigen Leistungen eingerechnet werden, beziehungsweise wer hat Anspruch auf die vorrangigen Leistungen
- Kanton Solothurn, Kanton Aargau oder anteilig (Kanton Aargau bezahlt Nebenkosten und leitet dem Kanton Solothurn den Überschuss aus den Einnahmen weiter)?
Besten Dank für Ihre Rückmeldung.
Freundliche Grüsse
Frage beantwortet am
Ruth Schnyder
Expert*in Sozialhilferecht
Guten Abend
Gerne beantworte ich Ihre Anfrage. Zunächst habe ich folgende Fragen zur vorgängigen Klärung an Sie:
- Gehe ich richtig in der Annahme, dass die Finanzierung der Platzierung des minderjährigen Kindes nach IVSE geht? Es sich also auch um ein IVSE-Heim handelt?
- Weshalb hat die Finanzierungszuständigkeit für die Platzierungskosten nach Solothurn gewechsel? Etwa, weil der zivilrechtliche Wohnsitz des Kindes durch Wegzug der Eltern (oder des relevanten Elternteils) vom Kanton Aargau nach Kanton Solothurn gewechselt hat? Können Sie mir noch den Zeitpunkt angeben?
- Von welchem Elternteil leitet sich der Kinderrentenanspruch ab? Ist das der andere Elternteil als jener, der etwa in den Kanton Solothurn umgezogen ist und von dem das Kind den zivilrechtlichen Wohnsitz ableitet?
- Finanziert die EL keine Heimkosten für das Kind? Falls nein, wissen Sie weshalb?
Besten Dank für Ihre Antworten.
Freundliche Grüsse
Ruth Schnyder
Guten Tag Frau Schnyder
Die Antworten haben wir kursiv nach der Fragestellung verfasst.
-Gehe ich richtig in der Annahme, dass die Finanzierung der Platzierung des minderjährigen Kindes nach IVSE geht? Es sich also auch um ein IVSE-Heim handelt?
Die Finanzierung geht nach IVSE, da die Institution IVSE anerkannt ist.
- Weshalb hat die Finanzierungszuständigkeit für die Platzierungskosten nach Solothurn gewechsel? Etwa, weil der zivilrechtliche Wohnsitz des Kindes durch Wegzug der Eltern (oder des relevanten Elternteils) vom Kanton Aargau nach Kanton Solothurn gewechselt hat? Können Sie mir noch den Zeitpunkt angeben?
Der zivilrechtliche Wohnsitz hat per 01.08.2021 nach Solothurn gewechselt, da die Mutter in unser Einzugsgebiet umgezogen ist.
- Von welchem Elternteil leitet sich der Kinderrentenanspruch ab? Ist das der andere Elternteil als jener, der etwa in den Kanton Solothurn umgezogen ist und von dem das Kind den zivilrechtlichen Wohnsitz ableitet?
Der Kinderrentenanspruch leitet sich vom Kindsvater (nicht in unserem Einzugsgebiet wohnhaft) ab.
- Finanziert die EL keine Heimkosten für das Kind? Falls nein, wissen Sie weshalb?
Wir haben bis anhin vom Sozialdienst im Kanton Aargau keine EL Verfügung erhalten, weshalb wir nicht wissen, ob eine entsprechende Neuberechnung der EL bei Heimeintritt bei der zuständigen Ausgleichskasse beantragt wurde.
Vielen Dank.
Freundliche Grüsse
Joëlle Allemann
Frage beantwortet am
Ruth Schnyder
Expert*in Sozialhilferecht
Guten Morgen
Bei der Erarbeitung der Antwort ist noch folgende Frage aufgetaucht: Gehe ich richtig in der Annahme, dass das Heim nicht im Kanton Solothurn liegt? Wenn die IVSE zur Anwendung gelangt, sollte dem so sein.
Sobald mir Ihre Antwort vorliegt, kann ich Ihre Anfrage gesamthaft beantworten.
Besten Dank für Ihre Geduld.
Freundliche Grüsse
Ruth Schnyder
Guten Tag Frau Schnyder
Das Heim liegt ausserhalb des Kantons Solothurn, dieses liegt im Kanton Aargau.
