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Anrechnung von Sozialhilfeleistungen bei Lohnpfändung

Veröffentlicht:
05.11.2025
Kanton:
Zug
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialhilferecht

Guten Tag

Bei uns stellt sich folgende Situation dar:

Für ein (unverheiratetes) Konkubinatspaar mit Kind wurden bisher 2 Fälle geführt, so dass jeder Elternteil eine andere Ansprechsperson zur Verfügung hatte. Nun konnte sich ein Elternteil (der Kindsvater) von der wirtschaftlichen Sozialhilfe ablösen, da er eine Stelle antreten konnte.

Eigentlich wollte im Fall der Kindsmutter danach ein Konkubinatsbeitrag berechnet werden, es stellte sich aber heraus, dass der Kindsvater mit der Berechnung des betreibunsgrechtlichen Existenzminimums schlecht gestellt war als in der Sozialhilfe. Einerseits werden im BEX die KITA-Kosten für das Kind nicht ganz angerechnet, da gemäss Auskunft vom Betreibungsamt der Kinderzuschlag diese Kosten mitabdecken soll. Zudem rechnet das Betreibungsamt die Sozialhilfe der Kindsmutter als Einnahme für das gemeinsame Existenzminimum an. Zusammen mit den EFB ergibt sich somit beinahe eine Schlechterstellung im BEX von fast CHF 1'000 im Vergleich zum SKOS-Budget.

Für uns ist besonders irritierend, dass die Sozialhilfe der Kindsmutter im BEX des Kindsvaters als Einnahme angerechnet wird, da wir davon ausgegangen sind, dass Sozialhilfe nicht pfändbar (und daraus ableitend in unserem Verständnis auch nicht anrechenbar an das BEX) ist.

Dem Tatsächlichkeitsprinzip entsprechend, fehlt dem Kindsvater aber bereits vor dem Konkubinatsbeitrag das Geld zur Erfüllung des sozialhilferechtlichen Existenzminimus, und wir müssten ihm und dem Kind ebenfalls Sozialhilfe ausbezahlen und er wäre dann aber während einer Lohnpfändung noch sozialhilfebeziehend. Schulden werden aber in der Soziahilfe grundsätzlich nicht übernommen (vgl. § 20 Abs. 5 SHG).

Vielen Dank für Ihre Rückmeldung.

Frage beantwortet am

Anja Loosli Brendebach

Expert*in Sozialhilferecht

Guten Tag

Ich bedanke mich für Ihre Nachricht. Sie stellen keine konkrete Frage. Ich kann deshalb nur allgemeine Ausführungen zum Thema Konkubinatsbeitrag im Kanton Zug machen.

Nach § 9 Abs. 1 der Sozialhilfeverordnung des Kantons Zug (SHV ZG) richtet sich die Ausgestaltung und das Ausmass der Unterstützung im Kanton ZUG nach den Richtlinien der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (SKOS-Richtlinien). Nach SKOS-RL D.4.4 werden in einem stabilen Konkubinat (Zusammenleben von Partnern seit mindestens zweit Jahren oder mit gemeinsamen Kindern) Einkommen und Vermögen einer nicht unterstützten Person angemessen berücksichtigt, um den Sozialhilfeanspruch der Partnerin oder des Partners sowie der gemeinsamen Kinder zu bestimmen und in Form eines Konkubinatsbeitrags berücksichtigt. Der Konkubinatsbeitrag ist nach SKOS-RL D.4.4 Erläuterungen lit. c anhand des erweiterten SKOS-Budgets zu berechnen. Im erweiterten SKOS-Budget werden neben den allgemeinen Positionen Grundbedarf, Wohnkosten, medizinische Grundversorgung, situationsbedingte Leistungen, Einkommensfreibeträge und Integrationszulagen auch Unterhaltszahlungen für Personen, die nicht im gleichen Haushalt wohnen, Steuern, Schuldentilgung, Pfändung und Einzahlungen in die Säule 3a (bei Selbständigerwerbenden) berücksichtigt. Allerdings ist die Schuldentilgung bei gemeinsamen Kindern nicht als erweiterter Budgetposten zu berücksichtigen, da Konkubinatspaare betreibungsrechtlich wie eine Familie behandelt werden und der Familienunterhalt der Schuldentilgung vorgehen. Bei gemeinsamen Kindern, die im selben Haushalt leben, ist der Bedarf des nicht unterstützten Partners zudem ohne Erweiterung zu berechnen d.h. ohne Berücksichtigung der Unterhaltszahlungen für Personen, die nicht im gleichen Haushalt wohnen, der Steuern, der Schuldentilgung, der Pfändung und der Einzahlung in die Säule 3a. In einem ersten Schritt wird der Bedarf der pflichtigen Person und der gemeinsamen im selben Haushalt lebenden Kindern dem Einkommen gegenübergestellt. Kann dieser nicht gedeckt werden, kommen die Kinder in die Unterstützungseinheit des bedürftigen Elternteils und der nicht erweiterte Bedarf des nicht bedürftigen Partners wird dem Einkommen gegenübergestellt. Ergibt sich ein Einkommensüberschuss bei der Gegenüberstellung des Bedarfs und des Einkommens, wird dieser als Einnahme des bedürftigen Partners angerechnet.

