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Anrechnung Wohnkosten Haushaltsentschädigung

Veröffentlicht:
19.06.2017
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialhilferecht

Sehr geehrte Damen und Herren
Aktuell habe ich eine Neuanmeldung (Kt. St. Gallen) vorliegen, welche ich zu beurteilen habe. Der Haushalt besteht aus einer Mutter (nachfolgend: Gesuchstellerin) und ihrem wirtschaftlich selbständig und volljährigen Sohn. Nun stellt sich bei mir die Frage, welchen Ansatz in der Unterstützungsberechnung der Gesuchstellerin sowie im erweiterten SKOS-Budget des Sohnes genommen werden. In unserer Gemeinde liegt der Mietzins für einen 2-Personenhaushalt bei Fr. 1000.00. Die Wohnkosten der beiden Personen liegen bei Fr. 1'600.00. Für mich ist die Praxishilfe in den KOS-Richtlinien H.10 bezüglich Anrechnung von Wohnkosten für die Bedürftigkeitsrechnung nicht ganz nachvollziehbar. Meiner Meinung nach ist der Gesuchstellerin nur die Fr. 500.00 zu belassen (da sie u.a. bereits schon mal SOHI-Unterstützung bezogen hat), beim Sohn bin ich mir unsicher, ob ebenfalls die Fr. 500.00 anzurechnen sind oder die Hälfte der effektiv überhöhten Wohnkosten. Leitgedanke war für mich der Entscheid des Verwaltungsgericht Kanton Zürich, VB.2011.0331 vom 18.08.2011. Im Entscheid wird sogar erläutert, dass bei der Berechnung einer Haushaltsentschädigung zwischen nicht gefestigten Konkubinatspartner und Sohn/Tochter bzw. Geschwisterverhältnisse unterschieden werden kann.
Für die rechtliche Auskunft danke ich Ihnen.

Frage beantwortet am

Ruth Schnyder

Expert*in Sozialhilferecht

Sehr geehrter Herr Walser
Gerne beantworte ich Ihre Anfrage. Diese beschlägt zwei Fragen: Einerseits die Anrechnung der Wohnkosten bei der gesuchstellenden Person, die Ihren Ausführungen zufolge bereits zu einem früheren Zeitpunkt Unterstützungsleistungen bezogen hatte. Andererseits interessiert Sie, wie gestützt auf die Praxishilfen der SKOS-RL die Wohnkosten im Rahmen der Berechnung der Haushaltsentschädigung beim Sohn zu veranschlagen sind.
In den Praxishilfen SKOS-RL vom April 2005 (Stand 1.2017) H.10 zu Kapitel F.5, welche nach den KOS-Hilfen (Stand 1.2017) wegleitend für die Gemeinden des Kantons St. Gallen sein können, wird Folgendes festgehalten:
Wohnkosten
Es wird derjenige Mietzinsanteil angerechnet, welcher nicht im Budget der unterstützten Person berücksichtigt wird (vgl. Kapitel B.3 und F.5). Bei einem stabilen Konkubinat wird eine überhöhte Miete nur so lange angerechnet, bis eine zumutbare günstigere Wohnung zur Verfügung steht (vgl. Kapitel B.3).
Diese Praxishilfe kann dahin gehend verstanden werden, dass nur bei stabilen Konkubinaten der kommunale Grenzwert für den nicht unterstützten Partner eine massgebende Wirkung hat. In allen übrigen familienähnlichen Lebensgemeinschaften, bei denen eine Haushaltsentschädigung angezeigt ist, findet der kommunale Grenzwert keine Anwendung auf die nicht unterstützte Person. D.h. in diesen Fällen wird der nicht unterstützten Person jener Wohnkostenanteil im erweiterten SKOS-Budget für die Berechnung der Haushaltsentschädigung aufgenommen, welcher nicht im Budget der unterstützten Person angerechnet wird. Mit anderen Worten von den effektiven Wohnkosten werden jene der unterstützten Person abgezogen und der Restbetrag der nicht unterstützten Person im erweiterten SKOS-Budget für die Haushaltsentschädigung eingerechnet. Bei stabilen Konkubinaten würde dies nur für die Dauer angerechnet, bis eine zumutbare günstige Wohnung im Sinne des Kapitels B3 zur Verfügung steht. Anders bei den übrigen familienähnlichen Wohngemeinschaften: Dort wird der Restbetrag der effektiven Wohnkosten zeitlich unbeschränkt eingerechnet.
Dieses Ergebnis deckt sich nicht unbedingt mit den Empfehlungen gemäss Kapitel B.3 zu Wohngemeinschaften:
Wohnkosten für Wohngemeinschaften
Werden innerhalb einer Wohngemeinschaft nicht alle Personen unterstützt, werden in der Regel die für die jeweilige Haushaltsgrösse angemessenen Wohnkosten auf die Personen aufgeteilt.
Die oben erläuterte Empfehlung der Praxishilfe H.10 kann jedoch im Kontext der Haushaltsentschädigung als vorrangige Sonderbestimmung zur allgemeinen nach Kapitel B.3 betrachtet werden.
Demnach ist in dem von Ihnen geschilderten Fall entscheidend, welchen Betrag der gesuchstellenden Mutter als Wohnkosten eingerechnet wird. Sie ziehen in Erwägung, im Budget der Mutter nur den für einen Zweipersonenhaushalt massgebenden Anteil des für Ihre Gemeinde massgebenden Grenzwertes einzurechnen, da sie in der Vergangenheit schon einmal Unterstützungsleistungen der Sozialhilfe bezogen hat.
Gemäss Ihren Aussagen war die Mutter somit ein gewisse Zeit nicht bedürftig. D.h. es handelt sich um ein neues Gesuch um Unterstützung. Für diesen Fall sehen die SKOS-RL Folgendes vor:
Überhöhte Wohnkosten
Überhöhte Wohnkosten sind so lange zu übernehmen, bis eine zumutbare günstigere Lösung zur Verfügung steht. Übliche Kündigungsbedingungen sind in der Regel zu berücksichtigen. Bevor ein Umzug verlangt wird, ist die Situation im Einzelfall zu prüfen. Insbesondere ist zu berücksichtigen: Die Grösse und Zusammensetzung der Familie, allfällige Verwurzelung an einem bestimmten Ort, Alter und Gesundheit der betroffenen Personen sowie der Grad ihrer sozialen Integration. […]
Nach den SKOS-RL wäre der Mutter somit Zeit einzuräumen, eine zumutbare günstigere Lösung zu finden. Solange wäre ihr der die Hälfte der effektiven Wohnkosten im Budget anzurechnen (vorbehältlich einer anderen vertraglichen Aufteilung zwischen Mutter und Sohn). In begründeten Einzelfällen kann in der Praxis von dieser Regel abgewichen werden, so wenn jemand sich von der Sozialhilfe lösen kann, dies jedoch von Beginn weg nur für kurze Dauer (wenige Monate) ist. Wie es sich in Ihrem Fall verhält, legen Sie nicht dar. Eine sofortige Anwendung des Grenzwertes verlangt jedenfalls eine eingehende Begründung dieser Ausnahme.
Ich hoffe, Ihre Frage mit diesen Ausführungen beantwortet zu haben.
Freundliche Grüsse, Ruth Schnyder