Freundliche Grüsse
Joëlle Allemann
Frage beantwortet am
Ruth Schnyder
Expert*in Sozialhilferecht
Guten Abend
Besten Dank für Ihre Antwort. Demnach handelt es sich um eine ausserkantonale Platzierung, so dass richtigerweise die IVSE zur Anwendung gelangt, und zwar der Bereich A von Art. 2 IVSE. Zur ausserkantonalen Platzierung nach IVSE hält das Sozialhilfehandbuch des Kantons Solothurn unter Ausserkantonale Platzierungen in Kinder- und Jugendheimen fest, dass sich die Kosten der Unterbringung aus einem Subventionsteil (Versorgertaxen und Defizitüberschuss) und einem Beitrag der Unterhaltspflichtigen (BU) zusammen. Nach Art. 22 Abs. 1 IVSE beträgt der BU zwischen Fr. 25 und Fr. 30 pro Tag. Dazu kommen individuelle Nebenkosten (NK) des Kindes wie Hobbies, Kleider, Taschengeld. Im vorliegenden Fall werden BU als auch NK von der Aargauer Sozialhilfe getragen, da die Eltern nicht leistungsfähig sind.
Im vorliegenden Fall erhält das Kind aber abgeleitet vom IV-Rentenanspruch des Vaters eine Kinderrente und dazu Ergänzungsleistungen. Zivilrechtlich werden solche Leistungen vom Bedarf des Kindes abgezogen (Art. 285a Abs. 2 ZGB; BGE 128 III 305 Erw. 4b sog. Grundsatz der Kumulation). Der Bedarf des Kindes besteht aus dem BU und den NK, so dass es konsequent ist, dass die Aargauer Gemeinde, welche die wirtschaftliche Hilfe erbringt, die Kinderrente und EL diesem Bedarf anrechnet. Falls das Kind einen Überschuss aufweist, bin ich grundsätzlich der Meinung, dass dies bei ausserkantonalen Platzierungen nicht den Heimkosten (Versorgertaxe und Defizitüberschuss) angerechnet werden darf, da es sich dabei um Subventionen handelt. Wäre es eine innerkantonale Platzierung würde es sich damit wohl anders verhalten, soweit es sich nicht um eine Sonderschule handelt (siehe dazu Ziff. 2.1 Sozialhilfehandbuch zum Thema Innerkantonale Platzierungen in Kinder- und Jugendheimen). Immerhin kann darauf hingewiesen werden, dass die Heimkosten vom Kanton getragen werden, so jedenfalls das Kapitel zu Ausserkantonale Platzierung a.a.O. Ziff. 2.1., was sich meiner Meinung auf § 110bis Abs. 4 SG abstützen lässt.
Anders dürfte der Fall liegen, wenn die EL tatsächlich die Heimkosten finanzieren würde, indem die Ausgleichskasse die Heimtaxe in die (gesonderte) EL-Berechnung des Kindes aufnehmen würde (siehe zu dieser Thematik die Antwort im Sozialversicherungsforum zu einem fremdplatzierten Kind). In diesem Fall würde meiner Meinung nach die IVSE nur zum Tragen kommen, wenn eine zu den Bundessozialversicherungen ergänzende Unterstützung durch Kantone bzw. Gemeinden notwendig würde. Ich rate Ihnen daher, die Unterlagen zur Berechnung des EL-Anspruchs einzuholen und ggf. die Neuberechnung des Anspruchs unter Einbezug der Heimtaxe zu beantragen. Falls die EL zur Recht die Heimtaxe nicht finanziert, dafür aber eine Berechnung vornimmt, die die Heimkosten (indirekt) zumindest teilweise decken soll (siehe dazu meine Antwort im Sozialhilfeforum zum gleichen Fremdplatzierungsfall), rechtfertigt es sich ebenfalls, dass dieser Teil der EL an die Heimkosten angerechnet wird und der Kanton erst nachrangig die ungedeckten Heimkosten via IVSE finanziert.
Ich hoffe, Ihnen damit Ihre Frage beantwortet zu haben.
Freundliche Grüsse
Ruth Schnyder