Bei der von Ihnen geschilderten Fallkonstellation handelt es sich um ein Konkubinat mit einem gemeinsamen, im selben Haushalt lebenden Kind. Damit ist in einem ersten Schritt zu berechnen, ob der abgelöste Konkubinatspartner seinen und des Kindes Bedarf (hier 2 Personen in einem 3 Personenhaushalt) mit seinem Einkommen finanzieren kann. Dabei ist nicht der erweiterte Bedarf sondern nur der allgemeine Bedarf zu berücksichtigen. Kann der Vater seinen Bedarf und den des Kindes mit seinem Einkommen decken, so wird nur die Mutter finanziell von der Sozialhilfe unterstützt. Ihr wird dabei die Differenz zwischen Bedarf und Einkommen des Konkubinatspartners und des Kindes als Konkubinatsbeitrag bzw. als Einnahme angerechnet. Resultiert kein Überschuss, ist kein Konkubinatsbeitrag anzurechnen. Kann der Partner den allgemeinen Bedarf von sich und dem Kind nicht finanzieren, so kommt das Kind in die Unterstützungseinheit mit der Mutter. Der allgemeine Bedarf des Vaters wird nun nochmals für ihn alleine berechnet (hier 1 Person in einem 3 Personenhaushalt) und dann der so berechnete Überschuss als Konkubinatsbeitrag der Partnerin angerechnet. Kann der Vater mit seinem Einkommen den allgemeinen Bedarf weder von sich und dem Kind noch von sich alleine decken, ist er ebenfalls bedürftig und ergänzend zu seinem Einkommen von der Sozialhilfe zu unterstützen.

Das betreibungsrechtliche Existenzminimum spielt in dieser Berechnung keine Rolle. Es wird aber dann relevant, wenn der Lohn des Konkubinatspartners betreibungsrechtlich gepfändet wird. In diesem Fall verfügt der Konkubinatspartner im Umfang der Lohnpfändung nicht über den Lohn. Zwar ist beim erweiterten SKOS-Budget festgehalten, dass bei gemeinsamen, im selben Haushalt wohnenden Kindern eine allfällige Lohnpfändung auf der Bedarfsseite als erweiterte Position nicht zu berücksichtigen ist. Diese Lösung wird meiner Ansicht nach aber dem Prinzip der SKOS nicht gerecht, dass grundsätzlich nur alle tatsächlich zufliessenden Einnahmen anzurechnen sind (SKOS-RL D.1 Erläuterungen lit. a). Meiner Ansicht nach kann deshalb – wenn auch nicht auf der Bedarfsseite – so doch auf der Einnahmeseite nur der um die Pfändung verminderte Lohn als Einkommen des Konkubinatspartners angerechnet werden. Dies würde bedeuten, dass er aufgrund einer Lohnpfändung allenfalls vorübergehend keinen Konkubinatsbeitrag bezahlen kann oder gar bedürftig wird.

Da die Sozialhilfe aber das unterste Auffangnetz ist, müsste der Konkubinatspartner in diesem Fall verpflichtet werden, beim Betreibungsamt eine Neuberechnung zu erwirken, denn es kann und soll grundsätzlich nicht sein, dass jemand aufgrund einer Lohnpfändung bedürftig wird.

Ich hoffe, Ihnen mit diesen Ausführungen helfen zu können.

Freundliche Grüsse